Rheinpfalz Ein allerletztes Nutellabrot

DONSIEDERS. Die Feststellung des französischen Schriftstellers Nicolas Chamfort „Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat“ kann Klaus Hüther nur unterstreichen. Hüther, besser bekannt als „Es Karlche mit ’em Nutellabrot“ brachte seit 1956 die Menschen bei 400 Auftritten zum Lachen. Heute hört er auf. Mit 77 Jahren bleibt der gefragte Opa aber im „närrischen Unruhestand“.

Klaus Hüther, gelernter Groß- und Einzelhandelskaufmann, mit 63 in Rente gegangen, wurde 1937 geboren. Er zählt zu den Urgesteinen der heimischen Fasnacht. Mit neun Gleichgesinnten gründete er 1956 den Carnevalverein Donsieders (CVD). Ausgangspunkt war der Besuch einer Prunksitzung in Waldfischbach. Dort gefiel es der Delegation aus Donsieders so gut, dass sie befanden: „So etwas könnten wir auch machen.“ Noch im gleichen Jahr wurde ins Gasthaus Griesbaum zu einer närrischen Kappensitzung mit kleinen Auftritten eingeladen. „Das hat so gut funktioniert, dass wir danach sofort beschlossen, im kommenden Jahr eine Prunksitzung im Gasthaus Bossung anzubieten.“ Zuvor machten sie jedoch Nägel mit Köpfen: Der Carnevalverein Donsieders wurde gegründet. Damals stieg der 20-Jährige noch nicht als „Karlche“ in die Bütt. „Ich nannte mich de Bubber vunn de Dell.“ Doch auch die Idee zur fiktiven Person „Karlche“ wurde in Waldfischbach geboren. Dort war nämlich jemand als Karlche mit einem Schulranzen aufgetreten. Das gefiel Hüther. Aber er wollte noch ein besonderes Markenzeichen. Seine Frau Henriette erfand das lange Brot, mit dem er seitdem auf die Bühne marschiert. Sie bestrich es direkt vor seinem Auftritt mit Butter und Ladwerg. Der Elferrat nahm dann das Ladwergbrot vom „Karlche“ entgegen, „und bis ich mit meiner Büttenrede fertig war, hatten die das Brot aufgegessen“, erinnert sich Hüther. Und so trat er einige Jahre als „Karlche mit dem langen Brot“ auf. Manfred Roschy, ein guter Bekannter, fertigte ihm eine „Brotschachtel“ an. Die Maße: 45 auf 13 Zentimeter. So konnte seine Ehefrau das Brot zuhause fertig bestreichen, es wurde in die Schachtel gelegt und ab ging’s zum Auftritt. Später kam anstatt Ladwerg die Schokoladencreme Nutella drauf. Seitdem wird er als „es Karlche mit dem Nutellabrot“ oder „de Schulbub Karlche mit ’em Nutellabrot“ angekündigt. Das Brot ist 45 Zentimeter lang, 15 Zentimeter breit und wiegt etwa zwei Pfund. Ein Brot mit diesen Ausmaßen lässt er sich stets auf Bestellung backen. Doch ein Brot alleine macht noch keinen guten Auftritt. So trägt er über das ganze Jahr Witze aus allen möglichen Veröffentlichungen zusammen. Sie werden ausgeschnitten und in einer Schachtel gesammelt. Ab November heißt es dann: zusammensetzen. Bis Neujahr müsse die Rede fertig sein. „Der härteste Kritiker meiner Büttenrede ist immer meine Frau. Davor und danach“, verrät Hüther lachend. Und nicht nur er hat vor jedem Auftritt heute noch Lampenfieber, sondern auch seine Frau fiebert mit ihm. Sie ist bei fast allen Auftritten dabei. Seine weiteste Reise zu einem Auftritt führte ihn nach Bobenheim-Roxheim bei Frankenthal. Am liebsten erinnert er sich aber an einen Auftritt in Rammelsbach: „Da sagte ich zu meiner Frau, vor so einem Publikum würde ich jeden Tag in die Bütt’ steigen.“ Daneben reiste er durchs ganze Umland. Allein 31 Mal war er in Rodalben zu Gast. elf Mal stand er bei der Westricher Fasnacht (Wefa) auf der Bühne. „Andere Menschen zum Lachen zu bringen und ihnen Freude zu machen – gibt es etwas Schöneres?“, fragt Hüther, der am 26. Februar 78 Jahre alt wird und ins zweite Narrenglied zurücktritt. „Irgendwann muss man sagen, es reicht jetzt. Man merkt selbst, dass die Figur, es Karlche, der Schulbub mit dem Ranzen, nicht mehr passt, veraltet ist“, gesteht der Senior. Und so steigt Hüther heute Abend in Bruchmühlbach ein letztes Mal mit seinem Nutellabrot in die Bütt. Ein bisschen Wehmut sei schon dabei, gibt Hüther zu. „Ich habe immer noch das Bedürfnis, dabei zu sein, dazu zu gehören.“ Daher bleibt er auch im Elferrat des CVD. Und dank seines 19-jährigen Enkels, Dorian Memmer, tritt ein Familienmitglied in seine Fußstapfen. Mit ihm führte er auf der Bühne bereits „Zwiegespräche“ als Opa und Enkel. In diesem Jahr trat Memmer erstmals alleine auf, natürlich nicht ohne ein paar Tipps von seinem Opa. Wenn der Ur-Fasnachter den Wandel bei den Prunksitzungen betrachtet, bewundert er besonders jene Dörfer, die ihre Narrenschau mit vielen Eigengewächsen bestreiten. Und bei denen die närrischen Einsätze „fer umme“ sind. „Ich habe fast 400 Auftritte gehabt, aber niemals etwas dafür genommen, das war mir die Fasnacht wert,“ sagt Hüther stolz auf sein ehrenamtliches Engagement in Sachen Fasnacht.

x