Rheinpfalz Auto für junge Leute oft kein Statussymbol mehr

Ludwigshafen. Der Besitz eines Autos hat heute für junge Leute viel von seiner früher oft großen Bedeutung als Statussymbol eingebüßt. Das ändert allerdings nichts an der auch künftig klar dominierenden Position des Autos in ländlichen Gegenden. In Ballungsgebieten fahren dagegen gerade junge Leute zunehmend mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln – und nutzen, wenn sie ein Auto brauchen, Carsharing-Angebote.

„Neuwagenkauf wird zur Sache der Alten“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Universität Duisburg-Essen und einer der bekanntesten deutschen Automarktexperten. Laut einer Untersuchung seines CAR-Center Automotive Research, waren die Käufer eines neuen Fahrzeugs zwischen Anfang Januar und Ende Juli 2013 im Schnitt 52,4 Jahre alt. Im Jahr 1995 hatte der Altersschnitt noch bei 46,1 Jahren gelegen. „Die Jungen bleiben immer stärker weg. Eine Trendumkehr ist nicht erkennbar,“ sagt Dudenhöffer. Nur 6,9 Prozent der Neuwagenkäufer waren im Untersuchungszeitraum jünger als 30 Jahre. Der Automarktexperte macht drei wesentliche Gründe aus, warum junge Neuwagenkäufer immer seltener werden. „Erstens: Der demografische Wandel spiegelt sich im Neuwagenmarkt. Der zweite Grund: In Großstädten wird das Auto als Statussymbol für junge Menschen unbedeutender. Drittens: Es fehlt an Autos, welche die Jugend ansprechen.“ Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach spricht beim Auto von einer „Ent-Emotionalisierung“. Mit anderen Worten: Das Statussymbol von einst wird von immer mehr Menschen als purer Gebrauchsgegenstand wahrgenommen. Ähnlich sieht das auch Andreas Knie, Professor für Soziologie an der Technischen Universität Berlin und am Wissenschaftszentrum Berlin: „Der junge Mensch ist heute wesentlich pragmatischer unterwegs, er braucht das Auto nicht mehr zum Angeben, er muss seinen Status in der Gesellschaft nicht mehr mit der Zahl der Zylinder darstellen, mit der Menge der Kubikzentimeter. Das wird heute durch andere Insignien dargelegt, durch Handys, durch Formen, wie man sich kleidet, welche Musik man hört.“ Auch der Mobilitätsforscher Martin Lanzendorf von der Frankfurter Goethe-Universität hat festgestellt, dass – vor allem in Großstädten – junge Menschen seltener das Auto nutzen und später den Führerschein machen. In Fragen der Mobilität spiele sich derzeit ein „faszinierender Umbruch“ ab. In einem Vortrag auf dem Symposium „Junge Leute – Abwendung vom Auto?“ auf der Frankfurter Internationalen Automobilausstellung (IAA) im September 2013 kam der ebenfalls an der Goethe-Universität Frankfurt tätige Mobilitätsforscher Robert Schönduwe zu einem differenzierten Fazit: Bei den unter 30-Jährigen in Deutschland sei seit über zehn Jahren eine „De-Motorisierung“ erkennbar. Besitz und Nutzung von Pkw seien bei 18- bis 29-Jährigen rückläufig. Der Führerschein spiele aber weiterhin eine wichtige Rolle als Mobilitätsoption, auch wenn kein eigener Pkw-Besitz angestrebt werde. Verkehrsmittel würden immer häufiger „bedürfnisorientiert und situationsangepasst“ gewählt. Eine solche „situationsangepasste“ Verkehrsmittelwahl wird allerdings vor allem in ländlichen Gegenden wie etwa in der Westpfalz meistens oder bei vielen sogar fast immer auf das Auto fallen, auch wenn es keine Bedeutung als Statussymbol hat. Dagegen dürfte sich in Ballungsräumen die Tendenz zu einem Mix von Verkehrsmitteln verstärken, mal Fahrrad, mal Bahn oder Bus, mal Auto – und wenn das Auto nur gelegentlich genutzt wird, bietet es sich an, keines mehr zu besitzen, sondern Carsharing-Angebote zu nutzen. Auch die Autoindustrie versucht, sich diesem Trend anzupassen. Autohersteller steigen ins Carsharing-Geschäft ein, und der Daimler-Konzern baut eine verkehrsträgerübergreifende Mobilitätsplattform namens Moovel auf, in die kürzlich auch die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn (DB) integriert wurde. Die DB entwickelt mit Qixxit ein eigenes System, dass mit Moovel konkurriert. Auch der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), zu dessen Tarifgebiet die komplette Pfalz gehört, will sich nicht auf Bahnen und Busse beschränken, sondern zu einem umfassenden Mobilitätsanbieter weiterentwickeln. Ein wichtiger Schritt ist dabei die bevorstehende Einführung eines Mietfahrradsystems in Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg. Mit dem Carsharing-Anbieter Stadtmobil kooperiert der VRN schon seit Jahren. Gerade für junge Leute, die eine hohe Smartphone-Affinität aufweisen, ist das Angebot Touch & Travel, das den Ticketkauf per Smartphone erlaubt, von besonderem Interesse.

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