Speyer Insgesamt 272 Jahre bei Bödeker: Sechs Verkäuferinnen berichten

Prost: Louis sowie Peter Bödeker und Gisela Merl-Bödeker überraschen ihre dienstältesten Mitarbeiterinnen Christiane Müller-Sake
Prost: Louis sowie Peter Bödeker und Gisela Merl-Bödeker überraschen ihre dienstältesten Mitarbeiterinnen Christiane Müller-Sakej, Annelie Laber, Sabine Zinn, Erika Schweder, Annette Kahraman und Doris Cairo (von links).

Mehr als 40 Jahre bei Bödeker – sechs Verkäuferinnen wurden aus diesem Anlass von Chef Peter Bödeker geehrt. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ berichten sie von Veränderungen und dem störrischen Hund der Empfangsdame.

272 Dienstjahre sitzen an diesem sonnigen Vormittag auf der Dachterrasse des Schuhhauses Bödeker in der Speyerer Maximilianstraße. 320 wären es, rechnet Chef Peter Bödeker vor, wenn die siebte seiner dienstältesten Angestellten bei der Ehrung anwesend wäre. „Wenn wir soweit zurückrechnen, wären wir im 18. Jahrhundert“, erklärt Bödeker.

Die insgesamt 272 Dienstjahre haben seine Angestellten Christiane Müller-Sakej, Annette Kahraman, Sabine Zinn, Annelie Laber, Doris Cairo und Erika Schweder bei Bödeker verbracht. Am längsten ist Laber dabei. 1969 begann die Verkäuferin beim Familienunternehmen. Ihr Metier sind Kinderschuhe. Die Dienstälteste ist Laber aber nicht. Aufgrund einer nachwuchsbedingten Auszeit geht dieser Titel an Erika Schweder. „Dabei war ich keine gelernte Verkäuferin“, erinnert sich die ausgebildete Friseurin. Die Dienstjüngste des besonders treuen Sextetts ist Annette Kahraman. Im Jahr 1982 kam sie dazu.

Erinnerungen an den Papst

In ihrer Zeit bei Bödeker haben die Verkäuferinnen viel erlebt. Da war einmal der Besuch des Papstes 1987 in Speyer, wie Chef Peter Bödeker sich erinnert. Vom Vordach des Gebäudes aus habe die Belegschaft dem Oberhaupt der Katholiken zugewunken. Auf ebendiesem, jetzt nicht mehr vorhandenen Vordach habe sich unter anderem Doris Cairo immer wieder um die Blumenkästen gekümmert.

Auch im Betrieb habe sich viel verändert. Da seien einmal die Taschen gewesen, die Erna Bödeker, Ehefrau von Unternehmensgründer Franz Bödeker, neben den Schuhen als Ware einführte. „Der Senior-Chef hat immer gesagt: ,Die Schuhe kommen zuerst’“, berichtet Sabine Zinn. Heimlich hätten sie und die Chefin im Lager die Taschen etikettiert, um diese dann vor dem Chef in Kartons zu verstecken. Sie hätten ihn am Klang seiner Schritte erkannt. Heute gibt es bei Bödeker längst Taschen und Textilien.

Technische Umstellungen erlebt

Einst seien Kunden bei Bödeker von einer Empfangsdame mit einem kleinen Hund begrüßt und an die Verkäuferinnen übergeben worden. Mit dem Vierbeiner hätten die Angestellten dann aber auch Gassi gehen müssen. Das sei nicht immer einfach gewesen, denn das Tier habe einen eigenen Kopf gehabt, gesteht der Chef ein.

Auf das Internet hätten sich die Angestellten erst einmal einstellen müssen. „Früher musste man an einer Kasse alles eintippen, jetzt gibt es Computer“, sagt Schweder. Vor allem bei Kinderschuhen sehen die Verkäuferinnen auch 2023 noch Vorteile im Ladenverkauf. Dort könne man sich die Schuhe besser anschauen und sichergehen, dass sie dem Nachwuchs auch noch eine gewisse Zeit lang passen, ehe er ihnen wieder entwächst.

Kunden sind ruppiger geworden

Schlimm war die Corona-Zeit für die Verkäuferinnen. Kundenkontakt habe es zuerst keinen gegeben. Verkauft worden sei unter anderem über das Internet. Als die Läden dann wieder öffnen durften, hätten alle Masken getragen. Gesichter waren nicht sichtbar. Auch das Verhalten der Kunden habe sich durch die Pandemie geändert. „Manche sind ruppiger geworden“, berichtet Schweder. Warum sie an diesem Tag in die Maximilianstraße kommen sollen, hat ihr Chef den sechs Frauen übrigens vorab nicht verraten. Umso überraschter waren sie, als es neben einem Blumenstrauß auch noch einen Reisegutschein zu einem Ziel ihrer Wahl gab. Zum Dank für mehr als 40 Jahre.

Mit dieser Zeit beim Unternehmen gehören die Frauen zu den treueren Beschäftigten in Deutschland. Aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft geht hervor, dass Arbeitnehmer im Schnitt elf Jahre lang bei einer Firma bleiben. Laut Statistischem Bundesamt waren 2021 rund 44,2 Prozent der Beschäftigten länger als zehn Jahre bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber beschäftigt. Gut ein Drittel der befragten Über-25-jährigen gab an, seit weniger als fünf Jahren beim aktuellen Betrieb zu arbeiten.

x