Kultur Südpfalz Dicke Kinder geben Gummi

Die Band als permanente Baustelle – immer neu, immer anders, immer gut: die Dicken Kinder.
Die Band als permanente Baustelle – immer neu, immer anders, immer gut: die Dicken Kinder.

Mit den Dicken Kindern hatten die Organisatoren auf ein sicheres Blatt für gute Unterhaltung gesetzt. Über die Jahre hinweg haben sie sich mit ihren Auftritten bewährt. Und aufgrund ihrer internen Struktur kommt nie Langeweile auf: bei Band wie bei den Zuhörern. Die Dicken sind keine konventionelle Band, sondern ein Pool von rund 90 Musikerinnen und Musikern. Bei jedem Auftritt muss sich die Besetzung erst neu zusammen finden. Da alle Kinder auch in andere musikalische Projekte involviert sind, ist Gründer und Chef Chris Becker oft wenige Tage vor einem Event noch nicht ganz sicher, wer bei der nächsten Show neben ihm auf der Bühne stehen wird. Diesmal versammelte der Sänger und Kapellmeister die Vokalisten Ira Diehr, Jessica „Jazzy“ Simon, Mark Motzer und Chris „Waldi“ Weidemann, Gitarrist Giuseppe Sciandrone, Bassist Norbert Christ, Keyboarder Dennis Jenne, Schlagzeuger Dominic „Domme“ Steinbacher plus eine Bläsersektion bestehend aus der Saxofonistin Lena Reiser, dem Trompeter Sandor Kovacs und dem Posaunisten Heiko „Racke“ Raubach um sich. Bis diese zwölf Dicken Kinder nach einem für sie typischen fetten Intro ihre Vorstellung mit dem von Jazzy Simon gesungenen „Don’t Let Go“ gegen 20.45 Uhr eröffneten, hatte vorher der Frankenthaler Newcomer Julian Fiege eine knappe Stunde lang die Chance, sich einem größeren Publikum zu präsentieren. Seit der Frankenthaler im September 2016 bei einem Überraschungskonzert der Söhne Mannheims auf dem Marktplatz von Xavier Naidoo als Pausenfüller auf die Bühne eines Trucks geholt wurde, ist Fiege schon mehrfach in Landau aufgetreten. Die Stimmung für die Headliner kräftig anzuheizen, gelang Fiege am Freitag stellenweise sehr gut. So brachte er die Konzertbesucher mit Max Giesingers „Einer von 80 Millionen“ gleich mit seinem ersten Titel zum Mitklatschen. Mit „Asphalt“ stellte er seine Fähigkeiten als Komponist unter Beweis. Mit zunehmender Spieldauer ließ das Interesse seiner Zuhörer aber spürbar nach, und spätestens im Anschluss an „Bin ein kleiner Friesenjung’“, Otto Waalkes Version von Stings „Englishman in New York“, wollten alle nur noch Die Dicken Kinder hören. Damit hatte Fiege, auch wenn so nicht gewollt, seine Mission jedenfalls erfüllt. Die Leute in der ehemaligen Produktionshalle waren heiß auf ihre Helden und Songs wie „24k Magic“ (Bruno Mars/gesungen von Marc Motzer), „Castle on the Hill“ (Ed Sheeran/Waldi Weidemann), „Augenbling“ (Seeed/Chris Becker), „Ain’t Nobody“ (Chaka Khan/Jazzy Simon) oder „Sax“ (Fleur East/Ira Diehr). „Just Dance, Dance, Dance“ ist eine von Marc Motzer gesungene Liedzeile in Justin Timberlakes „Can’t Stop the Feeling“, eine Aufforderung, der die Zuhörer gerne Folge leisteten. Menschen aller Altersklassen bewegten sich im Takt der Musik: direkt vor der Bühne ohnehin, aber auch bis hinein in die hintersten Reihen. Das lag zweifellos an der guten Songauswahl, aber auch an den musikalischen Fähigkeiten jedes Einzelnen auf der Bühne. Was die Söhne für Mannheim, das sind die Dicken Kinder in ihrer Bedeutung zweifellos für die Südpfalz. Ihre Musik weiß sogar die Polizei zu schätzen, die irgendwann vor Ort auftauchte und in aller Form und Höflichkeit um eine geringere Lautstärke bat – liegt die Fabrikhalle doch mitten in der Stadt am Nordring. Kein Problem, wie Chris Becker von der Bühne herunter verkündete, nachdem der Techniker den Volumenregler an seinem Pult ein Stückchen nach unten bewegt hatte. Sollten die 500 begeisterten Fans nun aber lauter singen als die Band spiele, könne er dafür nichts, erklärte er schelmisch. Und fast genauso kam es dann auch. Zu Nenas „Nur geträumt“ musste Ira Diehr nur wenige Zeilen anstimmen, den Rest übernahm die Menge, die sie nur noch lachend zu dirigieren brauchte. Doch der Rest des Abends verlief ohne weitere Schwierigkeiten. Höhepunkte des Konzerts waren zwei Medleys mit Pophits der 80er- und 90er-Jahre, und – alles überragend – Dua Lipas „Be the One“ mit Ira Diehr als Leadsängerin. Das von den Dicken Kindern geschnürte Paket aus Pop, Soul, R’n’B und Hip-Hop war ein Volltreffer.

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