Kultur Südpfalz Euphonium und Vogelgezwitscher

Zerstörung, Schrecken, Wut: Musikalisch findet der Krieg bei Pianist Wenzel Gummer Ausdruck.
Zerstörung, Schrecken, Wut: Musikalisch findet der Krieg bei Pianist Wenzel Gummer Ausdruck.

Der Treffpunkt der KuSo-Eröffnung war im Innenhof des Hufeisens und die Besuchergruppe ließ sich von Chupchik auf die kommenden Ereignisse einstimmen. Chupchik spielt einen wilden Mix aus Balkan, Klezmer, Gipsy und Swing. Die Musiker kombinieren virtuos ihre ganz unterschiedlichen musikalischen Ideen zu einem neuen, unverwechselbaren Ganzen. Ihre besondere Liebe gilt der Musik der Roma und Klezmorim, die sie mit Sinti-Jazz verbinden. Energiegeladene Tanzstücke wechselten sich ab mit melancholischen Balkan-Balladen. Dann war es an der Zeit, sich auf den Weg durch die Festungsgänge zu machen. An der ersten Station erwartete die Besucher die Violinistin Ulrike Stortz, die als Solistin unterwegs ist und zudem in diversen Ensembles, darunter das Sinfonieorchester des Süddeutschen Rundfunks und das Staatsorchester Stuttgart, mitspielt. Zum Thema Industrie nahm sie sich der Wiederholbarkeit und Reduktion an anhand der 17 Etüden von Enno Poppe, wobei sie die 17 mal 17 Variationen über zwei Töne anspruchsvoll und eindrucksvoll vortrug. Zu den 298 Veränderungen, die das Zweitonmotiv erfuhr, gehörten auch Kratzgeräusche, Doppelgriffpassagen und Kantilenen, die ihren Beitrag leisteten zur Farbigkeit im Kleinen. Danach war ein Stück von dem jordanischen Komponisten Saed Haddad zu hören, das in der Endphase mit einem Bolero-Rhythmus aufwartete. Die drei Vollblutmusiker des Johannes Krampen Trios haben ihre gemeinsame Vorliebe für die Erarbeitung herausragender Werke entdeckt. So entstehen regelmäßig Stücke, die einen ganz neuen Sound definieren, Symphonic Chamber Pop, mit Arrangements voll mitreißender Klangfarben, Grooves und Melodien auf höchstem Niveau. Johannes Krampen, klassischer Violinist, ist neben seinen klassischen Auftritten auch mit Bands und Solokünstlern auf der Bühne. Uwe Metzler, Pop/Rock-Gitarrist ist bekannt durch Tourneen mit Künstlern wie Lou Vega, Sarah Brightman, Katja Ebstein und Anne Wylie. Henrik Mumm, Bassist, Cellist und Dozent an der Hochschule für Musik Stuttgart, liebt die Verbindung von Jazz mit ausländischen Musikkulturen, was ihm mit Künstlern unterschiedlichster Länder von USA bis Afghanistan zusammenbringt. Sie spielten die Filmmusik von „Das Boot“, eine umwerfende Version, die mit dem Knarzen des Schiffsrumpfs im Meer beginnt. Dann klingt das Motiv auf und schafft eine herrliche Atmosphäre, wonach bewegende, rhythmische Phasen und ruhige, melodische einander abwechseln. Um Industrie und Zerstörung in einer anderen Version ging es bei dem Klaviervortrag von Wenzel Gummer. Nach seinen Studien in Würzburg, Bari und Saarbrücken leistet er zurzeit als Musiker seinen Militärdienst in der Germersheimer Festung ab. Im kleinen Konzertsaal spielte er aus Prokofievs erster Kriegssonate den finalen Akt. Musik, in der Krieg, Schrecken und Wut ihre Spuren hinterlassen haben, schroffe Themen, darunter ein Marschmotiv, unnachgiebige Rhythmen, eine düstere, beklemmende Stimmung. Schnelle, teilweise wilde Passagen, in denen es drunter und drüber geht, die linke Pianistenhand über die rechte kreuzt. Ein Stück, von Gummer bravourös gespielt, das den Pulsschlag des 20 Jahrhunderts bringt. Wie gemütlich dagegen die Duette für Euphonium und Tuba! So erklingt dann auch „Probier`s mal mit Gemütlichkeit“, ein guter Ratschlag seit der Industrialisierung. Aber auch die gemütlichen Spieler, Robert Nelkenstock und Lukas Steup, lassen nicht von Titeln, die mit der Kriegsindustrie verknüpft sind oder sich verknüpfen lassen: Invention (Erfindung) Nr. 8 von Bach, der Konzertmarsch „Arsenal“ und am Schluss, zur Freude des Publikums, Starwars, der Soundtrack zum Krieg der Sterne. Erquicklich war Timo Brunke mit seiner Sprachkunst. Industrie verbindet er mit Beschleunigung und kleidet dies unerwartet in eine Ode an seine Geliebte. Sie ist ein Spitzenerzeugnis der Kraftfahrzeugindustrie, ein Sportwagen, den er personifiziert bei gleichzeitiger Betonung, dass es doch nur eine Maschine sei. Er schwärmt von der körperlichen Annäherung, „nähere ich mich deinem Lack und Chrom“, lobpreist die Einzelteile des Wagens, als spräche er über die Körperteile einer Frau. Er ist völlig „turboisiert“. Der Einstieg ins Auto wird wie ein Liebesakt geschildert, das Motoraufheulen ist gleichsam ein Lustschrei. Koseworte fallen, „mein Fernstraßentopas“, es entstehen Gefühle in der Magengrube – Schmetterlinge im Bauch? Die Fahrt ist wie ein Flug.

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