Kolumne Binz’ Babypause im rechtsfreien Raum

Ist für vier Monate „verhindert“: Familienministerin Katharina Binz (Grüne).
Ist für vier Monate »verhindert«: Familienministerin Katharina Binz (Grüne).

Weil schwangere Ministerinnen so selten sind, gibt es keine gesetzliche Regelung. Landesfamilienministerin erwartet ihr zweites Kind.

Statistisch gesehen sind schwangere Frauen seltener geworden. Die Geburtenrate lag 2023 nur noch bei 1,36 Kindern pro Frau, 2021 betrug dieser rechnerische Wert noch 1,57 Kinder. Die stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Ministerin für Familien, Frauen, Kultur und Integration, Katharina Binz (40, Grüne), wird bald mit exakt zweikommanull Kindern über diesem Durchschnitt liegen. Sie hat eine fünfjährige Tochter und erwartet in den nächsten Wochen ihr zweites Kind. Deshalb hat sie sich vor ein paar Tagen in die Babypause verabschiedet.

Bei Frauen in Regierungsämtern ist das Kinderkriegen eine derartige Seltenheit, dass es nicht nur der Zeitung einen Bericht wert ist. Die Nachrichtenagentur dpa hat im Archiv nachgesehen und festgestellt, dass 2011 die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) als erste Bundesministerin in Deutschland in ihrer Amtszeit ein Kind bekam. Ihre Nachfolgerin Manuela Schwesig (SPD) bekam fünf Jahre später ihr zweites Kind. In Rheinland-Pfalz war es die Amtsvorgängerin von Binz, die Pfälzerin Anne Spiegel (Grüne), die 2018 zum vierten Mal Mutter wurde.

Weil schwangere Ministerinnen so selten sind, gibt es nicht einmal eine gesetzliche Regelung dafür. Und das in Deutschland mit seinem großen Hang zur Bürokratie. Normalerweise werden berufstätige Frauen von der Personalabteilung ihres Arbeitgebers frühzeitig auf gesetzliche Regelungen wie Mutterschutz vor und nach der Entbindung hingewiesen. Im Fall von Ministerin Binz ist – nichts.

Gut: Die fürsorgliche Art, mit der Ministerpräsidentin Malu Dreyer (63, SPD) den Stuhl in der Regierungsreihe nach hinten schob, als Binz vergangene Woche zur letzten Plenarsitzung vor ihrer Babypause kam, ließ erkennen, dass sie sich kümmert.

Mutterschutz kommt im Ministergesetz nicht vor

Aber sonst? Auf Anfrage hieß es aus dem Familienministerium: „Die gesetzlichen Regelungen des Mutterschutzes gelten für Mitglieder der Landesregierung nicht. Es greifen weder die Regelungen für Arbeitnehmerinnen noch für Beamtinnen, auch im Ministergesetz findet sich keine Regelung zum Mutterschutz. Es kommt deshalb die ,Verhinderungsregelung’ zur Anwendung, was bedeutet, dass die Ministerin wie bei anderen Abwesenheiten als ,verhindert’ an der Ausführung der Amtsgeschäfte gilt.“ Während sich Binz, die an der Mosel aufgewachsen ist und in Mainz lebt, für vier Monate mit ihrem Mann, ihrer Tochter und bald dem Baby in die wohl intensivste Phase eines Familienlebens begibt, ist sie nach dem Gesetz also „verhindert“.

Geleitet wird das Ministerium in dieser Zeit von den Staatssekretären Jürgen Hardeck (65, parteilos) und Janosch Littig (Grüne). Letzterer ist wie Binz 40 Jahre alt und weiß als Vater zweier Kinder, was auf seine Chefin zukommt. Immerhin sind die Rollen von Hardeck und Littig in den nächsten Monaten klar. Da ist das Ministergesetz so deutlich, wie es nur deutsche Regeln vermögen: „Durch diese Verhinderungsregelung greift die Geschäftsordnung der Landesregierung, welche dann die Vertretung regelt.“

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