Rheinland-Pfalz Adventszeit für den Osterhasen

Pirmasens (lrs). In der Schokoladenfabrik in Pirmasens sind die Arbeiterinnen im Weihnachtsstress. Sie packen Kartons voller Leckereien, die in aller Herren Länder gehen – nach Polen, Tschechien, Südafrika. Es sind aber keine Weihnachtsmänner, die da behutsam reisefertig gemacht werden, sondern Osterhasen.

Die Produzenten sind ihrer Zeit voraus. Um die weiter entfernten Kunden rechtzeitig beliefern zu können, müssen sie schon lange vorher mit der Herstellung beginnen. „Weihnachten ist quasi vorbei“, sagt Andreas Nickenig, Vorstand beim Fabrikbetreiber, der Wawi-Schokolade AG. „Wenn die Leute zu Hause den Adventskranz stehen haben, produzieren wir schon die Osterware.“ Bis der Osterhase die Regale in den Läden erobert, dauert es aber noch etwas. Vorerst halten Weihnachtsmann, Nikolaus und Co. die Stellung. Die ersten von ihnen verlassen bereits Ende April die Gussform. Sie sind für Kunden in Übersee bestimmt und mitunter acht Wochen per Schiff unterwegs. Auch im Sommer, wenn es draußen heiß ist, werden fleißig Schoko-Weihnachtsmänner hergestellt. Ende November müssen sie in der Fabrik den Osterhasen Platz machen, die Produktion wird umgestellt. Auch die Adventskalender-Anlage hat dann Pause. Wer einen möchte, hat den dann meist schon gekauft. Mehr als 20 Millionen Kalender mit unterschiedlichen Motiven produziert Wawi pro Jahr weltweit. Allein im Werk im nahen Münchweiler an der Rodalb laufen zu Spitzenzeiten 80.000 Kalender am Tag vom Band. Mengenmäßig sieht sich das rund 550 Mitarbeiter und neun Werke zählende Unternehmen unter den weltweit führenden Herstellern im günstigen Segment. Die Kalender machen bei Wawi ein Drittel (35 Prozent) der Saisonware aus, wie die für Weihnachten und Ostern hergestellten Artikel genannt werden. Der Rest sind „Hohlfiguren“, also Weihnachtsmänner, Nikoläuse und Osterhasen. Wawi produziert aber auch ganzjährig angebotene Ware. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) gibt es in Deutschland etwa 40 Saisonartikel-Hersteller. Und wie läuft das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr allgemein? Nach allem was man höre, sei es im Moment noch verhalten, sagt Nickenig. Die erste Welle, die im September mit Lebkuchen und Gebäck beginnt, sei eher zäh verlaufen, weil der Herbst zu warm gewesen sei. Die Weihnachtsware ist aber abhängig von einer guten Lebkuchennachfrage. „Wenn der Handel die in den Geschäften gut abverkauft hat, dann rücken die Weihnachtsmänner und die Adventskalender nach“, erklärt er. Mit fallenden Temperaturen könne das schnell gehen. Die Hersteller hofften deshalb auf kalte Tage. „Das fördert auf jeden Fall bei Weihnachtsartikeln den Absatz enorm.“ In den ersten sechs Monaten dieses Jahres ging der Inlands-Absatz der deutschen Süßwarenbranche im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht zurück. Er sank laut BDSI um 0,5 Prozent auf 837.719 Tonnen. Der Verband spricht von einem Konjunkturdämpfer. Sprecherin Solveig Schneider sagt aber auch, das Geschäft verlaufe in Wellenbewegungen: Nach Weihnachten sinkt der Absatz üblicherweise im ersten Quartal, um vor Ostern wieder zu steigen und im Sommer wieder zu sinken. Im Herbst geht es dann wieder nach oben. Der Umsatz stieg in den ersten sechs Monaten dank Preiserhöhungen um 1,7 Prozent auf über 6,3 Milliarden Euro. Die Erhöhungen seien Folge der gestiegenen Rohstoffpreise gewesen, sagt Schneider. Das galt auch für Schokoladenwaren. Der Preis für Schokolade sei über eineinhalb Jahre kontinuierlich gestiegen - im zweistelligen Prozentbereich, sagt Nickenig. Wie hoch Absatz und Umsatz im Gesamtjahr ausfallen, ist laut Schneider noch nicht abzuschätzen, da der Dezember traditionell zu den besonders umsatzstarken Monaten gehöre. Mit der Weihnachts-Produktion ist Wawi nach Nickenigs Darstellung zufrieden. Man liege auf Vorjahresniveau. Mehr als zwei Drittel der Saisonproduktion werden exportiert, die Ware ist bereits verkauft. Dabei gilt es, auf länderspezifische Geschmäcker Rücksicht zu nehmen. „Die einen mögen es süßer, die anderen eher bitter“, sagt er. Briten zum Beispiel hätten einen völlig anderen Schokoladengeschmack als die Festlandseuropäer, sie bevorzugten eine leicht bittere Note. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz rät angesichts der vielen Leckereien zu Weihnachten zu etwas Zurückhaltung. Das tue Gesundheit und Wohlbefinden gut, sagt Ernährungsberaterin Rita Rausch.

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