Rheinpfalz „Es geht immer um die beste Lösung“

Kaiserslautern. Der Ingenieurberuf ist einer der kreativsten überhaupt, sagt Professor Karl-Heinz Helmstädter. Im Fachbereich Angewandte Ingenieurwissenschaften der Hochschule Kaiserslautern soll dem Rechnung getragen und der Erfindungsreichtum bei der Ausbildung gefördert werden, erläutert der 57-Jährige im Gespräch mit Redakteurin Sabrina Zeiter.

Kreativität ist nicht unbedingt eine Eigenschaft, die man gleich mit einem Ingenieur verbindet, wohl eher mit einem Künstler. Woran liegt das?

Oft wird nicht wahrgenommen, dass die ganze Technik, die man benutzt, auch von jemandem erfunden worden ist. Ein Grund liegt zudem darin, dass Kreativität im Ingenieurberuf in der Öffentlichkeit relativ wenig thematisiert wird. Wie wichtig ist Kreativität für einen Ingenieur? Das hängt davon ab, in welchem die Ingenieure tätig sind. Rund 50 Prozent arbeiten in der Entwicklung und Konstruktion. Für die ist Kreativität eine wichtige Eigenschaft, eine wichtige Kompetenz, die sie haben sollten. Auch die anderen 50 Prozent haben oft indirekt mit der Produktentwicklung zu tun. Neben der Kreativität spielen zudem Geduld und Ausdauer eine große Rolle: Viele Ideen scheitern daran, dass Leute nicht lange genug durchhalten. Zudem dauert es bis zu vier Jahre von der Idee bis zu deren Markteinführung einer neuen Maschine. Warum wird potenziellen Ingenieuren nicht in Sachen Kreativität auf den Zahn gefühlt, bevor ihr Studium beginnt? Das ist schwer zu testen. An der Hochschule werden aber die Studierenden im Bachelorstudiengang Maschinenbau früh damit konfrontiert, eine neue Maschine entwickeln zu müssen. Dann können sie für sich herausfinden, ob sie eine kreative Begabung haben und später in die Produktentwicklung gehen oder in einem Bereich arbeiten wollen, in dem Erfindungsreichtum nicht so wichtig ist. Kann man lernen, kreativ zu sein? Dass man das lernen kann, würde ich nicht sagen. Aber es gibt Methoden, mit denen man die Kreativität massiv steigern kann. Zum Beispiel? Ein erster Schritt besteht darin, viel Wissen zu haben. Je mehr man im Vorfeld weiß, desto eher fällt einem etwas ein. Also sammelt man zuerst einmal Infos und schaut, ob man darauf aufbauen kann. Das ist die konventionelle Methode. Dann gibt es die heuristische Methode, bei der in Gruppen diskutiert und versucht wird, einen Ansatz zu finden. Außerdem kann man analytisch-systematisch mit der diskursiven Methode vorgehen. Wenn zum Beispiel ein Antrieb für etwas gefunden werden muss, kann zunächst geschaut werden, welche physikalischen Prinzipien es gibt, um Kraft zu erzeugen. Dafür existieren Konstruktionskataloge, und man kann prüfen, wie man das für den bestimmten Fall umsetzen kann. Ingenieure müssen aber beachten, dass es bei der Konstruktion von Maschinen nicht nur um eine, sondern immer um die beste Lösung geht. Ansonsten wird man von der Konkurrenz überholt. Wie spielt das bei der Ausbildung an der Hochschule eine Rolle? Im Bachelorstudiengang Maschinenbau steht in dem Fach Konstruktionsmethodik zunächst eine Vorlesung an, bei der grundsätzliches Wissen rund um die Produktentwicklung vermittelt wird. Dabei geht es auch um Kreativitätstechniken. Im Folgesemester muss in kleinen Gruppen in einer Hausarbeit die Grundidee für eine Maschine erarbeitet werden, wobei nach den Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure vorgegangen wird: Viele Einzellösungen sollen zum komplexen Ganzen führen. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen? Eine der letzten Aufgabenstellungen war zum Beispiel eine Positioniereinrichtung für einen 3-D-Drucker. Im Masterstudiengang Maschinenbau/Mechatronik wird das Thema noch ausführlicher behandelt. Auch hier ist eine neue Maschine zu entwickeln, doch erstreckt sich hier die Aufgabe von der Idee bis hin zum Entwurf als Computermodell und zu Vorschlägen zur Markteinführung.

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