Rheinpfalz „Neue Alte sind selbstbewusst“

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Mannheim. Jeder fünfte Einwohner in Mannheim ist über 65 Jahre alt. Doch wie leben ältere Menschen in Mannheim? Wo leben sie dort? Sind sie von Armut betroffen oder nicht? Wie sieht es mit dem Pflegeangebot aus? Antworten auf diese und ähnliche Fragen gibt der „Bericht zur Lebenslage älterer Menschen in Mannheim 2015“, der nun veröffentlicht worden ist.

Er ist eine Art Bestandsaufnahme, die die Stadt unter anderem als Grundlage für weitere Planungen bezüglich eines seniorengerechten Mannheims nutzen möchte. Auch die Quadrate-stadt bleibe nicht vom demografischen Wandel verschont, so der Tenor von Simone Beckers Erklärungen, die beim Fachbereich Arbeit und Soziales arbeitet und maßgeblich an dem fast 90 Seiten umfassenden Werk beteiligt war. Die Prognose für Mannheim für das Jahr 2033: ein Rückgang der Unter-25-Jährigen und ein deutlicher Zuwachs der über 60-Jährigen. Die Gruppe der Personen ab 65 Jahren wird voraussichtlich in den nächsten Jahren überproportional wachsen, heißt es zudem im Bericht. Dabei ist allerdings nicht die aktuelle, atypische Zuwanderung von Menschen aus Südosteuropa berücksichtigt, die dennoch – so schätzt der Chef des Fachbereichs, Hermann Genz – eine Auswirkung haben wird. Von den rund 9000 Zuwanderern, vornehmlich aus Bulgarien und Rumänien, sind die meisten im jungen und mittleren Erwachsenenalter. Auch der Flüchtlingsstrom bleibt in der Prognose unberücksichtigt. „Da wissen wir noch nicht, wie sich das entwickeln wird, wer in Mannheim bleibt, wer geht oder wer wieder zurückkommt“, sagt Genz. Ein Blick in den Bericht verrät, wo viele der älteren Menschen in Mannheim leben. Der Stadtteil Vogelstang steht dabei auf Platz eins, wenn es um einen hohen Altersdurchschnitt geht. Dort liegt er bei 47,6 Jahren. Niederfeld (47,1), Feudenheim (46,9) und Gartenstadt (46,0) reihen sich mit ein. Im Vergleich dazu sind die Einwohner des Stadtteils Hochstätt im Durchschnitt um einiges jünger. Das Mittel liegt dort bei 34,1 Jahren, gefolgt von Luzenberg mit einem Durchschnitt von 36,1 Jahren und der Neckarstadt-West, wo die Menschen im Schnitt 37,5 Jahre alt sind. Es gibt also deutliche stadtteilbezogene Unterschiede in der Altersstruktur. Diese gibt es auch bezüglich der Altersarmut, die laut Simone Becker im Vergleich zu den letzten Jahren auch in Mannheim gestiegen ist. Gemessen wurde das beispielsweise an der Inanspruchnahme einer Grundsicherung im Alter. Im Zeitraum von 2006 bis 2012 sei die Zahl der Menschen, die Grundsicherung beziehen, um 26 Prozent gestiegen. Ursachen sind laut dem Bericht geringere Renteneinkünfte und eine höhere Lebenserwartung von Frauen, die stärker als Männer darauf angewiesen sind. Besonders hoch liegt der Anteil von Grundsicherungsbeziehern in der Neckarstadt-West, wo 15,3 Prozent der älteren Einwohner finanzielle Unterstützung erhalten. Im Gegensatz dazu beziehen in Niederfeld oder Wallstadt beispielsweise nur knapp ein Prozent eine Grundsicherung. Was pflegebedürftige Personen betrifft, liegt Mannheim mit einem Anteil von 2,8 Prozent unter dem bundesdeutschen Schnitt von 3,3 Prozent. Das Pflegeangebot in Mannheim ist gut. Auf 30 Pflegeheime verteilen sich 3200 Plätze. Nicht alle Heime sind Genz zufolge ausgelastet. Hinzu kommen ambulante und teilstationäre Pflegeangebote sowie betreutes Wohnen, wobei Letzteres für die Zukunft noch an Gewicht gewinnen wird, wie Genz prognostiziert. „Im Bereich betreutes Wohnen haben wir noch großen Bedarf“, sagt er und spricht von einer echten Versorgungslücke. Etwa 1700 zusätzliche Wohnungen würden benötigt, um dem Bedarf gerecht zu werden. Die Stadt, deren Konzept es ist, den Menschen stadtteilbezogen Unterstützung anzubieten, stehe alles in allem aber sehr gut dar, so der Leiter des Fachbereichs Arbeit und Soziales. „Das Älterwerden ändert sich“, fügt Genz hinzu. Die „neuen Alten“ – teils aus der 68-er-Generation – hätten ein ganz anderes Selbstbewusstsein, seien weniger passiv. Das schlage sich unter anderem in den insgesamt 19 Seniorentreffs nieder, die die Älteren zum Teil selbst organisieren, oder in den sieben Seniorenberatungsstellen, die man in Mannheim findet.

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