Rheinpfalz Die Milch macht’s

Milch ohne Ende und freies Unternehmertum heißt es seit 1. April für die Milchbauern. Die EU-Milchquote ist gefallen, der globale Markt diktiert nun die Spielregeln. Sowohl der Bio-Landwirt Daniel Spinner aus Mittelbach als auch die Bauernfamilie Wolf aus Dietrichingen glauben an die Attraktivität ihres Produktes, haben sich entsprechend ausgerichtet. Was also bedeutet die neue Zeit für den Direktvermarkter und den Molkereigenossen?

1984 eingeführt, setzte die Milchquote ein Stoppzeichen. Für „Butterberge“ und „Milchseen“. Weil bis dahin die Europäische Gemeinschaft den Landwirten Milch, die sie nicht am freien Markt loswurden, zu Festpreisen abkaufte, wurde auf Teufel komm’ raus produziert. Erst die Quote wies den Ländern, heruntergebrochen auf die Höfe, Absatzmengen zu. Wer mehr produzieren wollte, musste Quote (teuer) zukaufen. „Die Milchquote war in meinen Augen nicht schlecht. Ihr Ende ist aber kein Thema für uns“, sagt Daniel Spinner, Bio-Milchbauer vom Lindenhof und Geschäftsführer der Bliesgau-Molkerei in Ommersheim. Fünf saarpfälzische Bio-Bauern gründeten sie 2005, um ihre Milch zu einem fairen Preis in der Region direkt zu vermarkten. Großabnehmer sind die Lebensmittelhändler Globus, Wasgau AG, Edeka und Großküchen, Kleinabnehmer etwa Hof- und Naturkostläden. Spinner: „Wir haben eine treue Kundschaft, die den Preis akzeptiert.“ Ganz gegen den Trend der konventionell erzeugten Milch sei der Biomilchpreis nahezu stabil geblieben. Man habe damals „einen Nerv in der Gesellschaft“ getroffen. Die Nachfrage nach Produkten aus Biomilch steige. Immer mehr Verbraucher wollten offenbar sichere Lebensmittel von Höfen, die sie auch kennen. Daher würde die Saarpfälzische Bio-Höfe GmbH gern noch mehr Bio-Milch bei Betrieben einsammeln. Sieben sind es inzwischen. Die Umstellung auf einen anerkannten Bio-Betrieb dauere allerdings zwei Jahre, erläutert der Landwirt vom Lindenhof. Ein Überangebot und damit verbunden ein Preissturz – von einem Rekordniveau auf zum Teil unter 30 Cent pro Kilogramm Milch wie zurzeit bei den konventionell erzeugenden Betrieben – sei im Biobereich nicht festzustellen. Der Milchauszahlungspreis liege über alle 35 deutschen Bioland-Molkereien gesehen bei über 45 Cent. Für Uwe Bißbort, Kreisvorsitzender des Bauernverbands Pirmasens-Zweibrücken, bringt das Ende der Milchquote neue Chancen für die Landwirte. Dass die Kontingentierung den Milchpreis nicht stabilisieren konnte, habe sich drastisch 2009, im Jahr des „Milchstreiks“, gezeigt. „Für aktive Bauern hat die Milchquote nichts gebracht“, ist der Windsberger überzeugt. „Sie haben für teures Geld Quote kaufen müssen.“ Eine Reihe von Landwirten habe die Tierbestände vergrößert, die Milchleistung gesteigert und moderne Ställe gebaut. „Daher sehe ich die Zukunft nicht kritisch“, sagt Verbandsvertreter Bißbort. Als Schweinebauer habe er gelernt, mit schwankenden Preisen umzugehen. Dies stehe den Milchbauern noch bevor. Einem zu dichten Sicherheitsnetz, wie es von manchen Landwirten und auch einigen Politikern gefordert wird, steht er skeptisch gegenüber. Der Bauernvertreter weiß aus Erfahrung: „Das Tal der Tränen wird dadurch länger.“ Es gehe heutzutage nicht mehr so, dass man der Dinge, die da kommen, harre. So würden in Zukunft größere Betriebe ihren Milchpreis – ähnlich wie bei Ölsaaten und Getreide – über die Warenterminbörse absichern, um mittel- bis langfristig kalkulieren zu können. „Das System funktioniert noch nicht. Es kommt aber mit Sicherheit.“ Dies sieht auch Junglandwirt Christoph Wolf so. Das Prinzip der Warenterminbörse sei einfach. Der Kontrakthandel als reines Papiergeschäft für alle Waren, die auf dem freien Markt existieren, schaffe Markttransparenz. „Die Preisabsicherung an der Börse ist mehr als reines Risikomanagement“, sagt der Unternehmer. Man gebe die Milch zwar in die Hände von Spekulanten, aber spekulatives Kapital sei der Schmierstoff der Terminbörsen. Der 26-Jährige hat nach seinem Agrarstudium einen Milchviehbetrieb in Kleinsteinhausen übernommen, wo er mit seiner Frau rund 60 Kühe melkt. Auf dem Birkwieserhof in Dietrichingen melken die Eltern weitere 80 Kühe. Bereits 2012 fiel der Entschluss, die beiden Herden dort zusammenzuführen und durch Um- und Anbau einen Stall für 220 Milchkühe zu errichten. Verbesserungen beim Kuhkomfort und Effizienzsteigerungen seien die Hauptgründe für das Unterfangen. „Die Optimierung stand bei uns an erster Stelle. Das Quotenende war zweitrangig“, erklärt der Milchproduzent. Den Kuhbestand wollen die Wolfs ausschließlich über die eigene Nachzucht aufbauen. In der neuen Produktionsstätte wird ein Innenmelkerkarussell mit 32 Plätzen den größten Platz einnehmen. 2016 soll es sich in Bewegung setzen. Der neue Güllebehälter mit einer Lagerkapazität für über neun Monate und die neuen Fahrsilos lassen die Dimension des künftigen Stalls erahnen. Für Senior Wilfried Wolf bedeutet das Ende der Milchquote eine Enteignung. Das System habe die Landwirte bundesweit einige Milliarden Euro gekostet. Viel Kapital sei für Quotenzukauf oder -pachtung – das heißt für die Erlaubnis, mehr Milch melken zu dürfen – gebunden worden. „Es stand so für notwendige Investitionen nicht zur Verfügung“, kritisiert der Landwirt. Den Wolfs ist es vor der Liberalisierung des Milchmarkts nicht bange. Sie glauben, dass die Grünlandregion Zweibrücker-Land hinsichtlich der Erzeugung von Qualitätsmilch weltweit konkurrenzfähig ist. Vorausgesetzt, man habe den größten Kostenblock – die Futterkosten – im Griff. Noch liefern die Bauern der Region die Milch zu „ihrer“ genossenschaftlich strukturierten Hochwald-Molkerei (Thalfang). Diese sieht sich laut Hauptgeschäftsführer Karl-Heinz Engel für die Zukunft aufgrund ihrer verschiedenen Vermarktungslinien gut positioniert. 2014 hatte das Unternehmen im Vergleich zu 2013 ein Umsatzplus von sechs Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro zu verzeichnen. Im Saarland liefern inzwischen aber mehrere große Milchkuhbetriebe nach Ablauf der zweijährigen Kündigungsfrist ihre Rohmilch nicht mehr an Hochwald. Über die eigene Milcherzeugergemeinschaft (MEG) geht sie an die Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft. Das Handelsunternehmen, das nach eigener Angabe 100 Lkw täglich auf den Straßen hat, gibt seinerseits die aufgekaufte Milch an verschiedene Abnehmer wie beispielsweise Speiseeishersteller und Molkereien weiter. Gespräch unter den Milchbauern ist: Demnächst soll eine Pfalz-MEG gegründet werden.

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