Speyer „Erwartet einen Wald voller Bösewichte“

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Otterstadt. Stefan Lang aus Otterstadt startet morgen beim Pfälzer Weinsteig 100 Meilen Ultratrail, der von Schweigen bis Obersülzen über 5600 Höhenmeter führt. Im Interview mit Thorsten Eisenhofer spricht der 51-Jährige über Singen im Wald, Begegnungen mit Wildschweinen und den Lauf des Lebens.

Sie laufen am Samstagmorgen los und werden erst irgendwann am Sonntag das Ziel erreichen, sind also auch nachts unterwegs. Wie ist das, im Dunklen zu laufen?

Man muss das im Training mal gemacht haben und braucht eine gute Ausrüstung. Es ist eine Sache der Gewohnheit. Aber mal ehrlich, ist es nicht trotzdem komisch, nachts alleine durch den Wald zu laufen? Wenn man es das erste Mal ausprobiert, erwartet man hinter jedem Baum einen Bösewicht, der hervorspringt und einem etwas antun will. Aber irgendwann wird man dann ruhiger, man weiß ja, dass zu dieser Uhrzeit eigentlich alle anderen Menschen im Bett liegen. Man trifft daher höchstens mal auf Tiere. Und das ist dann völlig ungefährlich? Bei Rehen ja. Bei Wildschweinen ist das ein bisschen anders. Da muss man sich dann schon bemerkbar machen, dass man nicht überrollt wird. Wie machen Sie sich bemerkbar? Zum Beispiel durch das Singen von Liedern. Und was singen Sie dann? Irgendetwas Blödes halt, was mir gerade so einfällt. Und wie klappt das nachts mit der Orientierung? Wenn ich auf Strecken laufe, die ich kenne, ist das kein Problem. Wenn ich unbekannte Strecken laufe, kann es schon mal vorkommen, dass ich dann am Ende der Nacht zehn Kilometer mehr gelaufen bin als ich eigentlich rennen wollte. Manchmal führt einen das GPS-Gerät ziemlich in die Irre. Da muss man sich dann eben an die Schilder halten. Und mit was beschäftigt man sich tagsüber? Sie sind im Rennen ja ziemlich lange unterwegs ... Ich versuche, die Landschaft zu genießen. Man denkt an das nächste Highlight auf der Strecke, freut sich auf den nächsten Verpflegungsstand. Manchmal warten dort ja auch die Ehefrau oder Freunde. Das ist dann etwas Besonderes. Lenkt das von den Schmerzen ab, die irgendwann kommen? Ja, aber die werden eh ab einem bestimmten Punkt nicht mehr schlimmer. Aber die sind ja trotzdem da. Man versucht, sie zu ignorieren, zu verdrängen. Man kann nicht bei jedem Schritt nur an die Schmerzen denken. Die Schmerzen sind ja eher eine mentale Geschichte. Also muss man an etwas Schönes denken. Und man muss sich vor allem mental darauf vorbereiten, sich überlegen, wo könnte ich Schmerzen bekommen und wie reagiere ich darauf. Hilft einem dieses überwinden auch in Bezug auf das normale Leben? Ja, so ein Lauf spiegelt doch in gewisser Weise das Leben wieder. Es gibt Hochs und Tiefs, wenn es mal nicht so gut läuft, muss man sich eben durchbeißen. Und im normalen Leben hat man doch oft Phasen, in denen man denkt, es geht einem zu gut, und plötzlich zieht einen irgendetwas runter. Das kann bei einem Lauf auch ganz, ganz schnell so gehen.

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