Zweibrücken Italo-Pop-Revue „Azzurro“ in der Zweibrücker Festhalle begeistert das Publikum

Temperamentvoll ging es auf der Bühne zu: Das Ensemble und die Musiker banden bekannte Italo-Pop-Songs in die Handlung ein.
Temperamentvoll ging es auf der Bühne zu: Das Ensemble und die Musiker banden bekannte Italo-Pop-Songs in die Handlung ein.

Eine Liebesgeschichte, Leidenschaft und jede Menge Klischees über Deutsche und Italiener – all dies bot das Musical „Azzurro “, das am Mittwochabend in der Zweibrücker Festhalle aufgeführt wurde. Dahinter stehen Regisseur Stefan Tilch und die Band I Dolci Signori.

Die Vespa ist knallrot, die Mama Maria wackelt mit dem Po, und der italienische Macho-Junge Rocky schlägt sich für seine große Liebe durch schrecklich deutsche Gefilde: Das Musical „Azzurro“ begeisterte die rund 150 Zuschauer in der Zweibrücker Festhalle. Kein Wunder: In den rund drei Stunden steckte einfach alles drin – vor allem ganz viel italienische Leidenschaft.

Es knallt, Funken sprühen aus dem Auspuff der Vespa, und das Chaos für Rocky ist perfekt. Er wird auf dem Roadtrip seines Lebens ausgebremst. Aber erst einmal einen Schritt zurück: Das Musical beginnt zwischen einer Wäscheleine voller Klamotten in den Farben der italienischen Flagge. Mittendrin ist Rocky (Rocky Verardo) in seinem Elternhaus in Bella Italia. Er möchte seine Geschichte erzählen. „Eine Geschichte über die Liebe, meine Vespa und die Bosheit der Frauen“, klagt er. Schon da sind die Zuschauer in Fahrt. Und Rocky legt noch einen drauf: „Frauen sind gefühllos und herzlose Bestien – nicht wie meine Mama!“

Knapp 18.000 Euro müssen her

Er muss seiner Verlobten Gloria aus New York helfen, deren Onkel sich mit der Mafia angelegt hat. Um ihn freizukaufen, müssen schnell genau 17.953 Euro her. Da kommt der Einfall von Rockys Opa wie gerufen: Der arbeitete früher als Gastarbeiter in Gelsenkirchen im Bergbau. Und dort lag das Geld quasi auf der Straße. Für ihn wird es also Zeit, sich von Mamas Brust loszueisen und mit seiner Vespa und seinem besten Freund Gianni (Gianni Carrera) die Reise nach Gelsenkirchen anzutreten. Der Ort sollte aber noch deutscher sein als sein Name.

Es ist ein beachtliches Schauspiel, das die Darsteller und Musiker da auf die Bühne zaubern. Sie machen aus kleinen Szenen ganz große. Die Aufführung ist mitreißend, witzig, frech und stellt Fragen. Zum Beispiel: Ist das eigentlich Oliven- oder Motoröl im Tank der Vespa? Und: Welche Heino-Lieder singt die sehr deutsche Deutsche Frauke als Nächstes?

Ziemlich gruselige Aussprache

Über sie stolpert Rocky im Lauf seines Roadtrips. Sie ist vor ihrem italienischen Ex-Verlobten auf der Flucht. Vor lauter Verzweiflung trällert sie aus vollem Herzen „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ von Heino. Das macht sie immer, wenn ihre Emotionen hochkochen. Auch im Bett. Vielleicht war das ja der Grund, warum die Beziehung verklang? Voller Schrecken fragt Rocky nach, wer Heino denn sei. Darauf Frauke: „Heino ist sowas wie der deutsche Eros Ramazzotti.“ Und das Beste: Auch Frauke muss nach Gelsenkirchen – dort kommt sie eigentlich her. Plötzlich sind sie zu zweit auf dem Roadtrip, der für Rocky gar gruselige Momente bereithält: So sagt Frauke plump „Zuschini“ oder „Gnotschi“. Da muss sich Rocky glatt bekreuzigen.

Nein, Deutsch und Italienisch vertragen sich eigentlich gar nicht. Und genau das arbeitet Regisseur Stefan Tilch auf urkomische, aber originelle Weise heraus. Nicht nur die witzigen Dialoge, auch die Liebe zum Detail machen das Musical so besonders. Oder anders gesagt: Wäre das Musical ein italienischer Kaffee, würden sich Witz, Charme und Spritzigkeit wie Sahnehäubchen darauf auftürmen.

Der Roadtrip führt in eine Pizzeria

Neben Heino-Liedern gibt es auch noch andere Musik – und Rocky singt auch wirklich gut. So schlägt er sich als Straßenmusiker durch, um an Geld für ein Zimmer zu kommen. Da lässt er doch gleich das Titellied „Azzurro“ aus dem Sack – gewandet in „meine süße italienische Tenorstimme“. Als er das weltbekannte „Caruso“ singt, entstehen Gänsehautmomente. Gemeinsam mit Frauke singt er ein tolles Duett. Am Ende gibt es sogar ein eigenes Konzert im Musical. Die Mischung aus Emotion und Witz, Musik und Dialogen macht das Musical zu etwas Besonderem.

Ihr Roadtrip führt Rocky und Frauke in eine italienische Pizzeria kurz vor Gelsenkirchen. Aber der Besitzer hat keine Kunden. Das wollen die beiden ändern: Sie benennen kurzerhand „Enzos Pizzeria“ in „Pizzeria beim Heinz“ um. Und schon schlappt ein stereotyper Deutscher an, wie er im Buche steht: samt Sandalen, weißen hochgezogenen Socken und deplatziertem Fischerhut.

Regisseur auch in Kaiserslautern bekannt

Hinter dem Musical verbergen sich greifbare Motive von Freundschaft, Liebe und dem Sinn des Lebens. Regisseur Stefan Tilch, der seit 2022 Intendant des Landestheaters Niederbayern ist und 2010 auch schon am Pfalztheater Kaiserslautern als Gastregisseur den „Fliegenden Holländer“ inszenierte, hat sich die Handlung ausgedacht. Schade, dass nur 150 Leute da waren, zumal „Azzurro“ pfalzweit nur in Zweibrücken aufgeführt wurde. Ein so tolles Ensemble, bei dem auch die Band I Dolci Signori live spielte, hätte mehr Publikum verdient gehabt.

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