Rheinpfalz „Außendarstellung ist fürchterlich“

Er war nicht anwesend und sorgte doch – oder gerade deshalb – für mächtig Gesprächsstoff und Ärger: Wilhelm Matheis, der parteilose amtierende Bürgermeister, und sein Herausforderer Wolfgang Denzer regen sich unisono mächtig auf über das Motto des Mitbewerbers um das Amt an der Stadtspitze. Verbandsbürgermeister Werner Becker, der zwar CDU-Mitglied ist, wie berichtet aber als parteiloser Kandidat antritt, geht mit folgendem Motto auf Stimmenfang: „Damit es in Rodalben wieder aufwärts geht.“ Denzer und Matheis, die in den vergangenen fünf Jahren – wie beide betonen – gut zusammengearbeitet haben, kommentieren Beckers Slogan auf diese Weise: So viel wie in den letzten fünf Jahren sei in der Stadt „schon lange nicht bewegt“ worden. Beispiele fielen ihnen aus dem Stegreif etliche ein. Die Rede kam auf den bereits „30 Jahre währenden Sanierungsfall Lohnbrücke“ mit geplantem Abriss und Neubau des Bauwerks, den Abriss der Schuhfabrik Durm, den Abriss der zwei alten Häuser aus dem 18. Jahrhundert in der Pfarrstraße und die damit einhergehende Erweiterung der Parkfläche neben der Spange oder den Umbau und die Erweiterung des städtischen Kindergartens auf dem Neuhof. All diese Aktionen nannte Matheis als Beispiele für den „Sanierungsstau“, der den Handlungsspielraum der Stadt heftig einenge. Der „katastrophale Zustand der Straßen“ verursache weitere Kosten. Die Fehler seien in der Vergangenheit begangen worden, nun müssten sie die aktuell Verantwortlichen ausbügeln. Dennoch strebe die Stadt vordringliche Ziele an. An oberster Stelle, so Matheis, stehe für ihn die Erschließung des Grünbühls und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Aber, räumte er ein, die Konversion ziehe sich hin. Es sei „zermürbend, bis Ergebnisse“ erreicht würden. Da seien ein Bodengutachten und ein „Standfestigkeitsgutachten“ einzuholen, die Oberflächenentwässerung und die Abwasserbeseitigung (über den Bau eines Verbindungssammlers) zu regeln, die Wasserversorgung und der Straßenbau. Nun hoffe er, „vielleicht bis zum Herbst“ den Bebauungsplan „in trockene Tücher zu bringen“ und mit der Erschließung beginnen zu können. Auch der Bebauungsplan brauche seine Zeit, denn hierfür bedürfe es „genauer Abgrenzungen“. Bisher habe die Bundeswehr aber noch keine endgültigen Angaben über den Bedarf an Panzerhallen mitgeteilt. „Rodalben braucht Arbeitsplätze“, erklärte Matheis: „Der Stadt laufen die jungen Familien weg.“ Eine zweite Chance für Rodalben könnte sich laut Matheis auf dem Klinkenberg auftun. Auf dem früheren Kernschen Gelände über dem „Klinkenberg I“, rund 70.000 Quadratmeter groß, sollen nämlich nun doch entgegen ursprünglichen Plänen keine Wochenend- und Gartenhäuser gebaut werden. Der Investor und Eigentümer aus Mainz gedenke jetzt ein Bauvorhaben anzupacken, bei dem auch „für Rodalben etwas herausspringt“. Für darüber hinausgehende Erklärungen sei „die Zeit noch nicht reif“, sagte Matheis. Trotz aller Harmonie und eines fairen Wahlkampf gibt es auch unterschiedliche Auffassungen von Denzer und Matheis. Zwar erhebt der SPD-Kommunalpolitiker ganz und gar keine Einwände gegen Projekte, durch die Arbeitsplätze entstehen. Die Zukunft Rodalbens sieht er jedoch zuallererst als „komfortable, kleine Wohnstadt mit Wohlfühlatmosphäre“. Dafür nimmt er Anfahrten zum Arbeitsplatz in Kauf. Rodalben verfüge über Geschäfte und eine weithin geschätzte Gastronomie, über ein „intaktes Umfeld“ und Freizeitwerte bis zum ansprechenden kulturellen Angebot. Jetzt war es nur noch ein kleiner Schritt, um über Visionen zu sprechen. Denzer brachte den Bau einer Stadthalle ins Gespräch. Überlegungen dazu gab es schon vor 30 Jahren. Sie wurden damals jedoch abgelehnt. Diese Stadthalle könne zentraler Veranstaltungsort sein und lebendige „Begegnungsstätte der Generationen“. Denzer sprach des Weiteren von einer Stätte für „Pferdewanderer“ („Das ist groß im Kommen“) und Wohnmobilparkplätzen nahe der Innenstadt. Hier hielt sich Matheis zurück. Rodalben ziehe Nutzen aus Festen, die die Gemeinschaft förderten, wie das „Grünesputschefest“ und ein „intaktes Vereinsleben“, möglichst mit neuen Ideen und losgelöst von „verkrusteten Strukturen“. Matheis kündigte an, sich weiterhin mit Spendengeldern für „private Projekte“ stark zu machen, wie dies bereits geschehen sei mit dem Umbau der St.-Pius-Orgel in die Friedhofshalle und wie dies geplant ist mit der Gestaltung des Arme-Sünder-Brunnens. Dabei handelt es sich um Herzensangelegenheiten für den amtierenden Stadtbürgermeister. Er betont, dass er diese Projekte mit Spenden finanziert habe – ohne das Stadtsäckel zu belasten. Die Frage „Wo soll Rodalben in fünf Jahren stehen?“ blieb sowohl von Denzer als auch von Matheis letztlich unbeantwortet. Beide nannten lediglich Einzelvorhaben oder Ideen und Visionen, die sie haben. Denzer wetterte dafür umso deutlicher gegen die „Gängelei“ der Kommunalaufsicht bei der Kreisverwaltung. Statt „mitzuhelfen und zu entwickeln“, bremse oder verhindere sie allgemein dienliche Vorhaben. Wegen der Streichung eines Rasentraktors für 30.000 Euro habe die Kommunalaufsicht beinahe das Sportzentrum in der Lindersbach lahmgelegt, drei Vereine ruiniert und den Bestand der Schule gefährdet. Matheis äußerte sein Missfallen darüber, dass ein hoher „gut sichtbarer, hässlicher Sendemast“ gebilligt worden sei, aber Skepsis den Anbau eines Turms an das PWV-Haus zumindest blockiert habe. Das Stichwort „Gemeinschaft“ lieferte weiteren Gesprächsstoff. Denzer kündigte für den Fall seiner Wahl an, als erstes das Klima im Rodalber Stadtrat verbessern zu wollen. Er könne sich vorstellen, dass alle Fraktionen gemeinsam einen „Verhaltenskodex“ für den neuen Stadtrat erarbeiten. Trotz unterschiedlicher Meinungen und Diskussionen solle die Arbeit künftig von gegenseitigem Respekt geprägt werden. „Rodalben ist nicht schlecht“, so Denzer, „nur die Außendarstellung ist fürchterlich“. Dem widersprach Matheis nicht. Er sah den Grund hierfür hauptsächlich in „persönlichen Angelegenheiten“, die „in die Politik transportiert“ würden. Beide Kandidaten sehen sich aktuell auf der Siegerseite. Denzers Wunsch-Schlagzeile in der RHEINPFALZ am Morgen nach der Kommunalwahl heißt: „Wolfgang Denzer ist der erste gewählte SPD-Bürgermeister in Rodalben.“ Geht es nach dem jetzigen Stadtbürgermeister, soll die Schlagzeile lauten: „Wilhelm Matheis bleibt Rodalbens Bürgermeister.“ Für den Mitbewerber, der dem Gespräch fernblieb, hatten beide wenig gute Worte übrig. Matheis und Denzer bedauerten, nicht mit, sondern nur übereinander reden zu können. (ns)

x