Kultur Südpfalz Für Menschen aller Generationen

An einem kleinen Tisch mit einer Leselampe und einem Glas Wasser sitzt ein älterer Mann vor einem Mikrofon. Ihm gegenüber sind alle Stühle belegt. Die Zuhörer sind still und lauschen gespannt seinen Erzählungen. Der Autor Gerd Forster las am Donnerstag aus seinem 2015 erschienenen Werk „Wir waren Kinder und es war Krieg“ bei den 32. Landauer Büchereitagen.

Das Werk „Wir waren Kinder und es war Krieg“ umfasst sieben Erzählungen. Dazu zählen Erlebnisse und Beobachtungen des Autors während der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs, die er als Junge im Alter von rund zehn Jahren eher spannend als gefährlich empfand. Forster fesselt aber auch mit fiktiven Passagen, die teilweise auf Schilderungen anderer Zeitzeugen basieren. Seine Geschichten stehen für die Erlebnisse einer ganzen Generation. So oder so ähnlich sah die Kindheit vieler Kriegskinder aus. Im ersten Kapitel „Kriegskind“ schildert Forster die Erfahrungen eines Jungen namens Gerhard gegen Kriegsende. Sein Zuhause in der Stadt wurde zerbombt. Gerhard verlor alles, Spielsachen, Klavier, Bücher und Kleidung. Zusammen mit seiner Mutter findet er Unterschlupf bei Verwandten auf dem Land. Hier freut er sich über das deftige bäuerliche Essen. Gerhard erkundet seine neue Umgebung und macht die Bekanntschaft des Russen Philipp. Der Autor bleibt sachlich und hält Abstand, die Gefühle von Gerd erfährt der Zuschauer nicht direkt, kann sie aber nachempfinden. In „Alex“ erinnert Forster an einen Jungen, der bei der Bombardierung seines Elternhauses beide Beine verlor. Trotzdem ist er stets gut gelaunt und froh überlebt zu haben – „Glück muss man haben“. Seine Mitmenschen steckt er häufig mit seinem Lachen an. Der Abschiebung in ein spezielles Heim entkommt er dank des Einsatzes seiner Eltern sowie des örtlichen Bürgermeisters und des Ortsgruppenleiters. „Hannah“ erzählt die Geschichte eines jüdischen Mädchens in Berlin, das nach der Festnahme seiner Eltern durch die Gestapo von einem Bekannten seines Vaters in dessen Haus im Keller bis 1945 versteckt wird. Der Autor liest flüssig und fesselt seine Zuhörer, die so tief in die Geschichten eintauchen können und die Umgebung um sich herum für kurze Zeit vergessen. Während des Vortags von Forster fühlen sich die älteren Zuhörer in die eigene Vergangenheit zurückversetzt, andere fühlen sich an ihre Eltern oder Großeltern erinnert, wenn diese über ihre Kindheitserlebnisse berichten. Dadurch gelingt es Forster mit seinen Erzählungen Menschen aller Generationen anzusprechen. Für musikalische Einlagen zwischen den vom Autor vorgelesenen Passagen sorgt Michael Heid auf seiner Mundharmonika und versetzt die Zuhörer so ebenfalls in die Zeit Ende des Zweiten Weltkriegs zurück. Er spielt die Stücke „Tuxedo Junction“ (1940) und „A String of Pearls“ (1941) mit denen der US-amerikanische Jazz-Posaunist Glenn Miller und sein Orchester große Erfolge feierten. Zu Heids Repertoire gehört auch das Lied „Senitmental Journey“ eingespielt vom Orchester von Les Brown und gesungen von Doris Day. Es wurde 1945 ein Nummer-eins-Hit und war die inoffizielle Hymne der heimkehrenden amerikanischen Soldaten. Birgit Heid vom Literarischen Verein der Pfalz moderiert den Abend. Gerd Forster wurde 1935 in Ludwigshafen geboren. Heute lebt der Autor im Landkreis Kaiserslautern und in Berlin. Er studierte Musik und Germanistik in Heidelberg. Danach war er als Gymnasiallehrer tätig. Seit 1973 hat Forster mehrere Publikationen veröffentlicht, darunter Gedichte, Erzählungen und Romane. 2007 erhielt er für seinen Gedichtband „Fliehende Felder“ den Preis Buch des Jahres (Rheinland Pfalz).

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