Rheinpfalz Kranich-Liebe berührt auch die Retter der Storchenfreunde Glantal

Seit Wochen lassen uns die Kraniche mit ihren durchdringenden Trompetenrufen an ihrem Zug in den Süden teilhaben. Doch für ein verletztes Weibchen war bei Weilerbach die Reise zu Ende: Flugunfähig steht sie auf der Pferdekoppel. Nicht allein, der Partner harrt mit aus – vier lange Wochen. Trotzdem bleibt sie am Ende allein zurück. Eine traurige Geschichte mit rührenden Momenten und mit einem halbwegs versöhnlichen Ende.

Um es vorweg zu nehmen: Das Kranichweibchen ist mittlerweile in der Voliere bei den Glantaler Storchenfreunden in Theisbergstegen untergekommen. Doch das Leben in Freiheit, mit Partner, ist vorbei: Dem Vogel musste eine Handschwinge amputiert werden. Dies ist um so tragischer, da Kraniche eine lebenslange Partnerschaft eingehen. In Asien gelten sie deshalb als „Vögel des Glücks“. Auch in Weilerbach hat besagter Kranichmann seine Treue eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Sie ging so weit, dass der Partner die Formation verließ, als das Weibchen nach einer Rast nicht mehr aufsteigen konnte. Er blieb an ihrer Seite, obwohl ihn sein Instinkt in den warmen Süden zog, die Weilerbacher Pferdekoppel Futtermangel und den möglichen Hungertod bedeutete. Beobachtet hat das Drama Bernd Schellhaas, Besitzer der Pferdekoppel und Mitglied im Naturschutzbund. „Den kranken Vogel hab ich anfänglich gar nicht zu sehen bekommen. Nur der Kranichmann ließ sich blicken.“ Der Vogel landet, steigt auf, landet. Schellhaas kommt das spanisch vor. Er fragt den Nabu-Vogelexperten Alfred Klein um Rat. Der winkt ab: „Beim nächsten Zug, der durchkommt, fliegt er mit.“ Doch dann zeigt sich auch das Kranichweibchen. Der Flügel schleift am Boden, jeder Versuch, dem rufenden Partner in die Luft zu folgen, scheitert kläglich. „Das Männchen ist aber immer wieder zurück zu ihr. Er hat sie nicht verlassen“, ist Klein – angesichts all der Gefahren, die am Boden lauern – von der Verbundenheit beeindruckt. Er mobilisiert die Storchenfreunde Glantal: Damit nimmt die „Kranichsafari“ Ende November ihren Lauf. Der verletzte Vogel steht im nahen Wald. Will mit den Menschen nichts zu tun haben. Die aber sind hartnäckig, warten, suchen und entdecken ihn nach gut 90 Minuten. Doch bald erfahren sie: Einen Kranich zu fangen, ist keine leichte Aufgabe. Immerhin hat er eine Flügelspannweite von 2,20 Meter. Auch mit dem Schnabel ist nicht zu spaßen. Paul Conrad, der Jüngste der Kranichjäger, macht Bekanntschaft mit der Wehrhaftigkeit des Vogels. Und die erstaunten Tierschützer erleben, dass das Weibchen zwar nicht fliegen, auf seinen langen Beinen seinen Fängern aber mit Leichtigkeit davonlaufen kann. „Zum Glück war im Wald ein Stück Wildzaun. Da konnten wir das Weibchen einkesseln. Schellhaas packte es dann“, beschreibt Klein das Ende der Jagd. Auch emotional ist es der Höhepunkt der Aktion: Denn just in dem Moment, als die Menschen der Kranichfrau habhaft werden, steigt ihr Mann in die Lüfte, um sich einer vorbeifliegenden siebenköpfigen Kranichgruppe anzuschließen. „Es war, als hätte er gewusst, dass seine Partnerin jetzt gerettet ist“, kann Klein den Augenblick kaum in Worte fassen. „Das ist wahre Kranichliebe.“ Manfred Conrad, eigentlich bekannt als „Storchenvater“, bringt die Kranichdame schnell zu einem Kuseler Tierarzt. Leiden soll sie nicht. Der Fachmann entscheidet sich für die Amputation. Das bedeutet zwar die Einbahnstraße in ein Volierenleben, aber wenigstens in ein Leben. „Der Kranichmann wird wohl über die Trennung hinwegkommen und sich eine neue Partnerin suchen“, mutmaßt Alfred Klein. Er selbst will demnächst Eicheln sammeln und der einsamen Kranichdame diese kleine Aufmerksamkeit in ihrer Voliere vorbeibringen. (thea)

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