Zweibrücken Musik wie eine wärmende Decke

Cathrin Bungert (links) und Hildegard Baum wollten so viele Menschen zuhören, dass in der Himmelsbergkapelle zusätzliche Stühle
Cathrin Bungert (links) und Hildegard Baum wollten so viele Menschen zuhören, dass in der Himmelsbergkapelle zusätzliche Stühle aufgestellt werden mussten.

So viele machten sich noch auf nie zur Himmelsbergkapelle: Die Sopranistinnen Hildegard Baum und Cathrin Bungert, die von Marina Kavtaradze am Klavier begleitet wurden, berauschten die rund 200 Zuschauer am Freitagabend einem großartigen Konzert. Im Fokus des Neujahrskonzerts stand der brillante Komponist Leonard Bernstein. Das rund zweistündige Konzert stellte sich als musikalische Offenbarung heraus.

Kann man von Musik berauscht sein? Diese Frage drängt sich unweigerlich auf, wenn man dem Konzert an jenem Freitagabend lauscht. Bei Titeln wie „Neverland“ oder „My House“, die Bernstein 1950 schrieb, scheint die Melodie lediglich das Transportmittel für die Gefühle zu sein: Im wunderbar ausdrucksstarken Duett von Hildegard Baum und Cathrin Bungert vereinigen sich eindringliche Gefühle von Einsamkeit, Hoffnung und dem Träumen. „Das Lied handelt von einem Haus, bei dem Vertrauen und Liebe das Fundament sind“, erklärt Baum den Grundgedanken. Erklärungen sind aber überflüssig – Baum und Bungert übertragen die Emotionen mühelos auf die Zuhörer. Es ist die Wärme in der Stimme Hildegard Baums, die Seele in der Stimmfarbe Cathrin Bungerts, die wohlig warme Emotionen hervorrufen. Baums Gestik scheint die gesamte Kapelle zu umfassen. Genauso allumfassend und herrlich durchdringend ist ihr Gesang. Die Ausdrucksstärke offenbart sich den etwa 200 Zuhörern bei jedem Lied. Sie scheinen die Herzen der Zuhörer von innen zu wärmen. „Vor einem Jahr hatten wir auch ein Neujahrskonzert in der Kapelle“, erinnert Pfarrerin Elisabeth Brach zu Beginn des Abends. „Es ist schön zu sehen, dass sogar noch mehr Leute gekommen sind als voriges Jahr.“ Und das ist noch untertrieben: Hinten, an den Seiten, links und rechts vom Durchgang in der Mitte werden zusätzliche Stühle aufgestellt. Zurecht – eine wunderschöne Atmosphäre legt sich angesichts des brillanten, anrührenden und virtuosen Gesangs über die Kapelle. Auch bei Leo Leux‘ „Ich hab eine starke und eine schwache Seite“, was Bungert alleine singt, zeichnet sich der Facettenreichtum ab. Die humoristische Darstellung Bungerts sorgt für Lockerheit und Abwechslung. Mit spritzigen Reimen wie „Ich bin nicht immer zugeknöpft bis an den Hals, ich kann auch anders sein, das heißt, gegebenenfalls“ bringt sie den Humor als Kontrapunkt zu den größtenteils ernsthaften, botschaftsgeprägten Liedern. Immer auf dem Punkt stellt Marina Kavtaradze eine überragende Begleitung am Klavier dar. Mit „Anniversaries für Piano“ von Bernstein beglückt sie die Zuhörer mit fein abgestimmten Tönen, die zunächst verspielt und leicht daherkommen. Dann wird das Stück zunehmend ernster und grimmiger. Eine gute Pianistin erkennt man unter anderem an der gesamten Körperhaltung, an Mimik und Gestik: Kavtaradze geht während des Stückes mit dem ganzen Körper mit. Das Konzert war allumfassend – Hildegard Baum, Cathrin Bungert und Marina Kavtaradze offenbarten ihr ganzes musikalisches Spektrum, das vollkommen und großartig war. In der kalten Jahreszeit haben die drei es geschafft, nur durch ihre Musik für Wärme zu sorgen, die sich wie eine Decke um das Innere wickelte. Der große Applaus, der den drei Damen gebührt, nimmt gar kein Ende. Es war ein charmanter, großartiger und abwechslungsreicher Abend. Wieder einmal hat Pfarrerin Brach unter Beweis gestellt, dass es eine Schande wäre, würde die Himmelsbergkapelle dem Erdboden gleichgemacht.

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