Rheinpfalz Dachdecker auf dem zweiten Bildungsweg

Marco Kölsch hat für sich ganz persönlich Großes geschafft. Der 30 Jahre alte Pirmasenser hat die Externenprüfung im Dachdecker-Handwerk vor der Handwerkskammer in Kaiserslautern bestanden. Er ist so etwas wie ein Dachdecker auf dem zweiten Bildungsweg. Die Externenprüfung ist die Möglichkeit, aus schon älteren Ungelernten Facharbeiter zu machen.

„Ich habe immer davon geträumt, den Berufsabschluss zu machen. Ich wollte, dass meine Kinder zu mir aufblicken, ich wollte ihnen ein Vorbild sein“, erzählt Kölsch von seiner Motivation, noch mal die Schulbank zu drücken. Als Jugendlicher habe er die Schule abgebrochen und gearbeitet, als sein Vater krank und das Geld knapp geworden war. Unter anderem als Helfer in Dachdeckerfirmen habe er sich Fachkenntnisse angeeignet, so dass er nach einem viermonatigen Intensiv-Vorbereitungskurs in Vollzeit im Bundesbildungszentrum Mayen seinen langgehegten Wunsch in die Tat umsetzen konnte. Jetzt will er auch den Meisterbrief erwerben. Anfänglich sei ihm etwas mulmig gewesen, nach so langer Zeit wieder die Schulbank zu rücken. Doch dann sei er stolz auf sich gewesen. Seine Familie und Freunde hätten ihm den Rücken gestärkt und auch Tipps bei den Rechenaufgaben gegeben. Sein Arbeitgeber, die Dachdeckerei Korn-Brenner in Lemberg, habe ihn freigestellt und den Lohn weitergezahlt. Die Agentur für Arbeit habe aus einem Förderprogramm Lohnkosten-Zuschuss sowie Übernachtungs- und Fahrtkosten beigesteuert. Sein Chef Dieter Korn-Brenner lobt: „Ich würde ihm zutrauen, den Betrieb weiterzuführen.“ Kölsch werde schon als Altgeselle und Vorarbeiter angesehen. Für Frank Bixler, Qualifizierungsberater der Handwerkskammer, sind Menschen wie Marco Kölsch wichtig. Als Vorbilder. „Es ist nie zu spät für einen Berufsabschluss“, gibt Bixler Ungelernten eine Anregung. Seit April laufe das Projekt der Handwerkskammer „Nachqualifizierung in der Pfalz“, das vom Wirtschafts- und Sozialministerium gefördert und von der Agentur für Arbeit unterstützt wird. Ziel ist es, Erwachsene ohne verwertbaren Berufsabschluss in den Betrieben nachzuqualifizieren, um den Fachkräftebedarf zu decken. Für Interessierte werde ein individueller Qualifikations- und Finanzierungsplan erarbeitet, der Handlungskompetenzen und Qualifikation berücksichtigt. Für jeden werde ein passender Kurs gesucht, die Kurse orientierten sich am Bedarf der Betriebe. Man müsse sich nur zu fragen trauen, betont Bixler. Es würden Beschäftigte wie Arbeitslose, gänzlich Ungelernte und Zuwanderer gefördert. Es sei auch eine Umschulung möglich oder sogar ein Kursprogramm, bei dem der Teilnehmer nur wochenweise vom Betrieb weg sei. Dann dauere die Qualifizierung eben länger. Die Resonanz sei sehr gut, das Projekt erfolgreich, berichtet Bixler. Mit Blick auf demografische Entwicklung und Facharbeitermangel in der Region wolle man damit die „stille Reserve“ aus den eigenen Reihen der Mitarbeiter erschließen, (arck)

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