Zweibrücken Beethoven kommt ins Schweben

Interessantes Ambiente: Das Aris-Quartett spielt in der Reithalle des Gestüts Birkhausen.
Interessantes Ambiente: Das Aris-Quartett spielt in der Reithalle des Gestüts Birkhausen.

In der Matinee „Klassik auf Birkhausen“ drehte sich in diesem Jahr alles um Ludwig van Beethoven (1770-1827). Auf dem Programm standen sein Streichquartett Nr. 7 op. 59/1 in F-Dur, „Rasumowsky-Quartett“ genannt, und die berühmte „Kreutzersonate“ op. 47 in A-Dur für Violine und Klavier. Das Aris-Quartett machte seinem internationalen Namen im Gestüt Birkhausen alle Ehre: Klänge von höchster Transparenz und Ausdruckskraft schwebten am Sonntagmorgen durch die Licht durchflutete Reithalle und faszinierten die 230 Besucher des Konzertes vorbehaltlos. Nach dem lebhaften Auftakt des „Rasumowsky-Quartetts“ verzauberten die Geiger Anna Katharina Wildermuth und Noémi Zipperling, Bratschist Caspar Vinzens und Lukas Sieber am Cello mit weichen, dunklen Klängen in feinsten Nuancen. Die nachdenklich-versonnenen Melodiebögen gewannen durch zart bebende Vibrati eine sich – wenn auch nahezu unmerklich – kontinuierlich steigernde Spannung. Das Adagio gestaltete das Aris-Quartett als gedankenverlorene Elegie mit fast schmerzlichen Akzenten. Ein rassig-folkloristisches Motiv wechselte sich mit suchenden melodischen Elementen voll latenter Spannung ab, die sich zu einem Thema zu formieren suchten. Farbenreichtum und dramatische Entwicklungsprozesse bot das Aris-Quartett im letzten Satz „Thème russe“ auf höchstem Niveau in diesem außergewöhnlichen Kammermusikkonzert. In einer humorvollen Anekdote plauderte Pianist und Moderator Mario Thinnes aus, wie die „Kreutzersonate“ zu ihrem Namen kam. Angeblich hatte sich Beethoven mit dem Geigenvirtuosen George Bridgetower, für den er die Sonate ursprünglich komponiert hatte, nach der Uraufführung wegen eines Mädchens zerstritten und das Werk dann Rodolphe Kreutzer gewidmet. Ein eindringliches Motiv von Geiger Ingolf Turban aus München leitete das Werk ein, zunächst nachdenkliche Klavierakkorde brachten sehr bald eine subtil ausdifferenzierte Spannung ins Spiel. Dann entfaltete sich zwischen den beiden instrumentalen Protagonisten ein Dialog mit dramatischen Akzenten. In Thinnes’ stürmisch-drängende Klavierthemen fiel Turban mit leidenschaftlichem Spiel ein. In glasklaren, mitreißenden Klängen, die Geige schien in seinen Händen zu singen und Töne zu weinen. Auffallend war auch, wie kongenial die beiden Solisten harmonierten. Ruhephasen lösten hektisch überstürzte Steigerungen ab, die in spannungsreiche, hochvirtuos gestaltete Kadenzen gipfelten. Stellenweise wirkte Thinnes’ Klavierspiel wie eine Ballade ohne Worte, aus der sich ein Zwiegespräch mit der Violine entspann. Immer wieder faszinierte der Pianist nicht nur durch markant-dramatische Expressivität, sondern durch die elfenhafte Zartheit seiner Interpretation, seine schwerelos-kristallinen und doch warmen Klänge, über denen Ingolf Turban seine Themen in weit gespannten Melodiebögen entfaltete. Das Spiel des Geigers fesselte durch die zupackende Kraft und federnde Spannung. Eine fulminante Kadenz beschloss diese außergewöhnliche Interpretation.

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