Rheinpfalz Im Schneckentempo auf der Datenautobahn

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Gewerbe in der heutigen Zeit: Das bedeutet weltweite Vernetzungen, schneller Datenaustausch und eine unmittelbare Verfügbarkeit von Informationen. Ermöglicht wird dies durch leistungsfähige Internetverbindungen. Doch im Industriegebiet Dahn-Reichenbach, in dem einige hundert Menschen aus der Verbandsgemeinde Dahner Felsenland und darüber hinaus arbeiten, ist man auf der Datenautobahn im Schneckentempo unterwegs.

Über eine DSL-1000-Leitung der Telekom ist das Industriegebiet vor den Toren der Wasgaustadt mit der digitalen Welt verknüpft. Mit einer Datengeschwindigkeit von 1000 Kilobit pro Sekunde sollten dort die Datenpakete durch die Leitung rauschen. „Tatsächlich sind es aber nur 700 Kilobit“, beklagt man im Autohaus Ruppert, einem der leidgeprüften Unternehmen auf der Reichenbach. Aber auch wenn die maximale Datengeschwindigkeit erreicht würde, wäre dies für die Betriebe völlig ungenügend. Selbst im privaten Bereich bewegt man sich inzwischen bei Datengeschwindigkeiten zwischen 16.000 und 100.000 Kilobit pro Sekunde – und das nicht nur in großen Gemeinden, sondern dank der Breitbandinitiative des Landes vor einigen Jahren auch in den allermeisten Dörfern im Felsenland. Kein Wunder also, dass die Betriebe auf der Reichenbach, die einen Großteil der städtischen Gewerbesteuereinnahmen erzielen, vehement eine bessere Anbindung fordern – und das nicht des Komforts wegen, sondern weil mit der geringen Datenrate handfeste Probleme verbunden sind. Wichtige Updates kann etwa der Autohändler – wenn zwischendurch nicht die Verbindung abreißt – nur mit einer stundenlangen Geduldsprobe herunterladen. Die beiden Großunternehmen im Industriegebiet, die Firma Frank Flechtwaren mit 160 und der Kunststoffverarbeiter SLS mit über 100 Arbeitsplätzen, setzen aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit längst auf eigene Lösungen: Frank ließ sich laut IT-Abteilungsleiter Harald Link vor einigen Jahren durch die Telekom eine Zwei-Megabit-Standleitung errichten. Aber die verursacht monatlich hohe Kosten und stößt ebenfalls bereits an ihre Grenzen. Bei SLS setzt man auf eine Satellitenverbindung. Das Problem: Von der Brandbandinitiative des Bundes, mit der es vor vier Jahren zur Strukturverbesserung des ländlichen Raums 90 Prozent Zuschuss gab, waren Ortsteile ausgenommen. Deswegen konnte die Stadt Dahn für die Reichenbach keine Förderung beantragen. Das Land hat zwischenzeitlich zwar ein spezielles Ortsteilprogramm aufgelegt. Aber das setzt mindestens 100 Haushalte voraus – zu viel für die Reichenbach. Und ein neues Bundesprogramm, das eine 90-prozentige Bezuschussung in Aussicht stellt, soll es erst 2015 geben. Die Verbandsgemeindeverwaltung Dahner Felsenland, die sich im Auftrag der Kommunen um die Verbesserung der Internetversorgung in der Region kümmert, führte in der Zwischenzeit zwar weitere Gespräche mit der Telekom, insbesondere zu Angeboten für Gewerbetreibende, und auch mit Anbietern von Satelliten-Verbindungen – bislang aber ohne Ergebnis. Die Telekom hatte 2009 als einziges sein Interesse bekundet, das dünn besiedelte und mit vergleichsweise wenig Internetnutzern ausgestattete Dahner Felsenland mit dem „schnellen Internet“ zu versorgen. Die Gewerbetreibenden im Industriegebiet Dahn-Reichenbach waren aber des Wartens überdrüssig. Sie haben sich selbst auf die Suche gemacht. Und siehe da: Kabel Deutschland ist vor Ort und bietet die Möglichkeit, über das Fernsehkabel mit bis zu 100.000 Kilobit pro Sekunde im Internet zu surfen. Sogar Teile des Industriegebiets, insbesondere im Bereich der B 427, sind bereits an das Hochgeschwindigkeits-Internet angeschlossen – ohne dass es die Verwaltung bemerkt hätte. In der Verbandsgemeinderatssitzung am vorvergangenen Donnerstag musste sich diese daher auch jede Menge Vorwürfe von den Zuhörern gefallen lassen. „Da hat sich die Verwaltung nicht mit Ruhm bekleckert“, räumt Verbandsbürgermeister Wolfgang Bambey ein. Dass man Kabel Deutschland nicht als Anbieter auf dem Schirm hatte, begründet er damit, dass dieses Unternehmen beim seinerzeitigen Interessenbekundungsverfahren kein Interesse bekundet hatte. „Aber darauf hätten wir uns nicht verlassen dürfen“, so Bambey selbstkritisch. In der vergangenen Woche, nach der Ratssitzung, hat die Verwaltung nun den Kontakt mit Kabel Deutschland gesucht, um über die Versorgung des gesamten Industriegebiets zu verhandeln. Über den aktuellen Sachstand wird Stadtbürgermeister Alexander Fuhr in der Stadtratssitzung heute Abend (Beginn: 19 Uhr im Bürgersaal der Verbandsgemeindeverwaltung) informieren. „Kabel Deutschland hat bereits die notwendigen Unterlagen – eine Liste mit allen rund 40 Unternehmen im Industriegebiet sowie einen Lageplan – erhalten“, informiert Fuhr, der nun keine Zeit mehr verlieren will. Denn die Stadt hat die Notwendigkeit des Internetausbaus auf der Reichenbach schon vor Jahren erkannt. Da die Telekom statt der ursprünglich gedachten 20.000 Euro eine Wirtschaftlichkeitslücke von 65.000 Euro errechnete, hat die Stadt in ihrem aktuellen Doppelhaushalt diesen Ansatz bereits angepasst. „Der Haushalt ist genehmigt. Die 65.000 Euro stehen bereit“, betont Fuhr. Ob, wie schnell und zu welchen Konditionen eine Einigung mit Kabel Deutschland zustande kommt, werden die nächsten Wochen zeigen. Bambey brachte ein gemeinsames Finanzierungsmodell ins Spiel, wonach die Kosten der Kabelverlegung zwischen der Stadt, der Verbandsgemeinde, die mit dem Werkhof ebenfalls im Industriegebiet sitzt, und den dortigen Betrieben gedrittelt würden. Fuhr will sich mit dieser Frage erst beschäftigen, wenn die konkreten Zahlen auf dem Tisch liegen. Toyota-Händler Ruppert, der mit Kabel Deutschland bereits einen Anschluss vereinbaren wollte, hat die Investition von pauschal 1000 Euro für die ersten 20 Meter und 60 Euro für jeden weiteren Meter Kabel, insgesamt 3400 Euro, vorerst zurückgestellt. „Wir wollen die Verhandlungen der Stadt abwarten“, so das Autohaus.

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