Eisenberg Kinder haben Recht auf Mitbestimmung

Irene Jennes, die Leiterin des SOS-Kinderdorfes Pfalz in Eisenberg, zeigt die große Helferliste, die noch weiter zu füllen ist f
Irene Jennes, die Leiterin des SOS-Kinderdorfes Pfalz in Eisenberg, zeigt die große Helferliste, die noch weiter zu füllen ist für die Kinder- und Jugendkonferenz Anfang August.

«EISENBERG.» Anfang August richtet das SOS-Kinderdorf Pfalz in Eisenberg die vierte Kinder- und Jugendkonferenz (KiJuKo) des deutschen SOS-Kinderdorfvereins aus. Zu der dreitägigen Veranstaltung, die unter dem Motto „Du + ich = wir“ steht, werden rund 200 Gäste aus der gesamten Bundesrepublik erwartet, darunter etwa 140 Sechs- bis 20-Jährige. In 19 Workshops werden sie sich mit Kinderrechten beschäftigen. Über die Intention des großen Treffens und die Herausforderungen der Organisation sprach Anja Benndorf mit Einrichtungsleiterin Irene Jennes.

Frau Jennes, was ist die Idee hinter der Konferenz, die seit 2010 regelmäßig stattfindet?

Unser Verein setzt sich seit langem dafür ein, dass die Rechte von Kindern im Grundgesetz verankert werden. Dann könnten diese Kinderrechte eingefordert und im schlimmsten Fall eingeklagt werden. Bislang enthält die Verfassung nur Aussagen über, aber nicht für Kinder. Wir möchten, dass klar festgelegt wird, dass Kinder ein Recht auf Information und Mitbestimmung haben, auf Bildung, Gesundheit und Freizeit, Gleichbehandlung, Persönlichkeit, Privatsphäre und Schutz vor Gewalt. Mit der KiJuKo möchten wir ihnen diese Rechte bewusst machen. Ist das nicht ein bisschen einseitig? Man hat ja nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten… Das ist ein weit verbreitetes Argument. Aber das Gegenteil von Recht ist nicht Pflicht, sondern Unrecht. Natürlich ist unser Auftrag, die Jungen und Mädchen zu Ordnung, Mithilfe und Fleiß zu erziehen. So hat ein Kind beispielsweise ein Recht auf Taschengeld. Ich darf es ihm nicht vorenthalten und selbst verausgaben. Aber ich kann natürlich bestimmen, wann es wie viel auf einmal erhält und die Auszahlung an Bedingungen knüpfen wie etwa ein aufgeräumtes Zimmer. Macht es wirklich Sinn, bereits Grundschüler in so eine Konferenz einzubinden? Äußern die nicht oft unrealistische Wünsche und Ideen, weil sie noch gar nicht den Überblick über Zusammenhänge haben? Wir sind überzeugt und haben die Erfahrung gemacht, dass es durchaus Sinn macht. Seit 2009 haben wir bei uns im Dorf eine umfassende Beteiligungsstruktur. So haben Kinder jetzt den Antrag gestellt, ein Schild mit dem Hinweis „Privatgelände“ auf unserem Bolzplatz aufzustellen, weil dieser immer wieder von fremden Jugendlichen genutzt wird und unseren Bewohnern dann nicht zu Verfügung steht. Die Kinder dürfen zum Beispiel bei der Essensplanung und der Freizeitgestaltung mitreden und bei der Festlegung von Tagesablauf-Regeln. Auch werden sie bei der Einstellung von Erziehern gehört. Bei der KiJuKo sind zahlreiche Workshops geplant. Was sind die Inhalte? Zum Recht auf Information und Mitbestimmung wird beispielsweise ein Workshop über journalistische Arbeit angeboten. In der Gruppe Action Painting probieren die Teilnehmer auf einem großen Gemeinschaftsbild aus, was entsteht, wenn jeder sein Recht auf kreatives Spiel mit Farbe und Pinsel auslebt. Es gibt ein Improvisationstheater zum Thema Respekt. Beim Spiel auf selbstgebauten Trommeln geht es um das Recht auf Persönlichkeit. Zum Recht auf Bildung wird ein Memory angefertigt, bei dem die Paare aus einem Bild und dem passenden Text dazu bestehen. In einem anderen Workshop wird gezeigt, wie man Fitness und Gesundheit positiv beeinflussen kann. Inklusive Betreuern und Leuten aus der SOS-Geschäftsstelle in München erwarten Sie rund 200 Besucher. Wie bewältigen Sie den enormen Organisationsaufwand? Wo schlafen die Gäste, wie läuft die Verpflegung? Ja, das ist schon ein immenser Aufwand. Aber wir freuen uns drauf. Denn unsere Einrichtung hat bislang noch nicht an einer KiJuKo teilgenommen. Es hat einfach terminlich nicht gepasst. Nun wurden wir als Ausrichter ausgewählt. Mit der Vorbereitung ist maßgeblich Dean Babic aus dem Referat Angebots- und Qualitätsentwicklung unserer Münchner Geschäftsstelle sowie ein etwa zehnköpfiges Team um unseren Bereichsleiter Jörg Werle beschäftigt. Wir haben einen Dorflageplan erstellt und bauen einen Infopavillon auf. Wir haben die komplette Jugendherberge in Altleiningen angemietet, zudem 20 Zimmer im Eisenberger Waldhotel. Auf unserem Gelände haben wir zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste. Für die Beförderung der Teilnehmer haben wir ein Busunternehmen engagiert. Regionale Firmen versorgen uns mit Speisen und Getränken. Dr. Oetker spendiert Joghurt. Finanziert wird das Ganze über unsere Geschäftsstelle ausschließlich durch Spenden. Rund um die KiJuKo brauchen wir natürlich jeden Mitarbeiter. Ich habe die gesamte Belegschaft gebeten, währenddessen keinen Urlaub zu nehmen. Ehrenamtliche Manpower stellt uns außerdem die Firma Borg Warner zur Verfügung. Die Konferenz Die vierte Kinder- und Jugendkonferenz findet von Dienstag, 1., bis Donnerstag, 3. August, im SOS-Kinderdorf Pfalz in Eisenberg statt. Auswärtige Gäste werden gebeten, die Parkmöglichkeiten in der Virchowstraße zu nutzen.

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