Kultur Südpfalz Mitspracherecht versus Selbstbestimmung

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Braucht der Barbarenschatz von Neupotz rund 35 Jahre nach seiner Bergung eine Unterschutzstellung durch den Staat? Um diese Frage drehte sich eine Verhandlung vor dem Speyerer Stadtrechtsausschuss. Dort wehrten sich die südpfälzischen Finder und Eigentümer, vertreten durch eine Mannheimer Anwaltskanzlei, mit einem Widerspruch gegen einen entsprechenden Bescheid der Stadt von 2015.

Der Hortfund von Neupotz – mit 1200 Teilen und 700 Kilogramm Silber, Bronze, Messing und Eisen – gilt als der bislang größte Metallfund aus römischer Zeit. Er kam bei Baggerarbeiten auf dem Gelände zweier Brüder ans Tageslicht, die alles dafür taten, dass er von den zuständigen Stellen vorschriftsmäßig erfasst und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde – zunächst im Museum in Rheinzabern, danach im Historischen Museum in Speyer, wo die wertvollen Antiquitäten 2006 in der Ausstellung „Geraubt und im Rhein versunken. Der Barbarenschatz“ präsentiert wurden. Speyer sollte für den Barbarenschatz keine Endstation sein. Nicht zuletzt Raumprobleme und Umbaumaßnahmen im Museum veranlassen eine Fortsetzung der Reiseaktivitäten des geschichtsträchtigen „Botschafters der Pfalz“, die ihn schon nach Bonn und Augsburg, Österreich und Spanien geführt hatten. Zuletzt befand sich der Schatz im fränkischen Iphofen, um danach nach Berlin überzusiedeln. Mit dem Neuen Museum wurde ein Vertrag geschlossen, der seinen Aufenthalt an der Spree bis 31. Dezember 2025 festschreibt. Dieses letzte Reiseziel rüttelte offensichtlich die rheinland-pfälzische Denkmalpflege auf. Sie veranlasste per Bescheid der Stadt als Untere Denkmalschutzbehörde eine Unterschutzstellung des gesamten Barbarenschatzes, die den Eigentümern am 19. November 2015 mitgeteilt wurde – just einen Tag, bevor ein Leihvertrag zwischen diesen und dem Historischen Museum der Pfalz auslief. „Wir haben kein Problem mit der Berlin-Ausstellung“, sagt Ulrich Himmelmann von der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Eine Unterschutzstellung solle lediglich die Aufteilung des Schatzes in Einzelteile verhindern. Dies sei zwar nicht im Augenblick, aber möglicherweise bei einer Vererbung denkbar. „Der Schatz erzählt seine Geschichte nur“, so Himmelmann, „wenn er zusammen ist. “ Rechtsanwalt Wolfgang Fleck lässt keinen Zweifel daran, dass die Widerspruchsführer und Schatzeigentümer das Heft in der Hand behalten, ihr Eigentumsrecht nicht eingeschränkt wissen und über den jeweiligen Aufenthaltsort des kostbaren Kulturgutes selbst bestimmen wollen. Eine Unterschutzstellung hingegen würde, so Ausschussvorsitzende Sabine Dittus, der Stadt ein Mitspracherecht bei Ausstellungen einräumen. Den Rechtsbeistand stimmt zudem der Zeitpunkt der Unterschutzstellung skeptisch. „Das passierte erst, als bekannt wurde, dass er nach Berlin geht.“ Außerdem sei die Stadt gar nicht dafür zuständig gewesen, den Bescheid herauszugeben, „der Schatz befand sich gar nicht mehr hier.“ Ein Teil davon schon, kontert Himmelmann, der sich auch nicht recht zu erklären weiß, warum das Verfahren nicht schon früher betrieben worden ist. Angedacht gewesen sei ein solcher Schritt jedenfalls schon früher. Wie auch immer die Auseinandersetzung endet – ganz ohne rechtlichen Schutz steht der Barbarenschatz nicht da. Nach dem „Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung“ wird ein Verzeichnis über national wertvolle Kulturgüter geführt, wonach diese nicht ohne amtliche Genehmigung ins Ausland verbracht werden dürfen.

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