Rheinpfalz Im Schloss tickt es

Mannheim. Sie tickt leise und und schlägt zuverlässig zu jeder vollen Stunde: Ab sofort ziert eine kostbare Standuhr aus dem 18. Jahrhundert den Coursaal im Mannheimer Schloss. „Ein Glücksfall in gleich mehrfacher Hinsicht“, freut sich Saskia Esser, Konservatorin der Staatlichen Schlösser und Gärten.

Zum einen hat ein historisches Stück, das aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Besitz des Barockschlosses stammt, seinen Weg nach Hause gefunden. Zum anderen gab das Objekt etwas preis, was auf den ersten Blick nicht zu erkennen war. Unter dem mahagonifarbenen Anstrich kamen kunstvolle figürliche und florale Darstellungen aus Blattsilber, die mit einem Goldlack überzogen waren, zum Vorschein. In Millimeterarbeit hat Restauratorin Anna Haas mit Skalpell und Wattestäbchen und vor allem viel Geduld die filigranen Pflanzen, Blüten, Vögel, Falter und die chinesisch anmutende figürliche Szene freigelegt. „Anhand der Standuhr konnten unsere Restauratoren zudem ihr ganzes fachliches Können zeigen“, so Esser weiter. Thomas Merkl, der für Möbelrestaurierung zuständige Leiter, erkannte mit seinem geschulten Auge, dass sich unter der dunklen Farbschicht etwas verbarg. „Nach dieser Analyse waren handwerkliche und technische Fertigkeiten gefragt.“ Rund ein Jahr wurde die Standuhr auf Vordermann gebracht. Eine Sisyphusarbeit, denn Anna Haas musste die Farbschicht mit Acetonkompressen aufweichen, um den Lack anschließend so vorsichtig abzulösen, dass die darunter liegende Goldimitation nicht beschädigt wurde. „Mit einer Lupenleuchte habe ich die Details meines jeweiligen Arbeitsfeldes betrachtet“, sagt sie. Im Zuge der Restaurierung stellte sie auch fest, dass in der Vergangenheit bereits Ausbesserungen am Furnier vorgenommen worden waren. „Nicht immer fachgerecht“, wie Haas sagt. Sie zeigt zum Beweis Fotos. Diese Fehlstellen hat die junge Restauratorin mit den passenden Hölzern – Nussbaum, Ahorn und Zwetschge – aufgefüllt. Thomas Merkl hatte derweil im Inneren des Pendelkastens eine weitere Kostbarkeit unter die Lupe genommen: Reste eines Marmorpapiers waren mit Tapete überklebt worden. Da die Entfernung der Tapete das Papier aufgrund der festen Verklebung zerstört hätte, beließ er es dabei. Doch eine kleine, für den Laien kaum erkennbare Stelle hatte die Aufmerksamkeit des erfahrenen Restaurators erregt. „Dabei handelt es sich um Reste eines historischen Inventaraufklebers, wie sie auch hier im Schloss verwendet wurden.“ Exakt dieser Hinweis wird nun weiterverfolgt. Denn auch wenn sich Merkle sicher ist, dass es sich um eine höfische Uhr – wahrscheinlich aus dem Umfeld der damaligen Hofuhrmacher Möllinger – handelt, so steht der hundertprozentige Beweis noch aus. Dafür, dass das barocke Schmuckstück einst die kurfürstlichen Räume in Mannheim zierte, spricht auch, dass die Vorbesitzerin von einer Familienüberlieferung berichtete, wonach die Uhr aus dem hiesigen Barockschloss stammen soll. Dass die Uhr nun wieder voll funktionsfähig ist sowie Kalender und Mondphasen angezeigt werden, dafür sorgte Uhrmachermeister Roland Ferstl. Er überholte das Uhrwerk und besserte die schwarzen Zahlen auf dem Zinn-Ziffernblatt aus. Doch die Barockuhr ist nicht allein aus technischer und kunsthistorischer Sicht ein Meisterwerk. „Unsere Besucher bestätigen immer wieder, dass Uhren mit ihrem Ticken, Schlagen oder kleinen Musikspielen Leben in die Räume bringen“, sagt Harry Filsinger, der Leiter der Schlossverwaltung. (waz)

x