Speyer Konnte man die Zukunft voraussehen?

Es war eine etwas komische Situation, als am Montagabend bei der Sitzung des Verbandsgemeinderats Römerberg-Dudenhofen ein Bürgermeister den anderen fragte: „Herr Bürgermeister, war das Spekulation?“ Es ging darum, ob die Verantwortlichen der Verbandsgemeinde Dudenhofen im Jahr 2011 voraussehen konnten, wie sich die Zinsen entwickeln.

Die Verbandsgemeinde Dudenhofen hatte 2011 zwei für den Laien komplizierte Zinssicherungsinstrumente (Swap-Geschäfte) abgeschlossen, die jeweils ein Volumen von rund einer Million Euro haben. Das eine Geschäft beinhaltet einen Kassenkredit, der Ende dieses Jahres ausläuft. Das andere hat eine Laufzeit bis 2035, und das zu einem Zinssatz von 4,5 Prozent. Nach Rechnung des FDP-Ratsmitglieds Jürgen Creutzmann, eines scharfen Kritiker des Geschäfts, hat die Verbandsgemeinde seither – im Vergleich zum derzeitigen Zinsniveau – 67.000 Euro zusätzliche Zinsen gezahlt. Das Derivat-Geschäft läuft bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), damals vermittelt von der Kreis- und Stadtsparkasse Speyer. Creutzmann fordert, dass die Verbandsgemeindeverwaltung versuchen müsse, aus dem Vertrag rauszukommen. Die Kreis- und Stadtsparkasse Speyer gibt es nicht mehr. Und auch die Verbandsgemeinde Dudenhofen ist Geschichte. Die Verbandsgemeindeverwaltung Römerberg-Dudenhofen will versuchen, aus dem Geschäft von damals rauszukommen. Verbandsbürgermeister Manfred Scharfenberger (CDU) stellte im Februar gegenüber der RHEINPFALZ dar, dass die Verbandsgemeinde keinen Rechtsanspruch habe, den Kredit vorzeitig zu kündigen. Da sei man auf das Wohlwollen der Bank angewiesen. Bei der Sitzung am Montag hat Scharfenberger den Ratsmitgliedern einen Brief der Sparkasse Vorderpfalz vorgelesen, in der die Kreis- und Stadtsparkasse Speyer nach einer Fusion im Jahr 2013 aufgegangen ist. Ein Mitarbeiter der Bank nimmt Stellung zu dem damaligen Abschluss. Nicht nur die Landesbank Baden-Württemberg, auch andere Analysten seien 2011 von Zinssteigerungen ausgegangen. „Beide Geschäfte stellen reine Zinssicherungsgeschäfte ohne jeglichen spekulativen Charakter dar“, schreibt der Bank-Mitarbeiter über die abgeschlossene „langfristige Festzinsvereinbarung über ein Investitionsdarlehen sowie die mittelfristige Zinssicherung für einen Teilbetrag des Kassenkredits“. Der Bank-Mitarbeiter schreibt: „Selbstverständlich ist es zutreffend, dass die Zinsentwicklung zwischen Mitte 2011 bis heute einen anderen Verlauf genommen hat. Die weitere Eskalation der europäischen Staatsschuldenkrise, um nur einen hierfür verantwortlichen Faktor beispielsweise zu nennen, war jedoch im Juni 2011 nicht absehbar.“ Die aktuell vorherrschende, historische Niedrigzinsphase sei von der gesamten Fachwelt nicht erwartet worden. Die Sicht der Sparkasse fasst er so zusammen: „Wir sind auch heute noch davon überzeugt, dass die damalige Entscheidung auf Basis einer fundierten Analyse von Gesamtverschuldung und erwarteter Zinsentwicklung nach bestem Wissen erfolgt ist und damit richtig war.“ Creutzmann sagte am Montag, es müsse geprüft werden, ob Schadenersatz geltend gemacht werden könne. Zudem führte er an, dass es vor dem Abschluss eines Ratsbeschlusses bedurft hätte, den es nicht gegeben habe. Und Peter Eberhard (CDU), der damals Dudenhofener Verbandsbürgermeister und damit für den Abschluss verantwortlich war, fragte den Verbandsbürgermeister Scharfenberger, ob dieser das damalige Geschäft als Spekulation ansehe. Der Rat wird sich – so viel steht fest – auch weiter mit der Vergangenheit befassen. (snr/snf)

x