Rheinpfalz „Das Produkt ist heilig“

Pirmasens. Sie kennen die coole Sneaker-Szene in Berlin, London und anderswo. Auch sie leben ihre Leidenschaft: die „Schuhstädtler“, die den „Turnschuh-Stammtisch“ pflegen. Aber jeden Trend machen sie nicht mit. Mit Kangaroos haben sie den „Schuhstädtler-Schuh“ erschaffen.

Ihr Geschmack ist nicht auf eine Marke festgelegt, doch zur Feier des Tages tragen sie alle das gleiche Logo am Fuß: ein hüpfendes Känguru – Zeichen der bekannten Sneaker-Marke Kangaroos, die die Pirmasenser Bernd Hummel GmbH als Hauptlizenznehmer herstellt. Es ist für die Jungs und Mädels, die sich „Schuhstädtler“ nennen, ein besonderer Tag: Sie nehmen von Designer Marco Lachner einen Schuh entgegen, der in Kooperation von Kangaroos und dem Pirmasenser „Turnschuh-Stammtisch“ entstanden ist. Gefertigt wurde der Sneaker als limitierte Linie in der neuen Manufaktur Hummel & Hummel in Münchweiler an der Rodalb. Solche Kollaborationsschuhe, im Fachjargon „Collabo-Schuhe“, fertigt Kangaroos für Modelabels oder Sneaker-Trend-Läden wie das Berliner „Overkill“. Die Schuhe werden limitiert und sind unter Sammlern heiß begehrt, berichtet Szene-Kenner Marco Lachner. So sehr, dass die begehrten Objekte auf der Internet-Plattform Ebay für schlappe 850 Euro ersteigert werden. Solche Erlebnisse verbinden auch die „Schuhstädtler“: im Kern 14 junge Männer und zwei junge Frauen zwischen 23 und 33 Jahren, die die Leidenschaft für Turnschuhe teilen. Nächtelanges Logieren vor einer Ladentür, Tages-Trips nach London, Köln oder Berlin – das gehört dazu. Er sei schon als Schüler mit dem Zug von Pirmasens nach Köln zu einer Sneaker-Ausstellung gefahren, erzählt ein Endzwanziger. Für die Jungen war das damals keine große Frage. In Pirmasens, sagen etwa Florian und David, habe man eben keine Schuhe kaufen können, sondern habe ohnehin in andere Städte fahren müssen. David und Florian sind „90er-Jahre-Kids“, Vertreter einer Generation von Turn- und Basketballschuh-Trägern. Für David hat auch seine Mutter ihren Anteil daran. Die habe in einer Schuhfabrik gearbeitet. Florians Großeltern hatten mit Schuhen zu tun, bei Claudia und Marc war eine Oma in der Schuhfabrik, der Vater arbeitet als Ledereinkäufer. „Ich weiß, was ein guter Schuh ist“, bestätigt die 26-Jährige, die als Kreditmanagerin bei einer Bank arbeitet. Manche kennen sich zwar aus Schülerzeiten, Freundschaften entstanden jedoch erst später über das gemeinsame Hobby. Man traf sich immer wieder, fachsimpelte, erzählte. So kamen auch „Auswärtige“ hinzu; und Pirmasenser, die weggezogen sind, hielten den Kontakt. Heute reicht der Radius von Mannheim über Kaiserslautern, Mainz und Trier bis hinauf nach Köln. Im Juli 2012 gründeten die Schuh-Liebhaber ihren Stammtisch: den Turnschuh-Stammtisch „Schuhstädtler“. Einmal im Monat treffen sie sich in Pirmasens im „Bierfässl“ zum Essen, zum Anstoßen und zum Erzählen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Schuhe, sondern auch um Klatsch und Tratsch aus der Heimat, um Privates und Persönliches – was Freunde eben so bereden. Treffen wollen sie sich, weil sie nicht nur per Internet miteinander kommunizieren wollen, sagen sie. Und ihre Runde haben sie ganz bewusst „Turnschuh-Stammtisch“ genannt. Denn „Sneaker-Stammtische“ gebe es heute in jeder deutschen Metropole. Aber nur ihr Stammtisch habe seine wahre Berechtigung, denn: „Wir sind aus der Schuhstadt.“ Damit wollen sie sich absetzen von allzu abgehobenen Sneaker-Freaks. Klar, auch sie jagen ihren Schuhen hinterher, haben zumeist ein paar hundert Exemplare zu Hause. Auch sie geben zuweilen viel Geld dafür aus – dreistellige, sogar vierstellige Beträge. Ihre Leidenschaft hat dennoch Bodenhaftung: „Wir tragen unsere Sneaker nicht im Rucksack spazieren“, formuliert es Claudia. Den Schuhstädtlern ist das Produkt etwas wert. Deswegen haben sie sich auch für ihren Stammtisch eigene Schuhe aus der Heimat gegönnt – ein Novum in der Turnschuh-Welt. Entworfen wurden sie als zeitlose Kangaroos-Sneakers, gefertigt in der Schuhmanufaktur Hummel & Hummel in Münchweiler. Mit eigenem Logo und weiteren Besonderheiten, die erst Ende Januar vorgestellt werden. Zu kaufen gibt es diese Auflage aber nicht. Und „verticken“ auf Ebay ist für die Stammtischler strengstens verboten – unter Androhung des ewigen Ausschlusses vom einzigen Pirmasenser „Turnschuh-Stammtisch“. (tre)

x