Coronavirus Tim-Bendzko-Experiment zeigt: Großveranstaltungen auch in Pandemie möglich

Sänger Tim Bendzko mit seiner Band während des Corona-Großversuchs in der Arena Leipzig.
Sänger Tim Bendzko mit seiner Band während des Corona-Großversuchs in der Arena Leipzig.

Lüften, Abstand, Hygiene und Maske – dann sind Events mit Publikum auch in geschlossenen Räumen machbar. Das legt ein Experiment mit dem Sänger Tim Bendzko nahe. Entscheidend ist aber auch das aktuelle Infektionsgeschehen.

[aktualisiert: 17 Uhr] Ein Konzert-Experiment mit Popstar Tim Bendzko in der Arena Leipzig hat ergeben: Große Kultur- und Sportveranstaltungen in Hallen mit vielen Zuschauern sind auch während einer Pandemie möglich – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Dazu gehören adäquate Belüftungssysteme mit Frischluftzufuhr, strenge Hygiene- und Abstandsregeln, weniger Zuschauer als sonst üblich, permanente Maskenpflicht und strenge Kontrollen. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Universitätsmedizin Halle an der Saale in ihrer Studie „Restart-19“, die am Donnerstag vorgestellt wurden.

Demnach muss für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen die Anzahl der Besucher an das aktuelle Infektionsgeschehen angepasst werden. Dafür sei die Anzahl der Neuinfektionen je 100 .00 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen, die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz wichtig. Volle Hallen oder Arenen wie vor der aktuellen Corona-Pandemie seien aber nicht möglich.

Belüftungstechnik ist das A und O

Grundvoraussetzung für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sei eine gute Belüftungstechnik, die einen regelmäßigen Austausch der Raumluft mit frischer Luft ermöglicht. Dies sei für das Ansteckungsrisiko eine entscheidende Schlüsselkomponente, erklärte Studienleiter Stefan Moritz von der Universitätsmedizin Halle. „Das ist das A und O.“

Die Forscher errechneten unter anderem, dass bei schlechter Belüftung das Infektionsrisiko bis zu 70 Mal höher ist. Befinde sich ein Infizierter in einer schlecht belüfteten Halle, breiteten sich die Aerosole weiter aus und würden von Dutzenden Menschen eingeatmet, während sich die Anzahl der Betroffenen bei einer gut belüfteten Halle auf einige wenige reduzieren lasse.

Unkontrollierte Ausbreitung im Stehen

Unabdingbar für Großveranstaltungen sei die Einhaltung strenger Hygienekonzepte mit Abstandsregeln und Maskenpflicht während der gesamten Veranstaltung. Zuschauer dürften auch nur auf Sitzplätzen das Geschehen verfolgen. Im Stehen bestehe die Gefahr unkontrollierter Kontakte und damit der Verbreitung des Corona-Virus. Dagegen senkten bereits moderate Beschränkungen wie eine Reduzierung der Auslastung einer Veranstaltungshalle das Infektionsrisiko um 50 Prozent

Die Wissenschaftler hatten in ihrer Studie verschiedene Szenarien simuliert – mit 8000, 4000 und 1700 Zuschauern. Per Computer wurde zudem der Luftstrom, der Ausstoß der Aerosole in der Luft dargestellt und berechnet. Grundlage für die Studie war ein Konzert-Experiment am 22. August in der Arena Leipzig mit Popstar Tim Bendzko. Dabei erhoben die Wissenschaftler von den rund 1400 freiwilligen Teilnehmern riesige Datenmengen.

Investitionsprogramm empfohlen

„Veranstaltungen haben das Potenzial, die Pandemie anzufeuern. Aber wenn Hygienekonzepte eingehalten werden, ist das Risiko sehr gering“, sagte Rafael Mikolajczyk, Direktor des Instituts für Medizinische Epidemiologie in Halle. Die Forscher sprachen deshalb Handlungsempfehlungen aus, unter denen Veranstaltungen trotz Corona-Pandemie stattfinden könnten. Sie schlugen ein Investitionsprogramm von Bund und Ländern vor, um Hallen mit einer adäquaten Belüftungstechnik auszustatten, sowie die Säle nicht voll auszulasten.

Das Forschungsprojekt „Restart-19“ wurde mit rund 900.000 Euro von den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Sachsen und der Universitätsmedizin Halle finanziert. „Ein hygienisch gut kontrolliertes Konzert oder Handballspiel ist sicherer als eine Großhochzeit“, resümierte Michael Geckle, Dekan der Universitätsmedizin Halle.

Zutritt zu dem Konzert gab es nur mit Maske und nachdem Fieber gemessen wurde.
Zutritt zu dem Konzert gab es nur mit Maske und nachdem Fieber gemessen wurde.
Mit Abstand und Maske: Bendzko-Fans während des Auftritts im August.
Mit Abstand und Maske: Bendzko-Fans während des Auftritts im August.
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