Zweibrücken „Er hat mit der Pistole direkt auf mich gezielt“

„Drei Maskierte flüchten aus dem Juwelierladen“, sage gestern ein 68-jährige Zeuge vor der Großen Strafkammer beim Landgericht Zweibrücken. Dort sitzt seit vorgestern ein 40-jähriger Serbe auf der Anklagebank. Oberstaatsanwältin Iris Weingardt wirft ihm vor, am 25. November 2015 mit zwei namentlich nicht bekannten Komplizen das Juweliergeschäft Rohrbacher in der Fußgängerzone überfallen zu haben (wir berichteten gestern).

Bei dem Überfall, der nicht einmal zwei Minuten dauerte, sollen die Räuber 72 wertvolle Rolex-Uhren erbeutet haben und zu Fuß in Richtung Karlstraße geflüchtet sein. Von dort suchten sie laut Anklage mit einem silberfarbenen Auto das Weite. Der Angeklagte sagt zu dem Vorwurf kein Wort. Nur einmal machte er eine Bemerkung – als er in einer Gerichtspause in Handschellen an der Vorsitzenden Richterin Susanne Thomas vorbeigeführt und in die Gerichtszelle gebracht wurde –, nämlich, dass er „damit nichts zu tun“ habe. Sei Verteidiger Stefan Beck wertete dies lediglich als Bemerkung, nicht aber als eine Einlassung seines Mandanten. Sichtlich nervös der 40-jährige Angeklagte gestern. Er gestikulierte mit fahrigen Handbewegungen, geriet mit seinem Verteidiger in kleinere Diskussionen, flüsterte diesem hektisch ins Ohr. Und zwar genau in dem Moment, als die gestrigen Zeugen aussagten, dass sie die drei maskierten Männer auf der Flucht gesehen und verfolgt hätten. Aufgeschreckt durch die Hilferufe des Geschäftsführers des Juwelierladens Rohrbacher, der aus dem Obergeschoss laut „Überfall! Überfall!“ schrie, verfolgten ein 19- und ein 35-Jähriger die drei Räuber bis in die Karlstraße, wo letztere in das bereitstehende Fluchtauto sprangen und davonbrausten. Während der Flucht habe der Größte des Trios plötzlich aus seiner Jacke ein Schusswaffe gezogen und zunächst den 19-Jährigen mit unverständlichen Worten bedroht. „Er hat mit der Pistole direkt auf mich gezielt“, sagte gestern der Zeuge. Er habe aber dann die Waffe nach oben gehalten und in die Luft geschossen. Ein zweites Mal habe er den 35-jährigen Verfolger mit den Worten „weg, weg“ bedroht und erneut mit der Waffe in die Luft geschossen. Auf wiederholtes Fragen der Vorsitzenden Richterin bestätigten alle Zeugen gestern, dass der Mann deutlich erkennbar in die Luft gezielt und geschossen habe. Sie hätten die Verfolgung abgebrochen, als das Trio in das Fluchtauto gesprungen und weggebraust sei, sagten die beiden Zeugen. Der 35-Jährige hatte Fotos des Fluchtautos gemacht. Es handelte sich um ein silbernes Fahrzeug mit französischem Kennzeichen. Dieses Auto wurde einige Tage später in Homburg gefunden. Im Fahrzeug fanden die Ermittler ein DNA-Spur des 40-jährigen Angeklagten. Gestern sagten zwei Schusswaffensachverständige vom Bundeskriminalamt und dem rheinland-pfälzischen Landeskriminalamt aus. Sie untersuchten die ausgeworfene und sichergestellte Patronenhülse, die auf der Straße lag. Die Hülse wurde aus einer Selbstladepistole, Kaliber 7,62 Millimeter, abgefeuert. Es habe sich dabei um eine russische Militärwaffe aus dem Jahr 1933 gehandelt, die in vielen Ländern nachgebaut werde. Interessant für das Gericht war, dass die Patronenhülse in dem serbischen Ort hergestellt wird, in dem der Angeklagte lebte. Dass bei dem Überfall eine scharfe Schusswaffe mitgeführt und von dieser Gebrauch gemacht wurde, erhöht das Strafmaß bei gemeinschaftlichem schwerem Raub und wird per Gesetz nicht unter fünf Jahren Haft geahndet. Der Prozess wird am 12. September fortgesetzt. |wuk

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