Speyer Kammerkonzert mit Paul Erb

Junger Violinvirtuose aus Speyer: Paul Erb.
Junger Violinvirtuose aus Speyer: Paul Erb.

Paul Erb zu dem Konzept seines Konzerts bei den Speyer Resonanzen mit der Verbindung von Musik alter und neuer Meister.

Der Begriff der Moderne zieht sich durch sämtliche Epochen der Musikgeschichte, die der Geiger Paul Erb in seinem Konzert morgen im Historischen Ratssaal bei den Speyer Resonanzen einander gegenüberstellen wird. So erscheinen barocke Meister in einem anderen Licht, werden Parallelen zwischen Bach und Penderecki gezogen und der Begriff der Moderne neu definiert. Über das Konzept befragte Karl Georg Berg den Künstler.

Die Idee Ihres Konzertes ist ja, dass es zu allen Zeiten moderne Musik gab. Was ist konkret gefragt das Moderne bei Bach und seiner Violinsonate?
Johann Sebastian Bach war Organist und verstand wie kein Zweiter die Kunst der Improvisation. Niederschriften legen uns die damals gebräuchliche Spielpraxis nahe – über einen bezifferten Bass oder eine simple Melodie wurde improvisiert und eben hier bricht Bach bei seinen eigenen Werken aus den Gepflogenheiten aus. Zahlreiche seiner Orgelwerke und nicht zuletzt auch die Sonaten und Partiten für Violine solo zeichnen sich durch akribischste Notation – auch der kleinsten Notenwerte – aus. Eine für Zeitgenossen doch eher unübliche Schreibweise, belegt durch einige amüsante und von Verständnislosigkeit gekennzeichnete Niederschriften.

Der moderne Aspekt Bachs zeigt sich im Gefüge unseres Konzertes schlussendlich vor allem durch die Gegenüberstellung mit den Werken Isang Yuns und Hans Werner Henzes. In beiden Kompositionen werden Elemente des Schaffens Bachs aufgegriffen – hier als Thema, dort als musikalische Grundstimmung. Kaum ein Komponist ist noch heutzutage im musikalischen Schaffen so präsent wie Bach – und das über alle Grenzen hinweg.

Wie betonen Sie in Ihrem Spiel das Moderne etwa an der Musik Bachs?
Ich verstehe meine Aufgabe weniger in der gewollten Betonung eines gewissen musikalischen Aspekts als vielmehr in der Einbettung eines Werkes in einen Kontext, welcher dessen verschiedenste Facetten zur Geltung kommen lässt. Vor dem beispielhaften Hintergrund gregorianischer Gesänge sticht so unter anderem die extreme Polyphonie und komplexe Harmonie der barocken Meister schnell ins Ohr. Doch auch rückwärts kann man ein Werk betrachten, und so erklingt Bach am Freitag nicht vor dem Hintergrund der Gregorianik, sondern umrahmt von Yun und Penderecki.

Hören wir und, wenn ja, warum „Alte Musik“ anders, wenn sie im Kontext mit zeitgenössischer Musik erklingt, so wie in Ihrem Konzert?
Auf jeden Fall! Das von Ihnen erwähnte Phänomen möchte ich jedoch nicht unbedingt auf diesen einen Kontext beschränken. Jede Sinneswahrnehmung – sei sie visueller oder auditiver Natur – beeinflusst den Eindruck eines musikalischen Werkes. Mit der Dramaturgie des Konzertes spielen wir bewusst mit diesen Wechselwirkungen und versuchen so die Wahrnehmung subtil zu beeinflussen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Offenlegung der Parallelen – wie geht Penderecki mit einer typischen Generalbass-Besetzung um, wie behandelt Yun ein barockes Thema?

Was ist das „Alte“, wenn es dieses denn gibt, bei den zeitgenössischen Werken Ihren Programms? Was macht zum Beispiel Isang Yun mit dem „Königlichen Thema“?
Das „Königliche Thema“ von Isang Yun ist ein perfektes Beispiel für die Weiterentwicklung der alten Techniken und Klangsprache. Nach der Vorstellung des Bach'schen Themas werden recht bald weitere Kompositionstechniken eingeführt, welche man aus vielen Fugenwerken kennt. So wird das Thema umgekehrt, rückwärts zitiert und in allen Registern des Instruments zum Erklingen gebracht. Yun verbindet dies im Verlauf des Stücks mit moderneren Techniken wie zum Beispiel einer Zwölftonfolge, die wiederum durch sämtliche Arten der kontrapunktischen Veränderung geführt wird.

Penderecki, der in Ihrem Programm vorkommt, begann als Avantgardist, schrieb aber zunehmend in traditionelleren Bahnen. Wie schätzen Sie sein Werk ein?
Das „Duo Concertante“ für Violine und Kontrabass ist ein hoch spannendes Werk, welches ich schon länger zur Aufführung bringen möchte. Schon alleine die Besetzung ist der Mühe wert – beide Instrumente haben beide Hände voll zu tun. Penderecki kehrt hier wieder zurück zur Tradition und erlaubt sich dennoch den ein oder anderen Ausflug in atonale Gefilde. Man spürt – wie er selbst auch sagte –, dass er im Alter nur noch komponierte was ihm Freude bereitete.

Ein Wort zur F.A.E.-Sonate. Was ist für Sie der Reiz eines Stücks von drei Komponisten?
Die F.A.E.-Sonate ist so vieles – in aller erster Linie unserer Betrachtung ein auskomponierter Dialog zwischen drei grundverschiedenen Komponisten. Die Anwesenheit des Geigers Joseph Joachim in Düsseldorf, der dort die Fantasie für Violine und Orchester Robert Schumann uraufführen sollte, war der Anlass für die von Schumann angeregte Komposition einer Violinsonate zu Ehren Joachims. Schumann selbst übernahm zwei Sätze. Jeweils einen Satz komponierten der Schumann-Schüler Albert Dietrich und der zwanzigjährige Johannes Brahms, der sich als Gast der Familie Schumann in Düsseldorf aufhielt.

So lassen die einzelnen Sätze gänzlich unterschiedliche Interpretationen zu – sollen selbige wie aus einem Guss gespielt werden oder liegt der Reiz in der offensichtlichen Differenzierung dreier Persönlichkeiten? So lässt zum Beispiel das Brahms'sche Scherzo – eingerahmt von Kompositionen reifer Musiker – sich ganz wunderbar als überschwänglicher Gegenpol interpretieren.

Welche interpretatorischen Anforderungen stellt der Wechsel zwischen historischer und zeitgenössischer Musik?
Jedes Stück fordert eine ganz eigene Herangehensweise, jedem Komponisten ist eine persönliche Klangsprache zu eigen. In diesem raschen Wechsel liegt bei jedem abendfüllendem Konzert die offensichtlichste Herausforderung, bei unserem Konzert nun ergänzt durch so drastische Epochensprünge. So ändern sich weit mehr Parameter bis hin zu ganz fundamentalen technischen Aspekten wie der Bogenführung, den Klang eines weitaus leichteren Barockbogen nachempfindend.

Das Konzert

Paul Erb, Violine, Alexis Scharff, Kontrabass, und Ulrike Krämer, Klavier, spielen am Freitag, 31. März, um 19.30 Uhr im Historischen Ratssaal bei dem neuen Festival Speyer Resonanzen die F.A.E.(frei, aber einsam)-Sonate aus der Feder von Albert Dietrich, Johannes Brahms und Robert Schumann, Isang Yuns „Königliches Thema nach J. S. Bach für Violine solo“, Krzysztof Pendereckis Duo concertante für Violine und Kontrabass, Karol Szymanowskis Sonate d-Moll op. 9 für Violine und Klavier, zweite Sätze aus Johann Sebastian Bachs Sonate Nr. 2 a-Moll BWV 1003 für Violine solo und Giovanni Bottesinis Gran Duo Concertante für Violine, Kontrabass und Klavier. Karten für das Konzert gibt es in der Tourist-Info Speyer, über das Ticket-Portal www.reservix.de und bei allen Reservix-Vorverkaufsstellen. Also auch beim RHEINPFALZ-Ticket-Service.

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