Rheinland-Pfalz „Da werden Tränen fließen“

Beliebtes Pfälzer Kabarett-Duo (von links): Bernhard Weller, alias Aniliner „Friedel Spitz“, und Götz Valter, alias Winzer „Euge
Beliebtes Pfälzer Kabarett-Duo (von links): Bernhard Weller, alias Aniliner »Friedel Spitz«, und Götz Valter, alias Winzer »Eugen (Eicheen) Stumpf«, kündigen ihren Rückzug an. Das letzte »Spitz & Stumpf«-Programm soll im Januar 2020 seine Premiere in Speyer erleben.
Herr Weller, Herr Valter, die Nachricht wird die Fans traurig stimmen: „Spitz & Stumpf“ ziehen sich aufs Altenteil zurück. Warum das denn? Weller:

Da könnte man eine Riesenliste an Gründen anführen. Persönliche: Ich werde im August 60 und schaffe einfach keine 110 Auftritte im Jahr mehr. Strukturelle: Die Kommunen treten als Veranstalter immer mehr in den Hintergrund, den Vereinen, die uns einladen, bricht die Jugend weg, sodass sie eine Veranstaltung mit uns arbeitstechnisch nicht mehr stemmen können, die Zusammenarbeit mit Profi-Agenturen lohnt sich bei unserer Art von Kleinkunst nicht. Und man muss heute auch viel mehr tun, um die Zuschauer noch zu erreichen. Aber die Preise kann man trotzdem nicht hochsetzen … Valter: Und auf der anderen Seite werden die Leute immer ungeduldiger. Die sagen uns heute häufig schon nach der Premiere: Schön war’s, wann kommt was Neues? Die erwarten jeden Tag ein neues Filmchen auf Youtube. Ein einschneidendes Erlebnis war für uns kürzlich auch eine Schlagershow, wo man die 80-jährigen Stars fast auf die Bühne schleppen musste … Weller: ... ja, und wir waren die einzigen, die da noch live gesungen haben ... Valter: Da haben wir uns gesagt: Das soll uns nicht passieren. Dass wir den Spaß an der Sache verlieren. Dass die Leute sagen: Die schon wieder! Ist der Fahrdienst schon da? Lieber den Ausstieg selbst bestimmen … Sie wollen aber nicht ganz abrupt aufhören, sondern es langsam auslaufen lassen … Weller: Ja, Götz und ich feiern nächstes Jahr unser 25. Bühnenjubiläum. Da haben wir uns überlegt, dass wir es mit einem letzten Bühnenprogramm noch einmal richtig krachen lassen. Das spielen wir dann bis 2021, und danach ist Schluss mit „Spitz & Stumpf“. Besser so als ein ewiges Hamsterrad … Das klingt ja fast so, als hätten sie die Nase voll von Eugen Stumpf und Friedel Spitz. Werden Sie die beiden nach so vielen Jahren nicht auch ein bisschen vermissen? Valter: Na ja, ich glaube, dass die allerletzte Vorstellung nicht einfach werden wird. Da werden Tränen fließen. Es ist natürlich schwierig, eine Figur, die man so verinnerlicht hat, an den Nagel zu hängen. Weller: Andererseits hat es für uns immer ein Leben außerhalb von „Spitz & Stumpf“ gegeben. Früher war der Friedel ein ganz großer Teil von mir. Heute klebe ich nicht mehr ganz so sehr an ihm. Kann es vielleicht sein, dass die Figuren auch einfach nicht mehr in die Zeit passen? Valter: Sicher. Den Aniliner, den Winzer – den gibt’s heute in der Form ja gar nicht mehr. Weller: Der Zuspruch der Zuschauer hat nicht nachgelassen. Wir spüren aber natürlich auch die allgemeine „Eventisierung“. Der Auftritt ist tot, es lebe das Event. Aus diesen bodenständigen Figuren ein Event zu machen, das geht jedoch nicht. Gibt es eventuell doch noch Hintertürchen für einen Rücktritt vom Rücktritt? Valter: Nein, es soll bei uns nicht laufen wie bei Marius Müller-Westernhagen. Weller: Aber wenn ein Verein fragt: Spielt ihr noch mal für uns zu unserem Jubiläum, dann werden wir sicher nicht Nein sagen. Nur wird es halt kein neues Programm mehr geben. Das bedeutet dann sicher aber auch, dass Sie beide sich nicht mehr so oft sehen werden. Wird das nicht hart? Weller: Grundsätzlich stimmt das. Aber das Ende für „Spitz & Stumpf“ heißt ja nicht, dass wir gar nichts mehr zusammen machen. Für die Habsburger-Ausstellung 2021 in Speyer zum Beispiel werden wir auf jeden Fall wieder ein gemeinsames Stück entwickeln. Valter: Und wir haben ja immer noch unsere Stammkneipe in Speyer, das Café Plüsch. Da treffen wir uns dann zum Rauchen (lacht) … Weller: Aber vielleicht ist ein bisschen Abstand ja auch gut. Es gab schließlich Zeiten, da haben wir uns öfter gesehen als unsere Frauen (lacht). Die Latte für das letzte „Spitz & Stumpf“-Programm hängt jetzt natürlich hoch. Hat es schon einen Titel und einen Premierentermin? Weller: Es wird „Hurtig im Abgang“ heißen, angelehnt an einen Bühnengag von Götz. Premiere ist im Januar in Speyer. Vorpremiere in Sondernheim. Denn da haben wir unseren größten Fanclub. Die „Jubiläumsfeierlichkeiten“ beginnen aber schon im Herbst! Dann werden wir im Oktober zum Vorglühen ein Best-of mit dem Titel „Resumée“ aus 25 Jahren Repertoire auflegen. Und wie wird im Januar das „Staffelende“ aussehen? Nicht dass es noch Proteste gibt wie bei „Game of Thrones“ … Weller: Ja, da müssen wir uns was überlegen. Die wichtigste Frage ist: Was passiert mit dem Weingut? Valter: Das wird eine Herausforderung. Vielleicht sollten wir zur Sicherheit lieber gleich eine Umfrage bei den Zuschauern machen … Weller: lacht und nickt. | Interview: Holger Pöschl

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