Rheinpfalz Bürckel-Debatte neu entfacht

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Neustadt. Der Grabstein des nationalsozialistischen Gauleiters Josef Bürckel erregt weiter die Gemüter. Eine kontroverse Debatte hat es bei der Mitgliederversammlung des Fördervereins Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt gegeben. Folgende Fragen wurden aufgeworfen: Soll der Grabstein an seinen Standort auf dem Hauptfriedhof bleiben? Ist er ein Denkmal?

Eberhard Dittus, der Vorsitzender des Fördervereins, hat die Debatte entfacht. Wie berichtet, ist nach einigem Hin und Her der Grabstein um einige Meter versetzt worden. Die Steine mit Namen und Daten anderer Familienmitglieder sind umgedreht worden, sodass man die Aufschriften nicht mehr lesen kann. Dies entspreche einer Vereinbarung, die in schwierigen Verhandlungen mit den Nachkommen von Bürckel getroffen worden sei, berichtete Stefan Ulrich, Denkmalpfleger bei der Stadtverwaltung. Wunsch der Familie sei es gewesen, dass Grabstein und Grab abgeräumt würden. Die Stadt habe den Grabstein erhalten wollen, da er eine lokalhistorische Bedeutung habe und deshalb unter Denkmalschutz steht. „Ich möchte mich damit nicht zufrieden geben“, machte Dittus seinen Unmut erneut deutlich. Durch die jetzige Situation sei ein „richtiges Denkmal geschaffen worden für diesen Verbrecher“. Ulrich versuchte klarzumachen, dass ein Denkmal nicht schön, angenehm und bequem sein muss, sondern dass es Zeugnis eines geschichtlichen Ereignisses oder einer historischen Epoche sei. Von einigen Anwesenden wurde jedoch gefordert, dass der Grabstein kein Denkmal sein dürfe, da mit ihm an einen Verbrecher erinnert werde. „Man muss Feindschaft und Hass nicht über den Tod hinaus kultivieren“, hielt Albert Keil entgegen. Mehrere Mitglieder der Familie des ehemaligen Mußbachers waren von den Nationalsozialisten ermordet worden. Keil plädierte dafür, am Grabstein eine Tafel aufzustellen, die über Bürckel informiert. Eine Forderung, die auch Matthias Bahr, Professor an der Universität Koblenz-Landau, und Dittus erhoben. Mit einer solchen Tafel müsse „der historische Kontext deutlich gemacht“ und so „ein historischer Lernort“ geschaffen werden. Dem widersprachen der Lokalhistoriker Gerhard Wunder und Ulrich. Auch an anderen Denkmälern gebe es keine solcher Tafeln, insbesondere nicht an Denkmälern auf Friedhöfen. Diese seien aus Pietätsgründen nicht der geeignete Ort für Auseinandersetzungen. „Warum soll ein Einzeldenkmal über Gebühr betont werden?“, fragte Ullrich. Dittus forderte einen anderen Standort für den Grabstein, dann könne problemlos eine Infotafel aufgestellt werden. Beispielsweise im Park der Villa Böhm, in der Bürckel einen seiner Dienstsitze hatte, oder im Garten der Familie. Auf den Hinweis, dass man dies der Familie nicht zumuten könne und man akzeptieren müsse, dass sie ihre Ruhe haben möchte, entgegneten Dittus und andere Vereinsmitglieder, dass es Familien von früheren NS-Funktionsträgern gebe, die öffentlich mit ihrer Familiengeschichte umgingen. Laut Dittus arbeitet der Förderverein inzwischen mit mehreren Kooperationspartnern, wie der Polizei, der jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz, der Universität Koblenz-Landau und dem Neustadter Projekt „Jugend stärken im Quartier“, zusammen. Zudem seien erneut jene über 80 Gemeinden angeschrieben worden, aus denen die Bürger stammten, die in der heutigen Gedenkstätte inhaftiert waren. Die Gemeinden seien gebeten worden, die Namen dieser Menschen auf ihrer Homepage im Internet zu veröffentlichen. |ann

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