Speyer Eine Stätte der Schulung und Erbauung

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Die ganze Problematik über den Sinn eines Wiederaufbaus mittelalterlicher Baudenkmäler kam auf Burg Trifels in einer Veranstaltung des von 150 Jahren gegründeten Trifels-Vereins zur Sprache. Der frühere Präsident der bayerischen Burgen- und Schlösserverwaltung, Johannes Erichsen, referierte über den Architekten Rudolf Esterer, nach dessen Vorstellungen der moderne Trifelsausbau ablief.

Esterer lebte von 1879 bis 1965, hatte ab 1924 die Leitung der Bauabteilung bei der Bayerischen Verwaltung Staatlicher Schlösser, Gärten und Seen inne und lehrte zeitweise an der TU München. Von ihm zeichnete Erichsen ein etwas polemisches Bild des nach Profilierung strebenden Menschen, der es verstand, sich nie ins Rampenlicht zu stellen, dafür im Hintergrund agierte, von wo es ihm gelang, mit seinen Ideen zur Denkmalpflege die Gunst des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert und dessen NS-Seilschaften zu gewinnen. Esterer war überzeugt Anhänger der „schöpferischen Denkmalpflege“. Sein Programm formulierte er als „Gedanken zum Trifelsausbau“ so: „Nicht um ein nur denkmalpflegerisches oder kunstwissenschaftliches Problem handelt es sich, sondern um eine neue aus dem Geist der heutigen Zeit erwachsene und dem Leben der Gegenwart dienende Aufgabe“. Denkmalpflegerische Forderungen träten gegenüber den kulturellen Absichten weit zurück. Schon als Student habe sich Esterer mit den Gedanken des damaligen Heimatschutzes angefreundet, sagte Erichsen. Er war in den Verein der Heimatpflege eingetreten, der in wilhelminischer Zeit eine aufs Dekorative ausgerichtete „Heimatkunst“ propagierte. In Fachkreisen bekannt geworden sei Esterer aber erst 1929 durch seinen Vortrag über „Heimatschutz und neue Baugesinnung“. Er hatte eine „neue künstlerische Kultur“ entwickelt mit „anständiger, ehrlicher Baugesinnung“. „Ehrwürdige Baudenkmäler“ sollten „aus dem Verfall gezogen“, jedoch nicht wiederhergestellt, sondern in einen „gegenwartsnahen Bezug“ versetzt werden, somit als „Stätten der Schulung und Erbauung“ dienen. Bei den Nationalsozialisten fanden seine Ansichten offene Ohren. Nicht die Geschichte des Baudenkmals zähle, sondern die Qualität, lautete Esterers Grundsatz. Das Denkmal wurde zum Symbol einer Idee. Als Baureferent der bayerischen Schlösserverwaltung wurde Esterer zur Schlüsselfigur nationalsozialistischen Bauens in Bayern, führte Erichsen aus. 1938 sollte der Trifels als nationales Heiligtum „aus dem jahrhundertelangen Schlaf zu neuem Leben erweckt und zu erhabenen Zwecke wiedererstehen“, hatte Esterer angekündigt. Es sollte ein Denkmal geschaffen werden, „das nicht nur der Gegenwart, sondern auch noch der fernsten Zukunft Kunde geben soll von der Macht und Größe des Dritten Reiches“. So sollte aus dem Raum über der Kapelle ein „neuer symbolischer Weiheraum“ werden. Mit dem zwei Stockwerke umfassenden Hauptbau, einer monumentalen Treppenhalle für Massenveranstaltungen, wich Esterer bewusst vom überlieferten Bauzustand ab. Weshalb Esterer auch nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes seinen Einfluss nicht verlor, erklärte Erichsen so: Da Esterer nicht der NSDAP angehörte, war er rehabilitiert, wurde gar zum Präsidenten der bayerischen Schlösserverwaltung ernannt und konnte sein Vorhaben fortsetzen. Die im Krieg stecken gebliebenen Arbeiten am Trifels wurden weitergeführt. Esterer erhielt 1957 erneut die Bauleitung und sah in der Burg seine persönliche Schöpfung. „Man hatte nicht verstanden, was eigentlich der Endzweck seiner Gesinnung war“, folgerte Erichsen. Mit der Aufstockung des Kapellenturms 1964 bis 1966 im Widerspruch zum baulichen Befund gipfelten Esterers willkürliche Ausbaumaßnahmen. „Es war gut so, dass dann das Geld ausgegangen war“, kommentierte die Vorsitzende des Trifelsvereins, Marlies Meyring. „Aber wenigstens haben wir einen schönen Saal für unsere Konzerte bekommen.“ |ppo

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