Zweibrücken Arbeiten bei der Justiz: „Die Leute kriegen Dinge mit, die andere nur im Fernsehen sehen“

Selina Burkhart ist die Ausbildungsberaterin am OLG Zweibrücken.
Selina Burkhart ist die Ausbildungsberaterin am OLG Zweibrücken.

Was Handwerker schon länger kennen, wird so langsam auch zum Problem für die Justiz: der Nachwuchsmangel. Deshalb macht das Zweibrücker Oberlandesgericht jetzt Werbung in eigener Sache.

„Die Bewerber, die wir jetzt bräuchten, die sind nie geboren worden“, sagt Volker Doll, Personalreferent am Zweibrücker Oberlandesgericht (OLG), das die Auszubildenden für die ganze Pfalz aussucht. Auch die Justiz merkt, dass sie ihre Nachwuchskräfte aus geburtenschwachen Jahrgängen rekrutieren muss. Die Bewerberzahlen haben sich halbiert oder sind gar auf ein Drittel zurückgegangen, sagt OLG-Präsident Bernhard Thurn. Nicht nur die Anzahl der Bewerber sei gesunken, auch die Qualität habe nachgelassen: „Wir mussten die Anforderungen herabsetzen. Die bringen nicht mehr die guten Noten mit wie früher.“ Man finde immer noch genug gute Leute, sagt Thurn, fügt aber hinzu: „Im Moment jedenfalls.“ Ein Freifahrtschein in die Ausbildung sind die sinkenden Bewerberzahlen aber nicht: Nur etwa die Hälfte der Bewerber wird auch genommen.

Wobei es nicht um die Richter und Staatsanwälte geht, die zunächst Jura studieren und dann in die Justiz wechseln. Die Berufe, für die das OLG derzeit kräftig die Werbetrommel rührt, sind Rechtspfleger und Justizfachwirte. Volker Doll sagt aber: „Rechtspfleger entscheiden wie ein Richter. Sie haben keine Vorgesetzten, die ihnen eine Entscheidung vorschreiben. Das macht den Beruf so besonders.“ Die Rechtspfleger befassen sich mit Nachlassangelegenheiten, Grundbuchsachen, Erbscheinen, Betreuungsfällen. Und ihre Ausbildung ist ein Studium. Aber eines, bei dem sie von Anfang an verbeamtet sind und Geld verdienen. Die Ausbildung eines Rechtspflegers koste das Land 50.000 Euro. Auch deshalb gebe es nach wie vor ein strenges Bewerbungsverfahren, bei dem die Besten ausgewählt würden.

„Bindeglied zwischen Gericht und Bürger“

„Die Leute kriegen Dinge mit, die andere nur im Fernsehen sehen“, sagt Personalreferent Doll über den zweiten Beruf, für den das OLG Nachwuchs sucht: Justizfachwirt. Die seien „Bindeglied zwischen dem Gericht und dem Bürger draußen“, erläutert Ausbildungsberaterin Selina Burkhart. Sie nehmen Telefonate entgegen, führen Protokoll, bringen Urteile zu Papier und können sich später zum Gerichtsvollzieher weiterbilden. „Wir brauchen viele Justizfachwirte“, sagt Ausbildungsberaterin Burkhart und meint damit nicht nur Zweibrücken. Denn das OLG, das hier im stadtbildprägenden Schloss seinen Sitz hat, ist für die gesamte Pfalz zuständig, für 1,4 Millionen Bürger.

Hier zeigen sich die Unterschiede in der Pfalz: Aus der eher strukturschwachen Westpfalz kommen vergleichsweise viele Bewerber, die später an den großen Gerichten in der Vorderpfalz eingesetzt werden. Dabei ist Zweibrücken mit dem höchsten Gericht in der Pfalz auch ein großer Justizstandort. Inklusive den Bediensteten in der Justizvollzugsanstalt, dem Gefängnis, sind hier 600 Menschen in der Justiz beschäftigt. Damit sei die Justiz „ein bedeutender Arbeitgeber in solch einer kleinen Stadt“, sagt Volker Doll.

Die Gerichte in der Pfalz

Die pfälzische Justiz hat 2100 Mitarbeiter. 1750 sind es an den Gerichten. Zum Bezirk des OLG Zweibrücken gehören vier Landgerichte – Frankenthal, Kaiserslautern, Landau und Zweibrücken – und darunter 15 Amtsgerichte – Bad Dürkheim, Frankenthal, Grünstadt, Ludwigshafen, Neustadt und Speyer im Bezirk Frankenthal, Kaiserslautern, Kusel und Rockenhausen im Bezirk Kaiserslautern, Germersheim, Kandel und Landau im Bezirk Landau sowie Landstuhl, Pirmasens und Zweibrücken im Bezirk Zweibrücken. In Zweibrücken ist zudem die Generalstaatsanwaltschaft ansässig, der vier Staatsanwaltschaften unterstehen – wieder in Frankenthal, Kaiserslautern, Landau und Zweibrücken. Bei den Staatsanwaltschaften arbeiten 350 Mitarbeiter.

Internet

Wer sich für ein Studium oder eine Ausbildung bei der pfälzischen Justiz interessiert, bekommt unter justizausbildung.de nähere Informationen.

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