Eisenberg „Ich bin dann mal weg!“

Hat morgen nach 31 Jahren seinen letzten Arbeitstag im Kreishaus: Albert Graf, der in die Ruhephase der Altersteillzeit eintritt
Hat morgen nach 31 Jahren seinen letzten Arbeitstag im Kreishaus: Albert Graf, der in die Ruhephase der Altersteillzeit eintritt.

«Kircheimbolanden.» „Ich bin dann mal weg!“ Diesen Satz hat Kreisdezernent Albert Graf gewählt, um sich zu verabschieden von Mitarbeitern, Weggefährten, von den Donnersbergern und dem Landkreis, der ihm – selbst im Landkreis Kusel zuhause – zweite Heimat geworden ist. Die Formulierung ist kein Zufall. Nicht nur, weil sie das – dann eher private – Wiederkommen impliziert. Hinter der Anspielung auf Hape Kerkelings Bestseller über das Pilgern auf dem Jakobsweg steht das feste Ziel Grafs, selbst von den Pyrenäen bis nach Santiago de Compostella zu laufen – wobei dieser Wunsch mit dem Buch nichts zu tun habe. Ja, er habe eine religiöse Ader, gehe gerne in Kirchen, schätze die innere Einkehr und die meditative Stille dort, bekennt Graf im Gespräch. Kraftquellen wie diese waren wertvoll in Grafs beruflichem Weg. Denn in den 31 Jahren im Dienst der Kreisverwaltung, seit 1994 als Dezernent, stand er immer da, wo die politisch und gesellschaftlich umstrittenen Themen bewegt werden mussten, Themen, die auch mal mit öffentlichen Protesten verbunden waren, mit hitzigen Foren und Bürgerversammlungen, auch mit persönlichen Anfeindungen: Abfallwirtschaft, der Ausbau der regenerativen Energien, große Bauvorhaben, Beweidungsprojekte. Auch das Veterinäramt gehörte dazu, mit dem Tierseuchenfälle zu meistern oder verwahrloste Tiere aus unzumutbaren Haltungen zu befreien waren. Besonders einprägend: der Salzberg. „Das war hart“, blickt Graf auf den geplanten Bau einer Kreismülldeponie auf dem Salzberg bei Göllheim zurück, der in den neunziger Jahren eine Bürgerinitiative mit zuletzt 1200 Mitgliedern auf den Plan rief und mit der Protestwelle die Kreis-FWG als deren damaligen politischen Arm in den Kreistag spülte. Sogar Steckbriefe, auf dem sich Graf mit weiteren Befürwortern des Deponieprojektes eines Tages wiederfand, waren im Umlauf. Das alles liegt 20 Jahre und länger zurück. Die Deponie wurde nicht gebaut, nicht zuletzt wegen veränderter Marktverhältnisse. Bei der Müllverbrennung in Mainz ist die Abfallwirtschaft des Kreises in einem festen Hafen angelangt. Mit den damaligen Widersachern hat Graf heute zu einem konstruktiven Verhältnis gefunden. „Ich muss sagen, dass ich mit denjenigen, die mich damals auf einen Steckbrief gesetzt haben, inzwischen ein durchweg gutes Miteinander habe“, so Graf. Einer der damaligen Wortführer der Salzberg-Gegner, Uli Kolb, hat das letzte Woche im Kreisausschuss bestätigt. „Gut, dass Sie so lange da waren“, ließ er Graf bei dessen Verabschiedung wissen. Die Zeit habe Gelegenheit geboten, einander besser kennen und schätzen zu lernen. Nun bedauere er, dass Graf gehe. 1986 kam Graf zur Kreisverwaltung, nachdem der junge Umweltingenieur – er war, wie er erzählt, einer der ersten Absolventen des neuen Studienganges in Bingen – zuvor in Wolfsburg und dann fünf Jahre im Main-Taunus-Kreis gearbeitet hatte. 1994 wurde er Dezernent mit Zuständigkeit für Umwelt, Bau, Veterinär- und Gesundheitsamt, Energie, elf Jahre auch für das Jugendamt. Wie weit der Donnersbergkreis gerade in der Abfallwirtschaft gekommen sei, werde ihm bewusst beim Blick auf das, was er damals hier vorfand. „Die Kreisdeponie in Eisenberg war nichts weiter als eine Müllkippe. Die Männer waren in einem alten Bauwagen untergebracht, hielten sich an einem Ölofen fest. Es gab keine Problemmüll- oder Grüngutsammlungen, keine Grüngutplätze, kaum Mülltrennung.“ All das und mehr ist seither entstanden und eingeflossen in ein zeitgemäßes Entsorgungssystem. Große Entwicklungen wurden ebenso mit dem Donnersberger Energiekonzept „Denk“ seit 1998 angestoßen, der Kreis hatte damals eine Vorreiterrolle. Dass die ehrgeizigen Ziele bei der Energieeinsparung und beim Ausbau regenerativer Energien erreicht wurden, „ist für mich ein stolzes Erlebnis, das war ein Traum“. Seine Dienstzeit war ebenso geprägt vom Ausbau der Schullandschaft mit dem Leuchtturmprojekt des Umbaus des Nordpfalzgymnasiums in ein Passivhaus. Sehr am Herzen habe ihm die Wirtschaftsförderung gelegen. Er habe sich stets bemüht, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, ein Netzwerk aufzubauen, Anliegen der Betriebe aufzugreifen. Der persönliche Kontakt sei ihm immer besonders wichtig gewesen. „Bei mir ist schon vieles aufgelaufen“, kommt der 62-Jährige darauf zu sprechen, dass seine Zuständigkeiten auch viele Anfragen, Beschwerden, Hilfeersuchen von Bürgern zur Folge hatten. „Ich habe versucht, so gut es geht zu helfen“, bilanziert er. Sein Rezept sei gewesen, mit den Menschen Absprachen zu treffen, behördlich Gefordertes auch mal zeitlich zu strecken, Dinge also im Miteinander und im Konsens zu lösen. Bis heute bewegt ihn der Fall eines einfachen Landwirtes, der wegen illegalen Bauens ein Bußgeld von 1100 Euro entrichten musste und das auf seinem Schreibtisch abgezählt habe. Für den sei das sehr viel Geld gewesen. „Das habe ich bis heute nicht vergessen, da danach in wesentlich gravierenderen Fällen oft ein deutlich geringeres oder gar kein Bußgeld festgesetzt oder durch Gerichte aufgehoben wurde“, so Graf zu der Szene. „Als Chef war ich wohl nicht ganz einfach“, sinniert er. Die hohen Anforderungen an sich selbst habe er sicher auch auf seine Mitarbeiter übertragen. Zur Diagnose „Workaholic“ müsse er sich wohl bekennen, räumt er mit einem Schmunzeln ein. Dankbar ist er Landrat Werner, „er hat auch in schwierigen Zeiten immer zu mir gehalten und hat mir in der täglichen Arbeit viel Freiraum gewährt.“ Über die 31 Jahre währende Zusammenarbeit seien sie gute Freunde geworden. Dass Graf zu diesem Zeitpunkt, also in etwa zeitgleich mit Werner und seinem Dezernentenkollegen Fabian Kirsch, das Kreishaus verlässt, habe auch mit seiner angegriffenen Gesundheit zu tun. Mit Rücksicht darauf hätte er eher früher gehen sollen, lässt aber nun seine aktive Zeit mit der Amtszeit Werners auslaufen. „Ich bin ganz zufrieden damit, dass das so passt.“ Dankbar blickt er auch auf das konstruktive Miteinander in den Kreisgremien zurück. Seine Funktionen als Geschäftsführer der Neuen Energie Donnersberg GmbH und Vorstand der Energiekonzepte AÖR wird Graf vorerst noch weiter ausüben, das sei mit dem künftigen Landrat Rainer Guth (parteilos) so besprochen. Dass es der AÖR momentan nicht gut geht, die erhofften Ausschüttungen aus Windkraftbeteiligungen ausbleiben, ist für ihn Anlass, in diesem schweren Fahrwasser bei der AÖR an Bord zu bleiben. Insofern ist er noch nicht ganz „mal weg“.

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