Rheinpfalz Autos sollen weg von den Straßen

Mannheim. Das künftige Stadtquartier im ehemals amerikanischen Benjamin-Franklin-Village bei Käfertal soll sich von anderen Neubaugebieten stark unterscheiden. Geplant ist etwas in vieler Beziehung Neues. Vorbildhaft soll das Areal hinsichtlich Verkehr und Mobilität sein. Die Planer sehen hier die Chance, neue zukunftsweisende Ideen zu erproben. Doch nicht bei allen Mannheimer Stadträten lösen diese Ideen Begeisterung aus, wie eine kontroverse Diskussion in einem Gemeinderatsausschuss gezeigt hat.

Schon länger bekannt ist, dass im neuen Stadtquartier unter dem Begriff „Blue Village Franklin“ ein ökologisches Konzept für Energieversorgung und Mobilität verfolgt wird. Ihre Pläne in puncto Verkehr für das Wohnquartier, in dem einmal 9000 Menschen leben sollen, stellte die städtische Entwicklungsgesellschaft MWSP im Herbst 2016 erstmals vor (wir berichteten). Vorgesehen ist neben den notwendigen Erschließungsstraßen ein engmaschiges Wegenetz für Fußgänger und Radfahrer. Autos sollen so weit wie möglich in Tiefgaragen geparkt werden, so dass zwischen den Gebäuden große begrünte Flächen entstehen. Straßenquerungen und öffentlicher Raum sollen im Sinn der „Inklusion“ barrierefrei ausgebaut werden. Dabei soll das Prinzip der „Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer“ gelten. Um das zu erreichen, ist im Zentrum von „Franklin“ ein „Tempo 20“-Limit im Gespräch. Eine große Rolle für die Mobilität der Bewohner soll der öffentliche Nahverkehr spielen. Geplant ist der Bau einer neuen Stadtbahnlinie ins Quartierszentrum, dazu ist der Einsatz von Elektrobussen vorgesehen. Ziel ist es, den Autobestand und die Anzahl der Fahrten im Quartier zu reduzieren. Dazu soll der Ausbau von „Carsharing“ möglichst mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen und einem Fahrrad-Leihsystem beitragen. „Es ist uns gelungen, die Investoren der großen Bauvorhaben an unserem Carsharing-Modell zu beteiligen“, berichtete Stadtplaner Klaus-Jürgen Ammer, Leiter des Projektteams Konversion, nun den Stadträten. Es sei vorgesehen, bis 2025 eine überwiegend elektrisch betriebene Flotte von 30 Carsharing-Fahrzeugen aufzubauen, an deren Finanzierung sich die Investoren beteiligen, so Ammer. Die Fahrzeuge sollen an einem zentralen Platz im Quartier, aber auch direkt in den Tiefgaragen großer Wohnanlagen verfügbar sein. Der Anreiz für die Bauunternehmen liegt offenbar darin, so die vorgeschriebene Anzahl von Stellplätzen um bis zu 20 Prozent reduzieren zu können. „Das Tempo 20 im Wohnquartier ist uns ein Dorn im Auge. Die CDU wird das nicht mittragen“, kündigte Stadtrat Carsten Südmersen Widerstand an. „Das ist ein autofeindlicher Entwurf. Die potenziellen Bewohner haben oder wollen alle ein Auto“, pflichtete ihm ML-Stadtrat Achim Weizel bei. Das Konzept der Gleichberechtigung im Verkehr werde nicht funktionieren, „ich sehe hier Chaos voraus“, meinte CDU-Stadtrat Konrad Schlichter. Reinhold Götz (SPD) beschwichtigte, dass das Tempolimit nur für Franklin-Mitte gelten solle. „Die Menschen wollen Verkehrsberuhigung, wir müssen mit heutigen Ansprüchen planen“, so Götz weiter. Die Tempo-20-Zone ist als befristetes Modellprojekt vorgesehen, das über mehrere Jahre getestet und dann bewertet werden soll. Unterdessen wird es nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats für eine neue Stadtbahntrasse in diesem Jahr einige Jahre bis zur Inbetriebnahme dauern. „Wir rechnen Ende 2017 in Franklin mit den ersten 400 Bewohnern, bis Ende 2018 mit 1400 Einwohnern“, sagte Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU). „Selbst bei optimistischer Schätzung der Fahrgäste kriegen wir das leicht hin“, sagte Specht.

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