Speyer Lernen unter Barackendach

Rund 300 Kinder haben vor sieben Jahrzehnten ihre Laufbahn in der Siedlungsschule begonnen. Rund 300 kleine Siedler besuchen auch aktuell die Grundschule im Birkenweg. Zwischen 1944 und 2014 hat die Schule viel bewegt und manche Reform überstanden. Morgen feiern Schüler, Lehrer, Eltern und Politiker von gestern und heute 70 Jahre Bildungsgeschichte in Speyer-Nord.

Der Krieg hat die Schule in die Siedlung gebracht. Chronisten berichten von Tieffliegerangriffen der Alliierten, die die ersten Siedler in den letzten Kriegsjahren um Gesundheit und Leben ihrer Kinder auf dem täglichen Fußmarsch in die Stadt fürchten ließen. Die Jungen besuchten demnach damals die Zeppelin-, die Mädchen die Kloster- oder Roßmarktschule. In der Baracke, in der ab 1944 300 kleine Siedler lernten, waren bis 1940 Arbeiter zur Errichtung des Westwalls untergebracht. Sechs Klassenzimmer – jedes fünf Meter breit, elf Meter lang und 2,45 Meter hoch –, Hausmeisterwohnung und Lehrerzimmer fanden unter dem Barackendach Platz. Dicke Socken und Schuhe gehörten zur Grundausstattung, berichtet ein Siedlungsschul-Pionier. Durch die Ritzen der Holzdielen drang die Kälte, gegen die der Kanonenofen nicht anheizen konnte. „Regenwasser von der Decke wurde in Konservendosen aufgefangen“, beschreibt er Temperaturen und Niederschläge im Schul-Schichtwechsel. Am 8. November 1948 beschloss der Stadtrat den „Ausbau der Schulbaracke in der vorstädtischen Kleinsiedlung“ für 17.500 D-Mark inklusive Abortanlage. 1951 ist dann die Entscheidung für einen „Volksschulhausbau“ mit Mehrzweckhalle als Siedlungsmittelpunkt gefallen. Am 31. Januar 1954 bezogen die kleinen Siedler den Neubau, der heute der Altbau ist. In Funk, Film und Presse sah der damalige Kultusminister Albert Finck (CDU) Jugendgefährdung. „Sie können zu Oberflächlichkeit und Leichtlebigkeit verführen“, mahnte er bei der Einweihungsfeier vor 60 Jahren. Auf das Doppelte gestiegene Schülerzahlen schafften bald neue Platzprobleme. Vier Schulpavillons für die unteren Klassen folgten 1960, der Schulhof wurde angelegt und die Pausenhalle gebaut. 1967 kamen zwölf weitere Klassenzimmer hinzu, Filmsaal, Werkraum und Lehrküche. „Die Schulschwimmhalle fiel ins Wasser“, ist in der Chronik zu lesen. Im Jahr 1972 war dann die Siedlungs-Hauptschule für 4,8 Millionen DM errichtet und die Trennung zwischen Grund- und Hauptschule vollzogen. (kya)

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