Speyer Sparen – nur wie?

Den Kommunen werde nicht ausreichend Geld gegeben für eine effektive kommunale Selbstverwaltung, sagte Fraktionssprecher Gottfried Jung. Er sieht in dieser Hinsicht nicht alle Zusagen des Landes erfüllt. Auch bei der laufenden Kommunalreform sei das Mainzer Vorgehen nicht optimal: Er befürchte, dass Speyer über eine „Salamitaktik“ in den Rhein-Pfalz-Kreis eingegliedert werde, so Jung. Der restriktive Haushaltskurs der Stadtverwaltung zeige Wirkung, Speyer könne sich auf diese Weise entschulden. Jung: „Dass der Oberbürgermeister sehr stark auf der Ausgabenbremse steht, macht ihm sicher keine Freunde. Aber er braucht Verständnis.“ Jung identifizierte viele „Zukunftsprojekte“ aus Sicht der CDU. Darunter: die Verbesserung der Infrastruktur, für die neben Straßenerneuerungen eine Öffnung der Parkplätze von Amtsgericht und Landesbetrieb Mobilität an Wochenenden nötig sei, eine Ehrenamtsbörse, eine Prüfung, ob eine neue Kita statt in der Normand-Reithalle auf der Brache hinter der Jugendförderung entstehen könne, und ein Konzept für die Ordnungsverwaltung mit Initiativen gegen wilden Müll sowie Alkoholmissbrauch: „Wie können wir erreichen, dass Tankstellen abends und nachts wenigstens keine Spirituosen mehr verkaufen?“ „Im Leben geht es nicht nur darum, gute Karten zu haben, sondern auch darum, mit einem schlechten Blatt gut zu spielen.“ Diesen Satz des bekannten Autoren Robert Louis Stevenson stellte Fraktionsvorsitzender Walter Feiniler seiner Rede zum Etat voran. Oberbürgermeister Hansjörg Eger (CDU) habe „nicht immer die guten Spielkarten gehabt“, auch wegen Vorgaben von Bund und Land. Trotzdem biete der Haushaltsplan Möglichkeiten, „mutig, nachhaltig und sozial“ Speyers Zukunft zu gestalten. Feiniler regte zu Überlegungen an, ob es sinnvoll sein könnte, den seit 1995 unveränderten Gewerbesteuer-Hebesatz zu erhöhen. Weitere Sparansätze zu finden, sei schwierig. Als Schwerpunkte der SPD nannte Feiniler unter anderem den Einsatz gegen eine Verödung der Ortskerne in Speyer-Nord und -Süd, für einen Lebensmittelmarkt auf dem alten Bauhaus-Gelände, für eine Hafennutzung zum Umschlag fester Güter, für klassische Open-Air-Konzerte vor dem Dom und einen „Erinnerungsgarten“ auf dem Friedhof. Den Haltepunkt Süd sehe die Fraktion nach der „Explosion“ der erwarteten Kosten „noch kritischer“. „Formale Fehler und inhaltliche Mängel“ fand die Grünen-Fraktionsvorsitzende Irmgard Münch-Weinmann im Haushaltsplan. Trotzdem stimmte ihre Partei zu. Falsche Weichenstellungen gebe es etwa in der Energiepolitik: Es fehle ein großes Konzept, wie die Einspar-Ziele der Stadt erreicht werden könnten. „Die Stadtwerke allein werden es nicht richten.“ Der Naturschutz müsse verstärkt werden – beim Auwald bedeute das nicht nur einen zehnjährigen Verzicht auf Eingriffe, sondern auch die Idee, für ihn Unesco-Welterbe-Status zu beantragen. Die Stadt brauche Streetworker, mehr Sitzungen des Sozialausschusses, mehr Kinderbetreuung sowie ein Konzept für „kostengünstigen Wohnraum unter ökologischen Aspekten“. Münch-Weinmann sprach von einem „verspäteten Einstieg in die politische Arbeit“ der nach der Kommunalwahl gebildeten großen Koalition, für die der von den Grünen mitgetragene neue S-Bahn-Halt zur „Knacknuss“ werden könne. Weitere Konsolidierungsmaßnahmen seien nötig. „Wir hoffen für das nächste Mal auf einen vernünftigen Vorschlag“, sagte Hanna Tochtermann-Bischof für die Wählergruppe. „Das geht so nicht“, so im Gegenzug ihre Kritik an der aktuellen Finanzplanung. Sie erwartet einen steigenden Schuldenstand, vermisst eine Tilgung der Liquiditätskredite und rief Eger zu: „Ihre Haushaltspolitik ist gescheitert, Herr Oberbürgermeister.“ Für eine Konsolidierung müssten mehrere Ausgabengruppen kritischer überprüft werden – auch der „Umfang der freiwilligen Leistungen“. Wenn die Speyerer im Rahmen eines Bürgerhaushalts darüber mitentscheiden dürften, hätten sie auch mehr Verständnis für Einschnitte, erwartet Tochtermann-Bischof. „Luxusprojekte“ wie der S-Bahn-Haltepunkt Süd, „Lesegärtchen und Fahrradkarussells“ sieht sie als überflüssig. SWG-Kritik gab es auch an der „Politik des Zuschuss-Suchens“ sowie an der Auftragsvergabe der Verwaltung für Gutachten, ohne vorab die genauen Kosten zu kennen. Die Aussage ihr gegenüber, das gewünschte Fahrradkonzept könne „zwischen 25.000 und 250.000 Euro“ kosten, sei ihr zu vage, so Tochtermann-Bischof. Sie regte ein Konzept an, um Speyer schuldenfrei zu machen: „Das ist bestimmt oft schmerzhaft, ist das was für uns?“ Die Stadt leiste sich aktuell zu viel. „Überrascht und gerührt“ war Vorsitzender Claus Ableiter, in der SWG neue Verbündete in Sachen Haushaltskritik gefunden zu haben. Tochtermann-Bischofs Kritikpunkte „mit Ausnahme des Bahnhaltepunkts Süd“ seien richtig. Es sei eine Lüge, dass die Stadt 2011 und 2012 Überschüsse gemacht habe: Die Kredite stiegen weiter, von der Kommunalaufsicht habe es eine „51-seitige Ohrfeige“ für die Stadt gegeben. Die Stadt leiste sich zu viel „unnötigen Luxus“ wie – für 2015 geplant – neues Pflaster in der Großen Himmelsgasse und auf dem Geschirrplätzel oder den neuen Guido-Stifts-Platz. Der Auwald solle naturbelassen bleiben, auf 30.000 Euro im Jahr aus der Bewirtschaftung solle für den Naturschutz verzichtet werden. „Für die Speyerer Hausfrau und ihren Lebenspartner ist es eine Selbstverständlichkeit, sich für den Hausbau zu verschulden“, sagte Fraktionssprecher Wolfgang Förster. Er meinte damit: Die Stadt müsse ihren Investitionsstau über mehr Verschuldung beheben. Dies sei ökonomisch sinnvoll, gerade für die Finanzierung sozialer Leistungen und Investitionen in die Bildung. „Eine schwarze Null ist kein erstrebenswertes Ziel.“ Weitere Einnahmen seien über höhere Steuern möglich: „Eine arme Kommune können sich nur Reiche leisten.“ Förster forderte, nach dem Ausscheiden von Frank Scheid (SWG) 2015 den Posten des hauptamtlichen Beigeordneten zunächst nicht wiederzubesetzen. Speyer habe von oben so viele Pflichtaufgaben erhalten, dass es kaum noch selbst finanzielle Schwerpunkte setzen könne, sagte Stadtrat Dennis Peterhans. Ein gutes Beispiel sei die Unterdeckung des Sozialhaushalts. Hier dürfte nicht auf die Resultate der Klagen anderer Kommunen gegen Land und Bund gewartet werden: Speyer solle sich in „Eigeninitiative“ juristisch wehren, forderte Peterhans. Unter anderem müsse die vollständige Übernahme der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen eingefordert werden. Als Einsparpotenzial sah der FDP-Stadtrat den Bahnhaltepunkt Süd. Einer geplanten Tourismusabgabe erteilte Peterhans eine Absage. Die „alte“ FDP-Fraktion im Stadtrat hatte sich dafür noch offener gezeigt. Die Stadt müsse sich stärker als bisher dem Schuldenabbau widmen, sagte Ratsmitglied Alois Röbosch. Land und Bund müssten ihr dafür Lasten im Bereich der sozialen Sicherung abnehmen. Baustellen sollten besser koordiniert werden, der Ausbau regenerativer Energiequellen solle „nicht von heute auf morgen“ erfolgen. Zu viele städtische Ausgaben bedrohten die Ressourcen künftiger Generationen, so der fraktionslose Stadtrat Reinhard Mohler. Er machte einige Einsparvorschläge: Speyer habe etwa im Vergleich mit Landau relativ hohe Personalkosten bei der Stadt – die dürfe man „nicht tabuisieren“. Fragwürdig seien Mittel für den Guido-Stifts-Platz, die Busse zum Cura-Center, den Bahnhaltepunkt und einen hauptamtlichen Beigeordneten. (pse)

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