Rheinland-Pfalz Im Bus zur Schule: „Wie die Heringe“

Das gewohnte Bild: Schüler drängen in den Bus.
Das gewohnte Bild: Schüler drängen in den Bus.

Es herrscht Corona, die Schulbusse sind voll: Eigentlich sollten alle Mund und Nase bedecken. Das tun aber nicht alle, und es nervt die anderen Schüler. Die Bus-Börse des Landes, die Entlastung bringen soll, kommt nur langsam in Gang. Und SPD und CDU schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu.

Wenn Rheinland-Pfalz am Montag in die dritte Woche seit Schuljahresanfang geht, werden die Schulbusse absehbar immer noch voll sein. Zwar ist die drangvolle Enge auf Fahrten zur Schule und zurück nichts Neues, aber in Corona-Zeiten fährt das Infektionsrisiko mit. Eine Entspannung zeichnet sich nur allmählich ab.

Eine Bus-Börse mit 250 zusätzlichen Fahrzeugen, vom Land vergangene Woche als Nothilfe angekündigt, kann nach Angaben des Verkehrsministeriums in Gang kommen. Vorher war eine komplizierte Abstimmung zwischen der Regierung in Mainz und den Landkreisen und Städten notwendig, die für den Schülertransport zuständig sind.

Eltern schlagen Alarm

Die Eltern hatten Alarm geschlagen wegen der Zustände in den Bussen. „Die stehen wirklich wie die Heringe“, sagte Landeselternsprecher Reiner Schladweiler: „Ich habe gehört, dass Kinder bis an die Scheibe gedrückt standen.“ Täglich bekomme er zwölf bis 15 Beschwerden wegen der Busse.

Die Probleme beim Transport der Schülerinnen und Schüler seien seit Jahren bekannt, zugleich drehe sich die Diskussion im Kreis, sagte er. Vielleicht biete der Druck der Corona-Krise die Chance auf eine Lösung. „Wir werden mit Corona noch lange leben. Je schneller wir uns darauf einstellen, desto besser für die Gesellschaft.“ Doch aktuell rechnet Schladweiler nicht mit schneller Abhilfe.

Wer setzt die Maskenpflicht durch?

Auch die Schüler sehen die Probleme. Es komme vor, dass Fahrschüler nicht mehr in den Bus passten und von den Eltern abgeholt werden müssen, sagte Jonah Simon von der Landesschülervertretung. Den Zwölftklässler vom Gymnasium Cochem stört, dass viele Schüler im Bus keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen: „Wir wollen ja alle versuchen, das Risiko einzudämmen.“

Die Busfahrer griffen leider nicht ein, sagte Eric Grabowski von der Integrierten Gesamtschule Schönenberg-Kübelberg/Waldmohr (Kreis Kusel). Der Schüler der zehnten Klasse hat selbst versucht, Fünftklässler auf die fehlenden Masken hinzuweisen – und nur freche Antworten kassiert. Um Platz in den Bussen zu schaffen, sollten wie vor den Ferien immer nur halbe Klassen an den Schulen unterrichtet werden, schlägt er vor.

Reisebusse sollen Entlastung bringen

Wo die Linienbusse nicht ausreichen, sollen vorübergehend Reisebusse zum Einsatz kommen, die derzeit nicht genutzt werden – das ist die Idee hinter der Bus-Börse. Organisiert werden soll sie vom Verband der privaten Verkehrsbetriebe Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz (Molo). „Wir warten darauf, dass es losgeht“, sagte Molo-Geschäftsführer Guido Borning. Er gehe davon aus, dass auch mehr als 250 Busse mobilisiert werden können. Viele Unternehmen hätten ihre Fahrzeuge abgemeldet, die Fahrer in Kurzarbeit geschickt.

Bürokratischer Hickhack

Doch bevor das Hilfsprogramm greifen kann, mussten die Regeln festgelegt werden. Und da warteten die Kommunen auf die Förderrichtlinie aus dem Mainzer Verkehrsministerium; das Ministerium wartete auf eine Einigung der Kommunen über die Verteilung. Mittlerweile seien diese Fragen gelöst, sagte Ministeriumssprecherin Susanne Keeding. Die Förderrichtlinie sei fertig.

Neben der Börse könnten die Städte und Kreise auch direkt auf die Unternehmen in ihrem Bereich zugehen und Busse anmieten. „Jeder, der einen Bus auf die Straße bringen will, kann das jetzt tun“, sagte Keeding. Das Land will nach Ankündigung von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) 90 Prozent der Zusatzkosten tragen.

Kommunalpolitiker: Bus-Pool nicht groß genug

Beim Landkreistag von Rheinland-Pfalz ist man skeptischer. „Der Pool ist mit 250 Bussen für eine Lösung eher zu klein“, sagte der Vorsitzende Günther Schartz (CDU), Landrat des Kreises Trier-Saarburg. Einzelne Kreise wie Neuwied oder Südwestpfalz meldeten einen Mehrbedarf von 30 Bussen an. Es sei aber abzusehen, dass jeder nicht mehr als sechs oder sieben zusätzliche Busse bekomme, sagte Schartz.

Der Landkreis Mainz-Bingen hat angekündigt, auf sieben Linien mehr Busse fahren zu lassen. „Ich bin froh, dass wir hier nun in einem ersten Schritt für Entlastung sorgen konnten“, sagte Landrätin Dorothea Schäfer (CDU). In den Bussen sei der Corona-Abstand von 1,50 Meter nicht ausdrücklich gefordert, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Steffen Wolf (SPD). Umso wichtiger sei es, dass die Kinder und Jugendlichen in den Zügen und Bussen und an Haltestellen Masken tragen.

Schlagabtausch im Mainzer Landtag

Das Thema beschäftigte am Freitag auch den rheinland-pfälzischen Landtag. Während die CDU die Landesregierung für übervolle Schulbusse verantwortlich machte, betonten die Regierungsfraktionen die Zuständigkeit der Kommunen und wiesen auf die Bereitstellung von 250 zusätzlichen Bussen durch das Land hin. „Kinder sind beim Bremsen und in Kurven den Gesetzen der Physik schutzlos ausgeliefert“, sagte der Pirmasenser CDU-Abgeordnete Thomas Weiner. „Die Zeit der Stehplätze in den Überlandbussen muss zu Ende gehen.“ In einer Verordnung müsse die zulässige Nutzung von Stehplätzen schrittweise reduziert werden. Mehrere SPD-Abgeordnete kritisierten, dass Landräte die Zeit der Sommerferien nicht genutzt hätten, um zu Beginn des Schuljahrs die Schülerbeförderung zu sichern.

Saarland: Land trägt alleine die Kosten

Auch im Saarland sollen nach Angaben der dortigen Landesregierung rund 100 zusätzliche Busse zur Schülerbeförderung eingesetzt werden, um die Ansteckungsgefahr mit Corona in voll besetzten Bussen zu minimieren. „Die Kosten werden komplett vom Land übernommen“, hat Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) angekündigt.

x