Rheinpfalz Ehrabschneidung oder Machtkampf?

AfD-Landes- und Fraktionschef Uwe Junge (59) wehrt sich in einem Zivilprozess vor dem Amtsgericht Mayen gegen ein Gerücht, das ein Germersheimer im sozialen Netzwerk Facebook verbreitet hat. Junge wird darin ein außereheliches Verhältnis unterstellt. Das ist die Spitze eines Eisbergs, darunter tobt im Vorfeld der Listenaufstellung für die Bundestagswahl ein innerparteilicher Machtkampf.

MAYEN. Aktueller Anlass ist die Bewerbung von Nicole Höchst (46) aus Speyer um die AfD-Direktkandidatur für die Bundestagswahl im Wahlkreis 208 Neustadt/Speyer. Die ausgebildete Lehrerin, die seit 2009 in der Lehrerfortbildung am pädagogischen Landesinstitut tätig ist, wird sich am 15. Dezember bei der Wahlkreiskonferenz in Schifferstadt zur Wahl stellen – gegen den Bad Dürkheimer Wolfgang Kräher. Nach den Worten des Speyerer AfD-Kreisvorsitzenden Benjamin Haupt wird Höchst auch für den Listenplatz eins der Landesliste gehandelt, die am 4. und 5. März auf dem Parteitag aufgestellt wird. Parteichef Uwe Junge unterstützt Höchst, die bisher noch kaum öffentlich für die Partei in Erscheinung getreten ist. Aber sie führt auf Bundes- wie auf Landesebene den Fachausschuss „Land des Geistes“. „Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich Frau Höchst schätze“, sagt Junge. Dass ihm aber ein Verhältnis mit der vierfachen alleinerziehenden Mutter nachgesagt wird, entbehre jeder Grundlage. Genau das hat ein Mann aus Germersheim auf der Facebook-Seite des Landesverbands behauptet. Der zwei DIN-A-4-Seiten lange Text, in dem die Art der Ämterbesetzung in der AfD kritisiert wird, ist inzwischen gelöscht. Er fühle sich verleumdet, sagt Junge. „Ich bin seit 31 Jahren glücklich verheiratet.“ Auch Höchst weist das Gerücht entschieden zurück. „Es ärgert mich, weil dadurch Frauen diskreditiert werden, die hart arbeiten“, sagt sie. Dass Junge anders als Höchst vor Gericht gegangen ist, begründet er mit der „innerparteilichen Hygiene“: „Ich möchte nicht, dass im Landesverband eine solche Kultur um sich greift.“ Im Kern werde unterstellt, dass durch persönliche Beziehungen Karrieren ermöglicht würden, sagt Junge. Genau das kritisiere die AfD bei den etablierten Parteien, die er „Altparteien“ nennt. Für die AfD nehme er in Anspruch, dass sich bei der Auswahl des Personals Kompetenz durchsetze. Er halte es jedoch für legitim zu sagen, wen er für geeignet halte. Entscheidungen treffen die Mitglieder. Der Autor des Gerüchts sei nicht einmal Parteimitglied, sagt Junge, er habe aber offenbar Verbindungen zu bestimmten Mitgliedern einer innerparteilichen Gruppe. Der Speyerer Kreisvorsitzende Haupt, der als Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Landtag arbeitet, spricht von „Querulanten“. Aus der Pfalz gibt es Beschwerden, Junge führe „zentralistisch“. Von einer „Dominanz aus dem Norden“ ist die Rede. Dabei habe die Pfalz mehr Mitglieder und dort seien die meisten Wählerstimmen bei der Landtagswahl geholt worden. Er halte nichts vom festgelegten Regionalproporz, sagt Junge. Im Ergebnis sei es nicht so, dass der Landesnorden dominiere. Zu Junges innerparteilichen Kritikern gehört die stellvertretende Landesvorsitzende Christiane Christen aus Harthausen (Rhein-Pfalz-Kreis). Sie tritt als AfD-Direktkandidatin im Bundestagswahlkreis 207 (Ludwigshafen/Frankenthal) an. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass das Gerücht so die Runde macht“, sagt Christen zu Junges Gang vor Gericht. Dem Thema sei so mehr Aufmerksamkeit geschenkt worden, als die Sache wert sei. Der Mayener Richter Peter Marhöfer macht Junge wenig Hoffnung auf Erfolg. Das Gerücht sei im Kontext der Kritik an der Besetzung von Ämtern weniger ein persönlicher Angriff als vielmehr Teil einer innerparteilichen Auseinandersetzung. Hätte Nicole Höchst den Antrag gestellt, sähe es wohl anders aus, sagt Marhöfer. Die Entscheidung des Gerichts fällt am 16. Dezember. Einwurf | kad/pse

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