Karlsruhe Frau durch Gaskartusche getötet: Kind in Obhut, Stadt kannte Familie

Lachgas (Distickstoffoxid) wird in der Medizin und in der Industrie genutzt und findet sich zum Beispiel in gängigen Kapseln für
Lachgas (Distickstoffoxid) wird in der Medizin und in der Industrie genutzt und findet sich zum Beispiel in gängigen Kapseln für Sahnespender.

Nach dem Tod einer Frau durch eine Gaskartusche in Karlsruhe ist erneut ein strafunmündiges Kind verdächtig in einem Tötungsdelikt. Doch warum konsumieren Kinder und Jugendliche Lachgas? Der Fall wirft zahlreiche Fragen auf.

Ein 13-Jähriger soll eine Lachgaskartusche aus dem 14. Stock eines Hochhauses in Karlsruhe geworfen haben – wodurch eine 75-jährige Seniorin erschlagen worden sein soll. Der Tatverdächtige ist aufgrund seines Alters strafunmündig. Was droht dem Kind nun – und was macht der Konsum von Lachgas mit Jugendlichen?

Was ist der Stand der Ermittlungen?
Der 13-Jährige soll am Samstag gemeinsam mit zwei 15-Jährigen – ein Junge und ein Mädchen – auf einem balkonähnlichen Gebäudeteil eines Hochhauses Lachgas konsumiert haben. Der 13-Jährige soll dann die Kartusche aus Metall über die Brüstung geworfen haben. Eine 75-Jährige, die sich zu diesem Zeitpunkt neben dem Gebäude befand, wurde demnach von der Kartusche am Kopf getroffen. Die Kartusche sei zwar nicht sehr groß gewesen – rund 1400 Gramm schwer und etwa 30 Zentimeter lang. Aus so großer Höhe erreiche aber auch ein kleinerer Gegenstand eine beträchtliche Geschwindigkeit. Die Frau erlag noch am Ort des Geschehens ihren Verletzungen.

Wie kamen die Ermittler auf den 13-Jährigen?
Das 15-jährige Mädchen hatte sich nach dem tödlichen Vorfall als Zeugin gemeldet. Zuvor hatten bereits andere Zeugen auf mehrere Kinder oder Jugendliche hingewiesen, die sich in verdächtiger Weise in dem Hochhaus aufgehalten haben sollen, wie die Polizei mitteilte.

Welche Fragen sind aktuell noch offen?
Unklar ist, ob der 13-Jährige die Kartusche bewusst auf die Seniorin geworfen hat. Am Mittwoch gab es zunächst keine neuen Erkenntnisse dazu, wie die Staatsanwaltschaft Karlsruhe mitteilte. Die Ermittler gehen nach eigenen Aussagen auch im Moment weiter davon aus, dass der 13-Jährige – der aufgrund seines Alters strafunmündig ist - und nicht einer der 15-jährigen Jugendlichen die Kartusche geworfen hat.

Was passiert jetzt mit dem tatverdächtigen Kind?
„Das Kind befindet sich derzeit in stationärer Obhut“, teilte die Stadt Karlsruhe mit. „Eine weitere Fremdgefährdung ist damit ausgeschlossen.“ Mit der Familie des Kindes stand die Sozial- und Jugendbehörde demnach bereits vor dem tödlichen Vorfall in Kontakt. Es habe „sozial-pädagogische Maßnahmen“ gegeben. Details dazu nannte die Stadt nicht. Auch jetzt soll es demnach darum gehen, geeignete sozial-pädagogische Maßnahmen auch in Absprache etwa mit den Eltern zu finden.

Was löst der Konsum von Lachgas eigentlich aus?
Lachgas (Distickstoffoxid) wird in der Medizin und in der Industrie genutzt und findet sich zum Beispiel in gängigen Kapseln für Sahnespender. Beim Inhalieren – etwa direkt aus Kapseln oder aus Luftballons – tritt ein kurzer Rausch ein.

Ist der Konsum von Lachgas verboten?
Der Verkauf und Konsum von Lachgas ist nicht verboten. Der Konsum ist allerdings laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nicht ungefährlich. Bei häufigem Konsum könnten die inneren Organe und das Nervensystem Schaden nehmen. Bei einem zu hohen Anteil in der Atemluft drohe Bewusstlosigkeit. Und beim Konsum direkt aus der Kartusche etwa könne die Lippe festfrieren, heißt es auf der Internetseite drugcom.de.

Wie verbreitet ist der Konsum unter Jugendlichen?
Eine Studie der Goethe-Universität zu Drogentrends Jugendlicher in Frankfurt stellte Anfang 2023 einen Anstieg bei der Nutzung von Lachgas auf einen Höchstwert fest. 13 Prozent der Jugendlichen hatten demnach Lachgas – ursprünglich eine Partydroge in der Techno-Szene – probiert.

Nach Worten des Karlsruher Polizeisprechers habe man vor allem im Spätsommer vergangenen Jahres häufiger Meldungen zu Minderjährigen bekommen, die das betäubende Gas im Freien konsumierten. Seitdem sei es wieder weniger geworden.

Kinder unter 14 Jahren sind strafunmündig in Deutschland. Wird das so bleiben?
Wenn Kinder in Deutschland Straftaten begehen, müssen sie sich bislang erst ab 14 Jahren verantworten. Die Justizministerkonferenz soll sich nach dem Willen der baden-württembergischen Ressortchefin Marion Gentges (CDU) Anfang Juni mit der Strafmündigkeit befassen. In den vergangenen Jahren sei die Kriminalität unter Kindern erheblich gestiegen, hatte Gentges kürzlich gewarnt. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich für eine Überprüfung der gesetzlichen Strafmündigkeit ab 14 Jahren ausgesprochen. In erster Linie müsse man die Ursachen für den Anstieg tatverdächtiger Kinder und Jugendlicher erforschen. Man solle wissenschaftlich klären, ob sich der Reifungsprozess und damit die Entwicklung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der heutigen Generation geändert habe.

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