Sportbuch Als DDR-Stürmer Sparwasser den Kaiser Franz entzauberte
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Ich weiß nicht, ob Fußball je das Schönste für mich war. Gute Bücher zu lesen oder Geschichten von Menschen zu hören, hat denselben hohen Stellenwert. Das Fußballspiel an sich sehe ich unverändert mit großer Begeisterung, egal ob Profipartien oder die Jugendmannschaft unseres Sohnes. Zu sehen, wie einzelne Spieler mit dem Fuß einen Ball streicheln, welche strategischen Züge sie voraussehen, das hat eine wahrhaftige Schönheit. Ich wünschte, ich könnte das auch bei jedem Gemälde eines großen Malers im Kunstmuseum erkennen, aber dieses Erlebnis habe ich nur bei wenigen Bildern. Beim Fußball habe ich automatisch diesen Flash: Wenn ich einen tollen Fußballer sehe, bin ich als Zuschauer nur bei ihm, dann denke ich in dem Moment an nichts anderes mehr. Ein gutes Fußballspiel zu sehen, macht mich immer noch glücklich.
Als Jugendlicher wurden Sie Hessenmeister im Trikot von Eintracht Frankfurt – allerdings als Mittelstreckenläufer. Wären Sie lieber Bundesliga-Torwart bei Eintracht Frankfurt geworden?
(Lacht.) Das ist natürlich ein Makel, nur als Leichtathlet für Eintracht Frankfurt Erfolge erzielt zu haben. Aber als Jugendlicher fand ich Laufen tatsächlich cooler als Fußball. Als 15-jähriger Fußballtorwart wollte ich nicht mehr von anderen in der Mannschaft abhängig sein, die vielleicht am Abend vor dem Spiel lange ausgingen und ihre Form nicht brachten. Dagegen war ich beim Laufen ganz alleine für meine Leistung verantwortlich. Dazu berauschte mich dieses Gefühl, wenn wir rennen: Beim Laufen kommen wir Menschen dem Fliegen am nächsten.
Welches Sportbuch haben Sie als erstes gelesen haben?
Ich glaube, das muss mit sieben, acht Jahren Sepp Maiers „Ich bin doch kein Tor“ gewesen sein. Lustigerweise habe ich es für die Recherchen zu meinem neuen Buch „1974“ 40 Jahre später noch mal gelesen. Ein für die Siebzigerjahre typisches, oberflächlich geschriebenes Fußballbuch ohne großes Lesevergnügen. Der Autor legte keinen Wert auf Stil, das Buch liefert keine wirklichen Hintergründe. Wichtig war damals, dass ein großer Name auf dem Buchdeckel steht und dann wurde eher schlecht als recht erzählt. Wobei es Ausnahmen gibt wie Fritz Walters Autobiografie „3:2 – Deutschland ist Weltmeister“, das wohltuend geschrieben ist und faszinierende Einblicke in die Fünfzigerjahre gewährt. Aber das erste Sportbuch, das mir als Vorbild taugte, war die Muhammad-Ali-Biografie „King of the World“ von David Remnick, dem Chefredakteur des New Yorkers. Die Engländer und Amerikaner hatten lange vor uns eine ganz andere Kultur von Sportbüchern. Bei ihnen war Sport nur der Anlass, um über die Gesellschaft und das Leben zu erzählen.
Wie sehen Sie den Sportjournalismus heutzutage?
Sport hat zurecht nicht den hohen Stellenwert der Wirtschaft oder Politik. Sport ist in erster Linie Unterhaltung. Für einen Journalisten mit offenen Augen gibt der Sport allerdings alle nur denkbaren Themen her: Typen, Tragödien, Politik, Wirtschaft, Kriminalität, Reise, Gesellschaft; kurz: das pralle Leben.
Zum Beispiel?
Im Sport finden sich berührende Geschichten, etwa die von Miroslav Klose. Als achtjähriger Junge kommt er aus Polen nach Kusel in die Nordpfalz, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Dank dem Fußball fasst er in der Gesellschaft Fuß und wird für viele Menschen zum Vorbild. In solchen Lebensgeschichten geht es nicht nur um Fußball, sondern um das Leben in diesem Land, um unsere Gesellschaft. Gerade im Fußball findet man Menschen aus allen gesellschaftlichen Teilen der Bevölkerung. Sportjournalisten können, wenn sie über das Spielfeld hinausschauen, eine gesellschaftliche Relevanz haben.
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