Kultur Südpfalz Freche Mundart und Musik

„Liebe, Wein und Katastrophen“ stand über einem vergnüglichen und mehrdeutig „heißen“ Abend mit dem Chor Sing-A-Pur aus Landau und dem Mundartdichter und Autor Michael Bauer aus Herxheim im Landauer Kesselhaus.

Die einzige reale Katastrophe bahnte sich an, als zum geplanten Beginn der Veranstaltung immer noch eine lange Menschenschlange auf Einlass wartete und nicht wenige umkehren mussten, weil kein Platz mehr war im Kesselhaus. Diejenigen aber, die das Glück hatten, bleiben zu dürfen, erlebten den Pfälzer Dialekt als Klangwunder in rhythmischer Reimform, die Michael Bauer aus seinem neuen Buch „Pfalzkönig“ nicht einfach vorlas, sondern zum Beispiel beim „Winzliedchen“ mit bewegter und bewegender Stimme in Szene setzte. Das Gedicht „Em Prometheus soi Gebet“ verarbeitet die „braune“ geschichtliche Vergangenheit der Pfalz. Im Ton einer mittelalterlichen Litanei leierte der Dichter aus Herxheim die „Halbhochdeutsche Meditation“: „Wann dir e Laus emol iwwer doi Lewwer laaft, du Christ, bedenk, dass Gott zugleich die Laus und auch die Leber ist.“ „Winzlyrik“ ist eine Reihe von Gedichten in Mundart, Hochdeutsch oder gemischt, die Michael Bauer aus Herxheim seit 2013 in jeder zweiten Ausgabe der RHEINPFALZ am SONNTAG veröffentlicht. Von der Passion Michael Bauers angesteckt, Gedichte ohne zu singen in Melodien vorzutragen, stimmten die begeisterten Zuhörer ohne Aufforderung unisono in den Refrain „Ganz owwe uffm Betzebersch biet die Pferdemetzgerei ihr Gaulswerscht a, ganz owwe uffm Betzebersch schmecken Gaulswerscht so guud“. Zwischen den Lesungen gaben 25 Sänger meistens „pur“, also ohne Begleitung, bekannte Melodien mit frechen Texten zum Besten. Beides erheiterte das Publikum immer wieder, das mit vielen Lachsalven, zustimmenden Jubelrufen und ausgiebigem Applaus seiner Begeisterung freien Lauf ließ. Schadenfreude ist bekanntlich die größte Freude und so gefiel den Gästen auch die Beschreibung eines ersten Rendezvous, das hoffnungsvoll mit Kerzenmeer und Rosendekoration beginnt und in einer Katastrophe endet, wenn nach der heißen Knutscherei die Bude brennt. „Heut ist der Tag…“ begann der Chor noch hoffnungsvoll und endete mit dem Fazit: „dumm gelaufen“. Zum Thema Wein präsentierte der Chor unter anderem eine eigene Bearbeitung von Grönemeyers „Alkohol“. Was Liebe ist, beschreibt der Dichter aus der Pfalz in der Vorstellung, wie der Herrgott einen liebenswürdigen Neuzugang samt Dubbeschobbe und Frühstücksbrettchen mit der Aufschrift „Ich bin Pfälzer“ das Himmelstor passieren lässt, der Chor interpretierte traditionelle Volkslieder wie „Rosenstock und Holler blüht…“ oder „Zum Tanze da ging ein Mädel…“ mit Plopps und Geblubber auf seine eigene Weise. Zur Melodie der Promenade aus Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ machte sich der Chor mit dem Lied „Moderne Kunst“ über inhaltsleeres Geschwafel von Ausstellungsbesuchern über die zu sehenden Kunstwerke lustig. Ob Tango oder Jazz, der Landauer Chor, der sich hauptsächlich aus Lehrern und Musikpädagogen aus der Südpfalz zusammensetzt, macht sich nicht selten seinen eigenen Reim auf bekannte Melodien, die dem Publikum so viel Spaß bereiteten, dass es sich trotz Waschküchenklima zwei Zugaben erklatschte. (srs)

x