Rheinpfalz Heilsamer Schock

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MAINZ (nob). Mit drastischen Methoden versucht die rheinland-pfälzische Polizei, junge Autofahrer für die Unfallrisiken zu sensibilisieren. „Crash Kurs“ heißt das Präventionsangebot, das Jugendliche und junge Erwachsene ab etwa 17 zur Zielgruppe hat. Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat gestern die Schulen ermuntert, die Vorsorge zu nutzen.

Zuletzt war die Gesamtschule im rheinhessischen Ingelheim Schauplatz eines „Crash Kurses“. Ende September saßen die Schüler in der Aula und lauschten den Schilderungen eines Feuerwehrmannes aus Guntersblum bei Worms. Dieser berichtete von jenem Samstagabend Anfang 2009, den er nie in seinem Leben vergessen wird. Der Wehrmann erinnert sich, wie ihn der stille Alarm und gleichzeitig die Sirenen im Ort im Fernsehsessel aufgeschreckt haben; wie er im Einsatzfahrzeug über Funk erfahren hat, dass seine Kameraden und er zu einem Verkehrsunfall mit wahrscheinlich vier eingeklemmten Personen müssen; wie sie in dem demolierten Wrack vier junge Frauen finden, von denen eine schon tot ist; wie sie die Unfallopfer aus dem Wrack schneiden. Mit solch drastischen Schilderungen von Unfallhelfern sollen die jungen Leute, die selbst Autofahrer sind oder bald werden, zur Vorsicht ermahnt werden. Trockene „Verkehrserziehung“ gehört nicht zum Konzept der „Crash-Kurse“. Stattdessen wird stets über schlimme Unfälle in der jeweiligen Region berichtet. Der Feuerwehrmann appelliert am Ende seines Berichts an die Schüler: „Helfen Sie mit, dass ich nie mehr ein weißes Tuch über eine Leiche legen muss!“ Es kommt noch schlimmer für die Zuhörer: Ein Rettungssanitäter berichtet den Ingelheimer Schülern, dass für drei der vier Mädchen jede Hilfe zu spät gekommen ist. Und ein Notfallseelsorger erzählt, wie er die fürchterlichen Nachrichten den Eltern überbringen musste. Das Konzept der realitätsnahen Unfallschilderung wurde vor 20 Jahren in der englischen Grafschaft Staffordshire erstmals erprobt. Nordrhein-Westfalen praktiziert es seit Jahren. Die Hochschule der Polizei am Flughafen Hahn hat vor eineinhalb Jahren begonnen, die Idee für Rheinland-Pfalz nutzbar zu machen. Acht Crash-Kurse wurden nach Angaben der Polizei bisher gehalten, unter anderem in Frankenthal, Germersheim, Landau und Wörth. Insgesamt wurden 2500 junge Leute erreicht. Erste Ergebnisse einer Untersuchung der Polizeihochschule legten den Schluss nahe, dass die gewünschte Wirkung auf junge Leute nicht verfehlt wird, heißt es bei der Polizei. In Rheinland-Pfalz stellen Menschen zwischen 18 und 24 Jahre 8,2 Prozent der Bevölkerung. Angehörige dieser Altersgruppe verursachen jedoch 13,5 Prozent aller Verkehrsunfälle.

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