Rheinpfalz Mannheim sucht einen Nachtbürgermeister

Der Nachtwandel im Jungbusch ist eine der Veranstaltungen, in die künftig auch der Nachtbürgermeister involviert sein dürfte.
Der Nachtwandel im Jungbusch ist eine der Veranstaltungen, in die künftig auch der Nachtbürgermeister involviert sein dürfte.

«Mannheim.» Amsterdam hat schon einen. Auch London, Paris und New York. Und nun will Mannheim als erste deutsche Stadt ebenfalls einen Nachtbürgermeister. Der soll sich einerseits mit Problemen beschäftigen, die das Nachtleben mit sich bringt, wie Lärm und Müll. Aber der „Night Mayor“ hat noch eine ganz andere Funktion: Er soll vernetzen. Bis 30. Juni konnten sich Interessenten bewerben. Am 19. Juli fällt die Entscheidung, wer es wird.

Nein, die Mannheimer Nacht- und Kulturszene ist nicht größenwahnsinnig geworden. Sie möchte sich nicht in eine Reihe mit New York oder London stellen, deren nachtkulturelles Angebot weitaus größer ist als das hiesige. Doch Mannheim hat ein Ziel: „Wir wollen die Nachtkultur stärken“, sagt Matthias Rauch, der als Leiter der Kulturellen Stadtentwicklung zuständig für die Bewerbungen ist. Die Quadratestadt sei beispielsweise noch nicht wie Heidelberg von einem Clubsterben bedroht. Und das solle auch so bleiben. Obendrein bemüht sich die Kulturelle Stadtentwicklung, vor allem die nächtliche Kulturszene weiter auszubauen, die unter anderem für junge Menschen bei der Wahl ihres Studien- oder Arbeitsorts nicht unwichtig ist.

Nachtbürgermeister soll gut vernetzt sein

Und da kommt die Idee des Nachtbürgermeisters ins Spiel. Denn ein reges Nachtleben beziehungsweise dessen weiterer Ausbau könnte auch diverse Konflikte mit sich bringen oder verstärken, die am besten schon im Vorfeld gelöst werden: Anwohner, die um ihre Nachtruhe bangen; Müll, den die Partylöwen achtlos in die Umgebung werfen; Wildpinkler, die immer wieder für Ärger sorgen. Es gibt viele Beispiele, die Rauch nennen kann. „Der Nachtbürgermeister soll eine Art Vermittler sein. Er soll die Sprache der verschiedenen Akteure übersetzen, die mit dem Nachtleben zu tun haben, damit man gemeinsam Lösungen entwickeln kann“, erklärt er. Involviert seien im nächtlichen Treiben neben den Anwohnern und den Nachtschwärmern beispielsweise auch die Polizei, die Clubbetreiber, die Barbesitzer, die Veranstalter. Und jeder von ihnen hat andere Bedürfnisse. Auch der öffentliche Nahverkehr soll in die Gespräche miteinbezogen werden, wenn es darum geht, das Angebot auszuweiten.  Obendrein solle der Nachtbürgermeister die Aufgabe haben, an der Kommunikation innerhalb der bereits bestehenden Angebote des Nachtlebens und der Szene-Akteure mitzuwirken und sie zu vernetzen.

Gut moderieren können

So dürfte das Amt des auf Honorarbasis arbeitenden Nachtbürgermeisters recht anspruchsvoll sein. „Er muss wahrscheinlich sehr kommunikativ sein. Es wird bestimmt moderationsintensiv“, schätzt Rauch. Wie sich das letztlich entwickeln wird, kann er noch nicht genau sagen. Aber man habe sich mit Amsterdam, woher das Konzept stammt, in Verbindung gesetzt und ausgetauscht. „Dort und in den anderen Städten funktioniert das sehr gut“, berichtet Rauch zuversichtlich.

Gutes Standing in der Szene statt Studium

Um als Schnittstelle zwischen der Stadtverwaltung, den lokalen Bar- und Clubbetreibern und den feiernden Menschen fungieren zu können, muss der „Night Mayor“ auch einige Anforderungen erfüllen: mindestens 18 Jahre alt, ein hervorragender Netzwerker und eine ausgeprägte Problemlösefähigkeit ließt man in der Stellenbeschreibung. Bestenfalls sollte er sogar aus der Szene selbst kommen, sich in der gut auskennen und ein gewisses Vertrauen genießen, so Rauch. Rund 15 Bewerbungen lagen ihm kurz vor Bewerbungsschluss schon vor. Darunter befinden sich Clubbetreiber, Barkeeper und Menschen mit gastronomischer Nachterfahrung. Ein Studium ist keine Voraussetzung, um die Stelle zu bekommen.  Die Vorstellung, dass der nächtliche Schultheiß auch nur nachts unterwegs ist, stimmt allerdings nicht ganz. „Er soll kein Kontrolleur sein, der durch die Bars und Kneipen schleicht, um nach dem Rechten zu schauen“, sagt der Leiter der Kulturellen Stadtentwicklung mit einem Lächeln. Was dennoch nicht ausschließt, dass man den Würdenträger oder auch die Würdenträgerin in so mancher Nacht antreffen dürfte.

Zehn Stimmen sind entscheident

Gewählt wird der Nachtbürgermeister in mehreren Stufen. Die Mannheimer  haben die Möglichkeit online bis zum 15. Juli abzustimmen. Auf der Internetseite von www.regioactive.de stellen sich die 14 männlichen und drei weiblichen Kandidaten zur Wahl.  Auch am 19. Juli dürfen die Mannheimer bei einem öffentlichen Wahlabend im Chaplin selbst abstimmen. Aus dem Bürgervoting resultieren zwei der zehn erforderlichen Stimmen. An diesem Abend wählt außerdem eine Jury, in der ganz unterschiedliche, am Nachtleben beteiligte Akteure sitzen. Der Fachjury sind die restlichen acht Stimmen vorbehalten. Am Ende des Abends wird es einen Nachtbürgermeister oder eine Nachtbürgermeisterin geben.  Den Dienst nimmt der „Night Mayor“ dann am 1. August auf. Vorerst innerhalb einer Testphase, die bis Ende 2019 geht und 50 Stunden pro Monat vorsieht. „Wenn es dann gut läuft, überlegen wir, ob wir die Stelle aufstocken oder gar eine halbe Stelle schaffen“, sagt Matthias Rauch. Einen persönlichen Favoriten habe er bereits.

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