Rheinland-Pfalz Lüftungsprobleme und volle Busse: Wie das Schuljahr bisher lief

Tablet als Arbeitsgerät im Unterricht: Darüber, wie gut die Digitalisierung vorangekommen ist, gibt es durchaus unterschiedliche
Tablet als Arbeitsgerät im Unterricht: Darüber, wie gut die Digitalisierung vorangekommen ist, gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten.

Die Corona-Infektionszahlen steigen, die Erkältungszeit und der Winter stehen vor der Tür. Ob die Schulen für diese schwierige Zeit nach den Herbstferien ausreichend gewappnet sind, ist umstritten. Lüftungsfragen und Schulbusse stehen im Mittelpunkt der Debatte.

Das neue Schuljahr ist in der Corona-Pandemie trotz großer Bedenken nach einhelliger Auffassung recht gut angelaufen. Bei deutlich steigenden Infektionen beginnen am Freitag (9.10.) in Rheinland-Pfalz die Herbstferien. Wie wird es danach in den Schulen weiter gehen, wenn sinkende Temperaturen das Lüften erschweren und die Grippesaison dazu kommt? Lüften und das Gedränge in den Schulbussen werden nach Einschätzung von Lehrern und Schülern die größten Herausforderungen sein. Der Philologenverband mahnt das Bildungsministerium, seine Fürsorgepflicht wahrzunehmen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Rück- und Ausblick.

Ist der Start ins neue Schuljahr mit normalem Unterricht gelungen?

Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) zieht eine positive Bilanz: „Die ersten Wochen des Schuljahres 2020/2021 sind angesichts einer historischen Herausforderung, wie der Corona-Pandemie sehr gut und ruhig verlaufen.“ Dies sei vor allem den Schulen, Lehrkräften, Schülern, Eltern und der Schulaufsicht zu verdanken. Das Land habe die Schulen aber auch gut auf den Start vorbereitet - unter anderem mit einem „klar strukturierten und praxisnahen Hygieneplan“.

Durch häufiges Lüften unter anderem hätten Schulschließungen bislang größtenteils verhindert werden können, sagt Landeselternsprecher Reiner Schladweiler. „Das Schuljahr 2020/21 ist insgesamt, trotz großer Bedenken mehr oder weniger gut gestartet“, bilanziert Eric Grabowski von der Landesschülervertretung.

Die Lehrerverbände sehen das kritischer. „Das Experiment verlief mehr oder weniger glimpflich“, sagt die Landesvorsitzende des Philologenverbands, Cornelia Schwartz. Die Kultusminister ignorierten jedoch Fakten oder redeten sie weg. So könnten Schüler sehr wohl infiziert werden und die Infektionen auch weitergeben. Der Einsatz mobiler Lüftungsgeräte erhöhe zudem den Gesundheitsschutz erheblich. Ein „Weiter so“ an den Schulen werde nur immer tiefer in die Krise führen.

Der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Bold sagt: „Hinter uns liegen turbulente Wochen, die an den Schulen durch das große Engagement der Lehrkräfte und Schulleitungen gut gemeistert werden konnten.“ Das Ministerium habe dagegen erst in der letzten Ferienwoche Vorgaben zum Regelbetrieb unter Corona gemacht.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Klaus-Peter Hammer, stellt fest: „Wir können feststellen, dass lokale Ausbrüche gut isoliert und Infektionsketten durchbrochen werden konnten.“ Die getroffenen Hygieneregelungen würden bisher insgesamt tragfähig scheinen, so Hammer.

Wie viele Schulen mussten bisher wegen Corona schließen?

Drei Schulen sind derzeit ganz geschlossen, insgesamt mussten sieben Schulen seit Beginn des Präsenzunterrichts im neuen Schuljahr vorübergehend wegen Corona-Infektionen zumachen, heißt es im Bildungsministerium. Dazu kommen 50 Schulen, die teilweise geschlossen wurden. Derzeit seien 99 Schüler und 8 Lehrer infiziert - bei rund 570 000 Menschen in den Schulen.

Ist die Digitalisierung vorangekommen?

Der Landeselternbeirat sieht „noch keinen richtigen Fortschritt auf breiter Basis“ bei der Digitalisierung der Schulen. Nur wenige Schulträger seien dem Auftrag so richtig nachgekommen. Zudem gebe es weiterhin technische Probleme. Die Verlegung von Breitband und Glasfaser gehe nur schleppend voran. An vielen Schulen gibt es nach Erkenntnissen der GEW immer noch kein leistungsfähiges Internet. Ein Mix aus normalen Schul- und Heimunterricht bei weiter steigenden Infektionszahlen könne technisch noch immer nicht überall gewährleistet werden, sagt Bold vom VBE.

Die GEW sieht aber auch Fortschritte: „Wir erkennen einen deutlichen Schritt im Ausbau der digitalen Infrastruktur“, sagt der Landesvorsitzende Hammer. Positiv sei auch, das rund 56 000 Schüler aus ärmeren Familien sowie etwa 3000 Lehrer im Fernunterricht kostenlos Laptops oder Tablets bekommen. Bald sollten alle Lehrer mit Dienstlaptops ausgestattet werden. Der Schulcampus mit Materialien für digitalen Unterricht werde Anfang 2021 verfügbar sein. Dennoch brauche es schnell tragfähige Konzepte für Fernunterricht und genügend qualifiziertes Personal für Vertretungsunterricht in der Erkältungs- und Grippesaison. Fast 50 Millionen Euro stehen im Nachtragshaushalt für zusätzliches Vertretungspersonal bereit, heißt es im Ministerium.

Infektionsherd Schulbus: Hat sich die Lage verbessert?

Überfüllte Busse haben zu Beginn des Schuljahres für viel Ärger gesorgt und bleiben ein Kritikpunkt. Viele Eltern führen ihre Kinder deshalb mit dem Auto zur Schule, sagt Landeselternsprecher Schladweiler. In einem Schreiben unter anderem an die Landesregierung und den Landkreistag werde „auf die von vielen Eltern als unerhört empfundenen Missstände“ hingewiesen. Zur Enge in vielen Bussen kommen Maskenverweigerer. Grabowski von der Landesschülervertretung hat die Erfahrung gemacht: „Wenn man Menschen im Bus daran erinnert, das diese bitte die Maske tragen sollen, bekommt man eher fragwürdige Rückmeldungen.“

Das Land hat auf die Kritik mit einer Bus-Börse reagiert, obwohl die Schülerbeförderung eigentlich kommunale Pflichtaufgabe ist. Die Unterstützung wurde bis Jahresende verlängert, heißt es beim Verband der privaten Verkehrsbetriebe Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz, der die Börse organisiert. Die bislang rund 220 Busse und ein Tagessatz von 300 Euro pro Fahrzeug reichten aber voraussichtlich nicht aus. Das Land bezahle allerdings in begründeten Fällen auch mehr. „Wir sind froh, dass es überhaupt mitfinanziert.“ Möglicherweise könnten künftig auch Taxi-Busse eingesetzt werden.

Wie können die Klassenzimmer im Winter gelüftet werden?

Die GEW kritisiert: „Manche Schulträger haben es bisher immer noch nicht geschafft, dafür zu sorgen, dass alle Klassenräume gut gelüftet werden können.“ Elternvertreter Schladweiler ergänzt: „Nur wenige Klassenräume verfügen über eine zweite, direkt gegenüberliegende Fensterfront.“ Die Türen zu den Klassenräumen sollten Experten zufolge geschlossen bleiben. Schladweiler sieht den Bund in der Pflicht, Geld für mobile Raumlüfter, zusätzliche Unterrichtsräume sowie mehr Lehrkräfte bereitzustellen. Die GEW fordert kleinere Lerngruppen und eine wissenschaftliche Prüfung, ob schlecht gelüftete Räume überhaupt genutzt werden dürfen. Zudem müsse der Kauf von Lüftungsgeräten geprüft werden, die Schulen dürften dabei aber nicht allein gelassen werden.

Wird die Maskenpflicht doch auf den Unterricht ausgeweitet?

Steigende Infektionen bei sinkenden Temperaturen und vergleichsweise großen Klassen: Der Philologenverband sieht aus Infektionsschutzgründen im Moment nur die Möglichkeit, auch im Unterricht flächendeckend Masken zu tragen oder zum Unterricht im wöchentlichen Wechsel zurückzukehren, obwohl beides aus pädagogischen Gesichtspunkten nicht optimal sei und viel Koordinierung erfordere. Grabowski von der Landesschülervertretung sagt: Auf dem Schulhof, wo der Mindestabstand eingehalten werden kann, müssen Masken getragen werden. Nicht aber in den Klassen, wo das nicht gehe. Zudem hielten sich nicht alle Schüler und Lehrer daran. Mancherorts gebe es temporär Maskenpflicht im Unterricht, sagt Bold vom VBE. Das sei richtig und wichtig. Notwendig sei aber eine gewisse Verlässlichkeit.

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