Rheinpfalz „Chemical love“-Verfahren: Mysteriöse Finanzströme seit Prozessbeginn

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Landau. Offiziell ist das in der Internet-Währung Bitcoin gebunkerte Drogengeld der „Chemical love“-Dealer beschlagnahmt. Doch die Ermittler kommen an das Vermögen nicht heran. Sie können nur zuschauen, was mit der – in Euro umgerechnet sechsstelligen – Summe passiert. So haben sie entdeckt: Seit in Landau gegen die Hintermänner des Rauschgiftversands verhandelt wird, bedient sich jemand.

Die Zimmer haben Designer eingerichtet, der Küchenchef verspricht „kleine Kunstwerke“ statt schnöder Nahrung: Der Hauptangeklagte im Landauer „Chemical love“-Prozess mietete sich immer wieder im Stuttgarter „Le Méridien“ ein, häufte dann im Edel-Hotel am Schlossgarten binnen weniger Tage fünfstellige Rechnungen an – bis er im südpfälzischen Rülzheim im gigantischen Drogen-Zentrallager seines Rauschgift-Versandhandels festgenommen wurde. Mittlerweile haben Ermittler überschlagen, welche Summen der 30-Jährige in seine Ware investiert hat. Und was er seinen Komplizen bezahlte. Und was er selbst für seinen kostspieligen Lebenswandel – er gönnte sich unter anderem einen noch immer verschwundenen Maserati – verprasst haben dürfte. Ergebnis: Die von den Polizisten auf etwa 3,5 Millionen Euro bezifferten Einnahmen aus dem illegalen Versandhandel dürften weitgehend verbraucht sein. Einen Rest des mutmaßlichen Drogengelds haben die Ermittler trotzdem entdeckt. Der allerdings ist in einer Internet-Währung gebunkert. Den Richtern in Landau sagte der für den Fall zuständige Chefermittler der Polizei in Hannover gestern: Als Beamte die Online-Dealer im vergangenen Mai festnahmen, hatten die 755 Bitcoins einen Wert von 300.000 bis 400.000 Euro, aber dank Wechselkursschwankungen hätte das virtuelle Vermögen zwischenzeitlich sogar in rund eine Million Euro getauscht werden können. Mehr als eine halbe Million Euro dürfte das Depot auch jetzt noch wert sein. Und formal hat die Staatsanwaltschaft es längst beschlagnahmt. Doch dem Staat sichern können die Ermittler das Kapital trotzdem nicht, dafür fehlt ihnen das nötige Passwort. Über ein Programm auf dem sichergestellten Rechner des Hauptangeklagten können sie lediglich zuschauen, was mit den Bitcoins passiert. Der Chefermittler berichtete: Lange geschah gar nichts, doch seit in Landau prozessiert wird, fließt wieder Vermögen ab. Dahinter könnte der mysteriöse Ober-Boss stecken, von dem der Hauptangeklagte berichtet hat. Doch der für das Verfahren zuständige Staatsanwalt Alexander Fassel hat eine andere Theorie. Er argwöhnt: Den großen Unbekannten hat der 30-Jährige nur erfunden, um sich ein wenig zu entlasten. Also geht der Ankläger davon aus, dass sein inhaftierter Hauptverdächtiger einen Mittelsmann hat, der jetzt den Rest des Drogen-Vermögens verschwinden lassen will. Doch Fassel warnte: „Wir werden verfolgen können, wohin das Geld fließt.“

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