Rheinpfalz Löw hat geliefert

91-45406554.jpg

Rio de Janeiro. Bundestrainer Joachim Löw ist der Architekt, der Baumeister des deutschen WM-Triumphes. Löw hat’s seinen Kritikern gezeigt, weil er selbst lernfähig war.

Ein Reporter aus Österreich kramte noch einmal tief, sehr tief in der Vergangenheit. Er fragte Joachim Löw nach dem 1:0-Triumph in der Verlängerung gegen Argentinien, wie es sein könne, dass er vor zehn Jahren als Trainer bei Austria Wien in einer „Nacht- und Nebel-Aktion“ entlassen wurde – und jetzt als Weltmeister-Trainer da sitze. Löw ließ sich seine Verwunderung über die Einstiegsfrage nicht anmerken und antwortete: „Das war mein größtes Glück. Sonst säße ich heute nicht hier.“ Joachim Löw saß da, im Maracanã-Stadion, und war überglücklich. Schon auf dem Spielfeld hatte er jeden umarmt, jeden geherzt, Spieler, Spielerfrauen, das Team hinter dem Team. „Dieses tiefe Glücksgefühl wird auf ewig bleiben“, betonte der 54-Jährige, der am 12. Juli 2006 auf den Projektarbeiter Jürgen Klinsmann folgte. Theo Zwanziger stellte Löw damals ein, der Stabwechsel an Löw war zwingend, Löw hatte als Mann im Hintergrund während des Sommermärchens großartige Arbeit geleistet. Nun krönte er sein Wirken mit dem WM-Titel. Er steht nun in einer Reihe mit Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer. „Wir haben dieses Projekt vor zehn Jahren mit Jürgen Klinsmann gestartet. Wir haben uns kontinuierlich gesteigert. Ich wusste, dass diese Champions diesen letzten Schritt machen und das zu Ende bringen. Wenn es jemand verdient hat, dann diese Mannschaft mit Lahm, Schweinsteiger, Mertesacker, Klose oder Podolski. Es gab nur einen verdienten Sieger, diese Mannschaft. Wir waren über die sieben Spiele die beste Mannschaft“, erklärte Joachim Löw. Seine Mannschaft hatte am Ende auch den besten Trainer. Die Stimmung war während des Turniers gekippt. Nach dem glücklichen 2:1-Achtelfinalsieg gegen Algerien keimten Zweifel am Konzept Löws. Die eine oder andere Personalie ergab keinen Sinn. Der Boulevard erklärte bereits, warum es nicht mehr schick ist, unseren „Jogi“ zu lieben. Aber Löw schaffte die Wende. Er schaffte sie, weil er flexibel war, immer auch einen Plan B oder C hatte. Als Philipp Lahm im Mittelfeld ein wenig schwächelte, Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira langsam zu alter Form fanden, stellte er um. Und hatte Erfolg. Der Sieg gegen die gefährlichen Franzosen im Viertelfinale war der Wendepunkt, dieser Sieg erst ermöglichte den 7:1-Coup gegen Brasilien im Halbfinale. Löw zog sich in Brasilien zurück, er stellte sich den Medien nur, wenn es unbedingt sein musste. Auch das war Teil des Planes, die Fallhöhe nach der 1:2-Niederlage gegen Italien im EM-Halbfinale 2012 in Warschau war beträchtlich. Davor noch ließ sich der Coach im Dreitages-Rhythmus für seine taktischen Kniffe feiern, bis er sich verrannte und mit seiner Mannschaft sang- und klanglos ausschied. Den Erfolg von Rio schreibt Löw „dem unglaublichen Teamgeist, diesem Spirit, gepaart mit unglaublichem Können und Willenskraft“ zu. „Wir sind die ersten Europäer, die hier in Südamerika einen Titel gewonnen haben“, unterstrich der Bundestrainer, der mit seiner Elf dem immensen Druck standgehalten hat. Löw ist stolz auf seine Mannschaft. Fußball-Deutschland ist stolz auf seinen Bundestrainer. Löw hat geliefert. Der Liebesentzug war nur von kurzer Dauer …

x