Südwest Unimedizin: Spritzen und Medikamente aus Roboterhand

In großen Kliniken braucht es Massen an Spritzen oder Infusionen. Sie aufzuziehen oder zuzubereiten, erfordert Präzision. An der Unimedizin Mainz helfen Roboter mit - und sorgen für mehr Sicherheit.

Mainz (dpa/lrs) - Hinter einem Fenster bewegt sich ein mehrgliedriger Roboterarm, ein Stück weiter unten liegen fertig zubereitete Arzneimittel bereit: In der hauseigenen Apotheke der Universitätsmedizin Mainz wird zunehmend auf die Hilfe von Robotern gesetzt. Zwei neue, sogenannte Vollautomaten für die insgesamt rund 700.000 Euro investiert wurden, sind seit November in Betrieb und wurden nun offiziell vorgestellt. Das Ziel: Pflegekräfte sollen etwa beim Aufziehen von Spritzen entlastet und die Herstellung von Medikamenten soll dank der Präzision der Geräte sicherer werden.

Der eine Automat ist vor allem für ein schnelles und exaktes Aufziehen von Spritzen zuständig, im Durchschnitt schafft er 250 Spritzen pro Stunde, perspektivisch sollen hier bis zu 60.000 Spritzen im Jahr befüllt werden. Sie können dann fertig an die Stationen gegeben und dort den Patientinnen und Patienten verabreicht werden.

«Was wir gut können, sind Roboter»

Mit dem anderen Automaten lassen sich Präparate in Standardkonzentrationen für Infusionen zubereiten. Bislang geschieht dies im Fall von Insulin, das einer Trägerlösung zugegeben wird. Demnächst sollen Infusionen zur Schmerztherapie nach großen Operationen folgen. Von denen werden laut Unimedizin rund 7000 pro Jahr benötigt.

Das Geld für die beiden Vollautomaten eines italienischen Herstellers kommt aus dem Krankenhauszukunftsfonds, wie der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) sagte. 70 Prozent der Mittel sind von der Europäischen Union, der Rest vom Land Rheinland-Pfalz.

«Was wir gut können, sind Roboter», sagte der Vorstandsvorsitzende der Universitätsmedizin, Ralf Kiesslich. Bei minimal-invasiven Eingriffen wird etwa seit Kurzem auf ein neues roboter-assistiertes Operationssystem gesetzt, außerdem wurde kürzlich eine Professur für robotische Chirurgie besetzt. Bereits seit 2012 ist ein Roboter für die Zubereitung von Lösungen für Chemotherapien im Einsatz, wie die Direktorin der Apotheke, Irene Krämer, sagte. Hier sei eine Automatisierung besonders wichtig gewesen, da mit toxischen Substanzen gearbeitet werde.

Vorreiter in Deutschland und Europa

Die beiden neuen Roboter entlasteten Pflegekräfte, die neben ihren anderen Aufgaben teils auch nachts mit dem Aufziehen von Spritzen beschäftigt seien, sagte Vorstandschef Kiesslich. Das sei eine Arbeit, bei der sehr präzise und konzentriert vorgegangen werden müsse. Gesundheitsminister Hoch betonte, mit der neuen Technik gebe es mehr Patientensicherheit und es würden Ressourcen gespart.

Die Unimedizin sei auf dem Gebiet Vorreiter, sagte Krämer. Der Vollautomat zum Befüllen und Aufziehen der Spritzen sei abgesehen von einem Prototypen der erste seiner Art in einer Krankenhausapotheke in ganz Europa, der andere sei erstmalig in Deutschland in einer solchen im Einsatz. Die Geräte trügen dazu bei, wahnsinnig viel Zeit zu sparen, erklärte Krämer. Sie versehen die Spritzen oder Beutel auch mit Etiketten, mehrfaches Wiegen soll sicherstellen, dass die Mixturen exakt stimmen, nach dem Betrieb läuft eine automatisierte Desinfizierung durch UV-Strahlen.

Die Produktion auf automatisiertem Wege sei optimal nachzuvollziehen, könne etwa per Video mitverfolgt werden, sagte Krämer. Die Verordnung für ein Medikament komme online, nach einer Prüfung folge die Zubereitung. Somit gebe es weniger mögliche Fehlerquellen.

Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels seien die Roboter sehr wertvoll, sagte Krämer und äußerte gleichzeitig einen Wunsch für die Zukunft. Aktuell lerne niemand, diese Geräte zu bedienen - es sei quasi ein «Learning by doing», also ein Lernen in der Praxis. «Wir brauchen einen neuen Beruf in der Apotheke», sagte sie, beispielsweise einen Pharmazie-Ingenieur, wie es ihn in der früheren DDR gegeben habe.

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