Rheinland-Pfalz Polizist als Bankräuber verurteilt

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Kaiserslautern

. Es ist seine letzte Chance, um im Kaiserslauterer Gerichtssaal seine Unschuld zu beteuern: Als Angeklagter hat er das Schlusswort, ehe das Urteil fällt. Der Ex-Polizist und Jura-Student nutzt die Gelegenheit, um gleich nach seinem Anwalt noch ein weiteres, fast halbstündiges Plädoyer in eigener Sache zu halten. Mit zwischen Wut und Verzweiflung zitternder Stimme listet er auf, was seine Kollegen seiner Meinung nach alles falsch gemacht haben, als sie wegen des Überfalls auf die Sparkasse Olsbrücken gegen ihn ermittelten. Dann fragt er, warum der Staatsanwalt ihn trotzdem partout für den Täter halten will. „Es kann definitiv nicht an Ihrer Intelligenz liegen“, schleudert er seinem Ankläger Stefan Orthen entgegen, ehe er sich seinem eigenen Denkvermögen widmet. Denn verletzend findet der 30-Jährige den Prozess schon allein deshalb, weil ihm mit diesem Verfahren unterstellt wird: Er habe sich, ausgerechnet, alte Polizeihosen angezogen, um so, ausgerechnet, in sein Heimatdorf zu fahren, und dort, ausgerechnet, eine von ihm als „Klitsche“ eingestufte Mini-Filiale zu überfallen. „Hirnrissig“ wäre so ein Raubzug, sagt der Ex-Polizist. Doch als der Vorsitzende Richter Alexander Schwarz nach dreiviertelstündiger Denkpause das Urteil verkündet, erwidert er: So hirnrissig sei ein Überfall im Heimtatort gar nicht. Immerhin habe sich der mittlerweile gefeuerte Beamte dort ausgekannt. Und überhaupt, sagt der Richter, einen fein verschachtelten Juristen-Satz bastelnd und dabei auf die Anklagebank deutend: „Dass eine Tat hirnrissig und deshalb nicht begangen worden sei, ist schon allein deshalb nicht geeignet, ein taugliches Argument zu sein, weil dann nie jemand dort säße.“ Will sagen: Schon viele vermeintlich ausgebuffte Verbrecher sind verurteilt worden, weil ihnen ein hirnrissiger Fehler unterlaufen war. Oder weil sie einfach Pech hatten. Den Angeklagten, sagt Schwarz, ereilte das Unglück in Gestalt eines unvorhergesehen Umstands, als er versuchte, eine Erklärung für sein vieles Bargeld zu liefern. Zur Erinnerung: Etwa 50.000 Euro wurden der Sparkasse geraubt, etwa 40.000 Euro hatte der 30-Jährige in seiner Wohnung gehortet. Von einem entfernten, nun verstorbenen Verwandten will er die bekommen haben: im Juni 2014, als Privatkredit, seiner Schulden wegen. Doch 478 von insgesamt 524 Zehn-Euro-Scheinen im hinter der Wohnzimmer-Couch abgestellten Aluminiumkoffer gehörten zur neuen Banknotenserie, die erst seit September 2014 auf dem Markt ist. Zwar will sich der 30-Jährige auch immer wieder an seinem kleinen Geldspeicher bedient und ihn anschließend wieder aufgefüllt haben. Doch ein derart hoher Anteil neuer Noten, befinden die Richter, lässt sich damit nicht erklären. Auch andere Geschichten des Angeklagten, zum Beispiel über seine Café- und Ladenbesuche während des Überfalls im Februar 2015, tun sie als glasklar widerlegte Lügen ab. Überhaupt, sagt Schwarz: Der 30-Jährige und sein Verteidiger Bernd Rudolphy hätten immer neu an einzelnen Indizien herumgezweifelt, anstatt aufs Ganze zu sehen. Und das lasse am Ende „keine vernünftigen Zweifel“: Der Angeklagte sei tatsächlich der Täter. So hat es zuvor auch schon Staatsanwalt Orthen gesagt und sechs Jahre Haft gefordert. Rudolphy hingegen hat unverdrossen für Freispruch plädiert, beiläufig aber angemerkt, dass man es, wenn schon, mit einem „minderschweren“ und entsprechend milder zu bestrafenden Raubfall zu tun haben könnte. Das allerdings sehen die Richter anders: „Das hier ist ein ganz klassischer Bankraub“, sagt Schwarz – verübt von einem Beamten, der dafür vermutlich seine Dienstwaffe benutzt und mit seiner Tat dem Ansehen der Polizei schwer geschadet habe. Viereinhalb Jahre werden dem 30-Jährigen dafür schließlich aufgebrummt. Weil das Landgericht schon so eine hohe Instanz ist, kann er dagegen nicht in die Berufung. Ihm bleibt nur die Revision beim Bundesgerichtshof, der nur ganz selten ein Urteil kippt. Versuchen wird sein Mandant es trotzdem, sagt der Verteidiger. Es ist dann seine allerletzte Chance.

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