Rheinland-Pfalz „Wir wollen Rot-Grün fortsetzen“

Heute endet die Sommerpause im Mainzer Regierungsviertel. Die Fraktionen der im Landtag vertretenen Parteien bereiten sich auf einen Herbst vor, in dem die ersten politischen Weichen mit Blick auf die Landtagswahl 2016 gestellt werden. Im Interview mit RHEINPFALZ-Redakteur Arno Becker zeigt SPD-Fraktionsvorsitzender Hendrik Hering Optimismus: Trotz ihrer Altlasten werde die rot-grüne Regierungskoalition bald aus der Defensive kommen.

Die SPD bemüht sich um ein besseres Verhältnis zur Wirtschaft, kommt in letzter Zeit deren Forderungen oft entgegen. Stimmt der Ruf der SPD noch, eine pragmatische und mittelstands-freundliche Partei zu sein?

Es ist eine gute Tradition der rheinland-pfälzischen SPD, dass wir mittelstands- und wirtschaftsfreundlich sind. Wir haben das Land in gutem Dialog mit der Wirtschaft vorangebracht. Dieses gute Verhältnis wollen wir beibehalten. Es gab jedoch in den vergangenen zwei Jahren immer wieder Konflikte, bei der Energiewende zum Beispiel. Die grüne Wirtschaftsministerin hat kein ungetrübtes Verhältnis zur Wirtschaft. Was bleibt noch zu tun? Es gibt keine Forderung der Wirtschaft, die machbar ist und nicht umgesetzt wurde. Das ist der Grund dafür, warum wir bessere Wirtschaftsdaten haben als andere Bundesländer. Sie wollen die Unternehmen mit der Einrichtung von Welcome-Centern erfreuen. Was ist das? Wie weit sind die Pläne? Wir wollen an den Standorten der Kammern Welcome-Center einrichten. Sie sollen den Menschen, die zahlreich und häufig gut qualifiziert von außen zu uns kommen wollen, ihre ersten Schritte in Rheinland-Pfalz erleichtern. Das gehört zu einer guten Willkommens-Kultur. Ich gehe davon aus, dass die Pläne kurzfristig umgesetzt werden. Was werden diese Center den Zuwanderern konkret anbieten? Sie werden zum Beispiel beraten, welche Arbeitsmöglichkeiten es gibt, oder beim Umgang mit Behörden helfen. Ein gutes Center wird auch informieren, welche Bildungsmöglichkeiten es für die Kinder gibt oder welche beruflichen Chancen für die Partner. Das Angebot wird sich an Menschen richten, die schon nach Rheinland-Pfalz gekommen sind, aber auch an solche, die noch im Ausland sind und kommen wollen. Eine weitere Idee von Ihnen sind die sogenannten Investitionsquartiere. Wann werden diese kommen? Es geht um folgendes: Wenn eine Stadt und eine Mehrheit der betroffenen Einzelhändler dies wollen, kann die Kommune künftig für einen bestimmten Bereich eine verbindliche Abgabe festsetzen, die dafür verwendet werden muss, diesen Bereich im Wettbewerb voranzubringen. Das verhindert, dass Trittbrettfahrer von den Anstrengungen einer Mehrheit profitieren, ohne sich selbst zu engagieren. Wir wollen im Herbst ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen, um ähnlich wie in einigen anderen Bundesländern eine solche Möglichkeit zu schaffen. Es ist ein Wunsch der Wirtschaft. Kommen wir zum Personal. Sie haben eine Verjüngung der SPD-Fraktion angekündigt. Eine ganze Reihe von Abgeordneten werden bald ihre Mandate niederlegen, um jüngeren Nachrückern Gelegenheit zu geben, sich schon vor 2016 im Parlament einzuarbeiten. Das wird allerdings zu einem „Männerproblem“ führen, weil kaum Frauen nachrücken. Was wollen Sie dagegen tun? Wir haben qualifizierte Nachrücker und schon deshalb kein Problem. Das Verhältnis von männlichen und weiblichen Kandidaten werden wir bei der nächsten Listenaufstellung ausbalancieren. Aber die männlichen Nachrücker wollen doch im Parlament bleiben. Gibt das nicht ein Hauen und Stechen? Mit einem guten Ergebnis für die SPD werden wir beides ermöglichen: Alle Nachrücker kommen wieder in den Landtag und auch genug Frauen. Ein Blick auf den Herbst: Der Landesrechnungshof wird seinen Bericht zum gescheiterten Konzept zur Rettung des Nürburgrings vorlegen. Das Konzept hatten Sie 2010 als Wirtschaftsminister zu verantworten. Ihnen könnte jetzt bescheinigt werden, von Anfang an aufs falsche Pferd gesetzt zu haben. Wird Ihnen da nicht bange? Ich gehe davon aus, dass der Bericht keine neuen Informationen enthalten wird, die der Öffentlichkeit nicht bereits hinreichend bekannt sind. Wir sind damals dem Vorschlag der viertgrößten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft weltweit gefolgt. Und es gab zu diesem Zeitpunkt auch gar keine Alternativen. Was werden die Schwerpunktthemen der SPD-Fraktion in diesem Herbst sein? Wir werden in allen Teilen des Landes unsere Dialogreihe zu den Themen Bildung, gute Arbeit und Leben im Alter fortsetzen. Die Anregungen, die wir dabei von den Menschen erhalten, wollen wir ins Parlament einbringen. Außerdem kommen die bereits genannten Initiativen in der Wirtschaftspolitik. Die Koalition und noch mehr die Regierung sind wegen der Themen Nürburgring und Flughäfen ständig in der Defensive. Es fehlt der große politische Wurf vor dem Wahljahr 2016. Haben Sie eine Idee? In den kommenden Monaten werden wir Vorschläge machen, wie das Land nachhaltig fortentwickelt werden kann. Aber jede Idee hat auch ihre Zeit. Können Sie sich eine Große Koalition in Mainz unter der Führung von Julia Klöckner vorstellen? Wir wollen 2016 die rot-grüne Koalition fortsetzen. Alles andere will ich mir nicht vorstellen. Bitte vervollständigen Sie doch die beiden folgenden Sätze: Ich würde gerne als Minister unter einer Regierungschefin Julia Klöckner arbeiten, wenn... ...es sich auf eine Karnevalsveranstaltung beschränkt. An den Grünen stört mich, dass… ... sie einmal ein Veggi-Gebot diskutiert haben.

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