Speyer Haushaltsdebatte mit Nebeleffekt

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Verabschiedet ist der Kreishaushalt des Rhein-Pfalz-Kreises für 2016 – gegen die Stimmen von FDP und AfD. Die Freien Wähler haben sich enthalten. Während die Große Koalition aus CDU und SPD mit dem Zahlenwerk weitestgehend zufrieden ist, wirft Jürgen Creutzmann von den Liberalen den Verantwortlichen Vernebelungs-Taktik vor. Stefan Scheil (AfD) hält die Verwaltung für ein schwebendes Raumschiff.

Tatsächlich hebt die Haushaltsdebatte ein wenig ab, als Stefan Scheil als fünfter von sechs Fraktionssprechern das Wort ergreift. Abgesehen von seinem Raumschiff-Vergleich (die Kreisverwaltung fern vom Stern?) hält er die Flüchtlingskrise für ein gigantisches, steuerfinanziertes Konjunkturprogramm. „Bezahlt wird es vom Steuerzahler, den niemand gefragt hat, ob er auch der Meinung ist, dass bei ihm genügend Platz wäre.“ Abgehoben? Für viele Kreistagsmitglieder schon. Einige erheben sich zumindest von den Plätzen. Es wird unruhig im Raum. Landrat Clemens Körner (CDU) ermahnt Scheil, auf den Punkt zu kommen – der schließlich lautet: „Wir lehnen den Haushalt ab.“ Nicht ganz so im luftleeren Raum bewegt sich sein Vorredner Jürgen Creutzmann, verweilt er doch immerhin in noch sauerstoffhaltigen Sphären – etwas unterhalb der goldenen Sternlein. „Und aus den Wiesen steiget – der weiße Nebel wunderbar“, zitiert er Matthias Claudius. Einer seiner Vorwürfe: Nebel im Ergebnishaushalt, der schönt, „weil er Erhaltungsaufwendungen als Investitionen ausgibt“. Eines seiner Beispiele: Die Dachsanierung im Schulzentrum Limburgerhof. Laut Creutzmann ergibt sich bei korrekter Positionierung solcher Kosten im Haushalt mindestens ein Defizit von 1,2 Millionen Euro. „Diesen weißen Nebel-Haushalt lehnen wir ab.“ Für „gelben Nebel“ hält der Landrat solche Behauptungen, es habe keine Kritik von Seiten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) oder des Innenministeriums gegeben. Mit „alle Jahre wieder“, beginnt Jürgen Jacob (FWG) seine Rede. Und wer fürchtet, dass erneut ein Gedicht beziehungsweise Lied rezitiert wird, ist schnell beruhigt. „Alle Jahre wieder, bittet uns die Verwaltungsführung ... den Haushaltsetat für das kommende Wirtschaftsjahr zu debattieren und dem möglichst auch zuzustimmen.“ Diesem Wunsch könne die FWG allerdings nicht nachkommen. Einmal gebe es in der Fraktion dazu keinen gemeinsamen Standpunkt. Zum anderen stelle sich die Frage, ob sich der Kreis noch alle freiwilligen Leistungen „leisten“ könne. Der FWG-Vorschlag: Die Kreisumlage bei 42 Prozent belassen und den daraus resultierenden Fehlbetrag durch Reduzierung freiwilliger Leistungen finanzieren. Der Antrag findet später keine Mehrheit. Klar, auch die Flüchtlingssituation ist ein Thema der Haushaltsreden – allerdings bleiben Grüne, SPD und CDU dabei auf Kreisboden. Einig sind sich alle drei Fraktionen: Die weitgehend dezentrale Unterbringung ist für die Eingliederung der Asylbewerber ein entscheidender Vorteil. Heinz-Peter Schneider (Grüne) lobt die Verwaltung, weil sie flexibel reagiert. Reinhard Roos (SPD), der anstelle von Hans-Dieter Schneider ans Mikrofon tritt, bedankt sich bei allen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern. Peter Christ (CDU) betont, dass trotz der Ausgaben für die Flüchtlingsarbeit keine anderen Leistungen gekürzt worden seien. Trotz aller Einigkeit der drei „Großen“ im Kreistag – jede Fraktion verfolgt auch eigene Ansätze: Die CDU möchte mit einer papierlosen Ratsarbeit Umwelt und Kreiskasse schonen. Die SPD findet es gut, dass der Kreiswohnungsverband 2016 bezahlbaren Wohnraum schafft – von dem nicht nur Flüchtlinge profitierten. Die Grünen wollen weiter an Klimaschutz und Energiewende arbeiten – sich dabei beispielsweise um die Verwertung landwirtschaftlicher Reststoffe kümmern. Und ihnen ist außerdem wichtig, zu prüfen, was aus der Realschule plus in Bobenheim-Roxheim wird – bevor Geld für eine Sanierung ausgegeben wird.

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