Speyer Metallica hallt aus Orgelpfeifen

Qual der Wahl: Bis kurz vor dem Konzert sortiert Bernd Camin die Musikwünsche.
Qual der Wahl: Bis kurz vor dem Konzert sortiert Bernd Camin die Musikwünsche.

Die Spannung steigt um kurz vor 18 Uhr. Vor allem bei Bernd Camin. Der Musikmeister sitzt in der Hocke auf der Empore der protestantischen Kirche Mechtersheim und hat nicht mehr zählbare Zettel um sich verteilt. „Orgel mal anders“ heißt das Konzert am Sonntagabend, das er sich ausgedacht hat, um Spenden für die Kirchenorgel zu sammeln. Die Besucher sparen nicht an Wünschen, die Camin spontan zu einem Programm arrangiert.

„Kann ich auswendig, kann ich, kann ich, hab’ ich dabei, muss ich noch nachschauen“, Titel um Titel geht Camin durch, was er bereits als verwertbar auf einem separaten Blatt notiert hat. Kirchliches Liedgut hat heute Pause. Das ist Sinn der Sache, betont er während der Sortierphase, die die RHEINPFALZ hautnah verfolgt. In Lingenfeld hat Camin schon einmal etwas Ähnliches gemacht, berichtet er zwischendurch. Dass die Veranstaltung ein Erfolg war, muss nicht erwähnt werden. Was der Chordirektor und studierte Organist anpackt, hat nicht nur Hand und Fuß, sondern trägt auch Früchte. Das liegt nicht zuletzt an seiner eigenen Leidenschaft. Camin, der die Magic Gospel Voices des MGV Heiligenstein leitet, lebt mit der und für die Musik. „Radetzky-Marsch“, ruft er begeistert und reißt einen Zettel nach oben: „Der ist perfekt für den Schluss.“ Es gibt durchaus Exoten in der langen Wunschliste. Der Hafer- und Bananenblues der einstigen Fernseh-Kultfiguren „Äffle und Pferdle“ beispielsweise. Camin lacht herzlich – und überlegt sich, wie das wohl intoniert werden könnte. Gar nicht, so das Ergebnis. Es geht vieles, aber nicht alles. Das ist schnell festzustellen. Wieder nimmt der Organist, in Schwegenheim aufgewachsen und in Lindenberg bei Neustadt wohnhaft, einen Zettel auf, den die Besucher am Eingang der Kirche zum Ausfüllen in die Hand gedrückt bekommen haben. „Toccata von Bach“, sagt Camin und wirft einen Blick zur Orgel. Toll ist das Stück – begrenzt sind die Entfaltungsmöglichkeiten am Instrument. „Da kommt nix“, ahnt der Fachmann. Kurz nach 18 Uhr steht das Programm. „Sie haben mich gut ausgestattet mit Ihren Wünschen“, erzählt Camin dem erwartungsvollen Publikum in den Kirchenbänken. Er setzt an, atmet durch, zieht die ersten Register. Der „Kaiserwalzer“ von Strauß soll’s zum Auftakt sein. Ein kleines Geschenk an Camins Eltern, die sich eingefunden haben. „Das ist Sport hier oben“, wirft der 37-jährige, mehrfach preisgekrönte Musiker ein. Er gibt aber auch alles, um der kleinen Orgel die ganz großen Töne zu entlocken. Dass das Instrument eine Restaurierung bitter nötig hat, beweist er am „Octavbass“. Ein lautes Wummern stellt sich im Kirchenraum ein. „Das Register müsste eher Presslufthammer heißen“, scherzt Camin. Die Besucher verstehen, wofür ihr Geld verwendet werden soll, das sie am Ende ins Kässchen werfen. Schrecken lässt sich der Vollblutmusiker von den „Blessuren“ der Orgel nicht. Er legt nach. „Nothing else matters“, „Sag mir wohin“, „Hallelujah“, „We will rock you“, „Loch Lomond“. Den schottischen Folksong hat sich Pfarrerin Bettina Beyerle schon im Vorfeld gewünscht, da der Konzerttag in ihren Urlaub fällt. Am Ende wird „recycelt“, wie Camin munter angekündigt hat. Was nicht in voller Länge gespielt werden konnte, wird in einem Medley zusammengefasst. Unterhaltung vom Feinsten bei entspannter Atmosphäre weckt die Spendenfreudigkeit. Dass das Geld gut angelegt ist, haben die rund 180 Besucher des Konzerts live erfahren. Insgesamt sind 1330 Euro zusammengekommen.

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